Schermbeck. Im Schermbecker Dämmerwald haben drei angehende Forstwirte den idealen Arbeitsplatz gefunden. Was den Beruf für sie so besonders macht.

Die Dämmerwald-Rotte in Schermbeck hat Zuwachs bekommen. Und nein, die Rede ist dabei nicht von einer Herde Wildschweine. „Rotte“ ist ein gängiger Begriff für eine Gruppe von Forstwirten oder auch Forstwirtauszubildenden. Im Dämmerwald ist der 18-jährige Forstwirt-Azubi David Mayer schon seit einem Jahr Teil des Teams. Zu ihm gesellten sich jetzt mit Ausbildungsbeginn zum ersten August Mats Hölscher und Johannes Wehling. Um sieben Uhr in der Früh beginnt der Arbeitsalltag der Forstwirt-Azubis. Gemeinsam starten sie in der Werkstatt und nach einer kurzen Besprechung geht es raus in die rund 1.700 Hektar Staatswaldflächen.

„Es ist nicht ganz einfach, die passenden Auszubildenden für den Job zu finden“, sagt Stefan Springer, Förster im Forstbetriebsbezirk Dämmerwald. „Viele habe nicht die richtige Vorstellung von dem, was ein Forstwirt macht.“ Die drei Azubis im Dämmerwald haben im Vorfeld schon Praktika gemacht und Einblicke in den Alltag gewinnen können. Forstwirtschaftsmeister Georg Knipping sieht vor allem ein Problem im mangelnden Interesse am Forstbereich. „Dabei ist der Beruf wirklich vielseitig und man hat viele Optionen“, meint er. Die allermeisten Auszubildenden kämen erfahrungsgemäß aus dem landwirtschaftlichen Bereich oder dem Gartenlandschaftsbau.

Ausbildung zwischen Hochsitz, Holzernte und Artenkunde

In Ihrer Ausbildung durchlaufen die Lehrlinge einen Ausbildungsrahmenplan. „Der umfasst unter anderem auch betriebliche Kenntnisse wie die Kundenpflege“, erklärt Knipping. Das bedeutet den Umgang mit Käufern von Holz, Weihnachtsbäumen und Brennhölzern, Forstunternehmen, Forstbaumschulen und auch Jagdgästen. „Als Forstwirt baut man die jagdlichen Einrichtungen wie Hochsitze, platziert sie an den richtigen Stellen, pflegt Pirschpfade und Schussschneisen und birgt und versorgt gegebenenfalls Wild“, zählt Stefan Springer nur einige der Aufgaben auf. Zu den weiteren Schwerpunkten gehört die Artenkunde. „Baum ist ja nicht gleich Baum“, meint Stefan Springer. „Verschiedene Baumarten erkennen zu lernen, ist in der Ausbildung ebenso ein Schwerpunkt wie das Wissen um verschiedene Böden, der Umgang mit Gerätschaften und dem Auseinandersetzen mit möglichen Gefahren für den Wald.“

Für die Azubi-Frischlinge Mats Hölscher und Johannes Wehling ist das alles noch neu. Hölscher war es wichtig, einen handwerklichen Beruf zu erlernen. „Ich wollte erst wie meine Eltern in den Landschaftsbau gehen, aber der Forstwirt hat mich auch interessiert und die Praktika, die ich gemacht haben, mich dann überzeugt“, sagt er. Ähnlich ging es auch Johannes Wehling, der beruflich Handwerk und Natur verbinden wollte. Er hat sich erst am Landschaftsbau versucht, was ihm dann doch keine Freude bereitete. Die Arbeit im Wald gefalle ihm jedoch sehr.

Serie „Lust auf Lehre“

Der Fachkräfte-Mangel in Deutschland ist kein neues Phänomen und macht auch vor Ausbildungsbetrieben nicht Halt. Immer mehr Unternehmen haben zunehmend Schwierigkeiten, geeignete Auszubildende zu finden. Wie der Jahresbericht des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zeigt, blieben im Jahr 2023 73.400 Ausbildungsstellen unbesetzt – ein neuer Höchststand. 2,9 Millionen Menschen unter 34 Jahren haben in Deutschland keinen Berufsabschluss.

Dabei sind die Möglichkeiten abseits von Abitur und Studium nach wie vor mannigfaltig – auch in Wesel.
In dieser Serie stellen wir Ausbildungsberufe und vor allem junge Menschen, die sie absolvieren, vor.

Der schönste Arbeitsplatz

David Mayer kommt nicht aus einer Familie mit Bezug zur Landwirtschaft. Als Kind hatte er nie wirklich eine Vorstellung davon, was er später mal werden wolle. Dass er Lust auf einen Beruf zum Anpacken hatte, wurde ihm in der elften Klasse klar. „Ich hatte immer den Drang, körperlich zu arbeiten“, sagt der Azubi im zweiten Lehrjahr. „Für mich ist der Wald ist der schönste Arbeitsplatz, den es gibt.“ Er absolvierte damals ein zweiwöchiges Schülerpraktikum im Dinslakener Revier und weil ihm das so gut gefiel, hat er sich auf einen Ausbildungsplatz beworben. Ein wenig Inspiration seitens der Familie gab es dennoch. „Mein Vater hat ein kleines Stück Busch in Ostwestfalen geerbt. Deshalb bin ich mit zu einer Waldbauernversammlung gefahren und das hat mein Interesse geweckt“, erinnert er sich.

Seine Eltern waren im ersten Moment überrascht, als er nach der elften Klasse das Gymnasium verlassen wollte. „Sie hätten natürlich schon gerne gehabt, dass ich mein Abitur beende, um studieren gehen zu können“, erzählt er. „Aber sie fanden gut, dass ich ein Ziel hatte und inzwischen finden sie meinen Beruf auch sehr spannend und stehen voll hinter mir.“ Auch in seinem Freundeskreis waren die Reaktionen ähnlich. Seine Freunde hätten es seltsam gefunden und mit dem Beruf erstmal nicht viel anfangen können. Mit dem klassischen Bild von Dackel und Flinte, das viele mit einem Förster verbinden, hat die Tätigkeit als Forstwirt nämlich wenig zu tun.

Abwechslung und Action im Arbeitsalltag

„Der Beruf ist super abwechslungsreich und ich sehe fast jeden Tag etwas Neues“, beschreibt David Mayer seine tägliche Arbeit. „Vom Bäume pflanzen über die Pflege der Kulturen bis hin zum Freischneiden.“ Gerne mache er alles, was im Wald an Arbeiten anfällt. Was ihm aber am meisten gefällt, ist die Holzernte, wenn über Wochen hinweg große Bäume gefällt und für den Verkauf vorbereitet werden. „Die Action bei der Ernte ist das beste“, sagt er. Der Job ist aber auch nicht nur spaßig. Die Arbeit im Freien bei der Hitze im Sommer und unter Belagerung von Schwärmen von Mücken, die in diesem Jahr stark vertreten sind und die vielen Zecken gehören dabei eher zu den Schattenseiten. „Das sind dann die Sachen, die lästig und anstrengender sind“, erklärt der Azubi. Durch den vielen Regen ist in diesem Jahr zum Beispiel auch die Notwendigkeit von Rückschnitten, ähnlich wie in privaten Gärten auch, im „sehr großen Garten“ der Forstwirte enorm.

Den schulischen Teil seiner Ausbildung absolviert er in Arnsberg, außerdem nimmt er an überbetrieblichen Lehrgängen am forstlichen Bildungszentrum des Landesbetriebes teil. In den berufsbezogenen Fächern des Schulunterrichts geht es unter anderem um die Natur- und Landschaftspflege, Holzernte und Waldbewirtschaftung. Letzteres findet David Mayer im Unterricht am spannendsten. „Vor allem zu lernen, wie man neue Wälder erschafft und die verschiedenen Holzerntemaßnahmen kennenzulernen“, sagt er.

Nach der Ausbildung hat David Mayer die Möglichkeit, beim Landesforstbetrieb einen Zweijahres-Zeitvertrag in Anspruch zu nehmen. Danach könnte er mit seinem Fachabi an der Fachhochschule studieren gehen. „Bis jetzt gefällt mir die Ausbildung so gut, dass ich nach den drei Jahren auf jeden Fall als Forstwirt weiterarbeiten möchte“, so sein Plan. Über andere Weiterbildungen habe er sich bisher noch keine Gedanken gemacht. Den Ausbildungsberuf Forstwirt kann er anderen jungen Menschen, auch wenn er körperlich und psychisch anstrengend sein kann, ans Herz legen. „Mich zu bewerben war die beste Entscheidung, die ich bisher getroffen habe“, meint er. „Ich würde es jedem empfehlen, der Spaß in der Natur hat.“