Wesel. Sozialausschuss befasst sich mit Kritik von Bewohnern der Notunterkunft, die tagsüber keinen Aufenthaltsort haben. Nun gibt es einen Vorschlag.

„Wir fühlen uns minderwertig“, so fasste Renate Hoppe, die in der Notunterkunft am Herzogenring lebt, die Kritik der Bewohner zusammen, von denen mehr als ein Dutzend am Donnerstag zur Sitzung des Sozialausschusses erschienen war. Dort standen auf Antrag der CDU und der Linken die Proteste der Wohnungslosen gegen die Bedingungen in der Notschlafstelle auf der Tagesordnung. Am Ende einigte sich der Ausschuss einstimmig auf einen Lösungsversuch.

Als Vertreterin der Bewohner schilderte Renate Hoppe die Kritik an der Einrichtung, in der derzeit rund 50 Menschen wohnen – dazu zählen auch Familien, die in der nahegelegenen Fluthgrafstraße untergebracht sind. Mehrfach haben die Bewohner auf Mängel am Herzogenring hingewiesen wie kaputte Lampen, fehlendes warmes Wasser oder defekte Toiletten.

Wohnungslose in Wesel kritisieren Bedingungen in Notschlafstelle

Der Hauptkritikpunkt ist jedoch die Tatsache, dass die Menschen derzeit zwischen 8 und 14 Uhr, ab Juni zwischen 8 und 16 Uhr das Haus verlassen müssen. Aus Protest hatten die Bewohner sich im April zweimal geweigert, die Schlafstelle morgens zu verlassen. Die Stadt hatte damals die Polizei gerufen, die das Gebäude räumte. Renate Hoppe verwies in der Sozialausschusssitzung darauf, dass Asylbewerber auch tagsüber in ihrer Unterkunft bleiben dürfen. „Wir sind ja schließlich auch nicht freiwillig obdachlos.“ Sie arbeitet als Reinigungskraft und müsse teilweise ihre Materialien nach der Arbeit mit sich herumtragen, weil sie nicht ins Zimmer komme.

Tagsüber müssten die Bewohnerinnen und Bewohner sich irgendwo in der Stadt Schutz vor Regen suchen und kostenlose Toiletten. Im Sommer sei es oft schwer, sich vor der Hitze zu schützen. Für Menschen mit Sucht- oder anderen Erkrankungen sei das besonders schwierig. Die Caritas-Teestube für Wohnungslose an der Fluthgrafstraße hat nur dreimal die Woche von 9 bis 12 Uhr geöffnet. Hoppe bat darum, die Schließzeiten am Herzogenring zu verkürzen oder den Menschen tagsüber einen Aufenthaltsraum zur Verfügung stellen.

Wohnungssuche in Wesel ist sehr schwierig

Jürgen Linz (CDU) und Barbara Wagner (Linke) schlossen sich den Anliegen der Wohnungslosen an. Es sei schließlich derzeit sehr schwer, eine neue Wohnung zu finden, argumentierte Wagner, sodass die Menschen länger in der Notschlafstelle bleiben müssen. Sozialdezernent Rainer Benien bestätigte, dass sich die durchschnittliche Verweildauer verlängert habe und will der Politik konkrete Zahlen dazu nachliefern. Jürgen Linz wies darauf hin, dass sich die Witterung verändert habe, „niemand läuft gerne bei Frost, Hitze oder Regen den ganzen Tag durch Wesel.“

Der Ausschuss einigte sich schließlich auf ein Vorgehen, um den Wohnungslosen zu helfen. Geplant ist mittelfristig ohnehin, dass der Caritasverband die Notschlafstelle sowie die Betreuung der Bewohner übernimmt und die Angebote für wohnungslose Menschen ausbaut. Das kann allerdings noch einige Zeit dauern. Der Sozialausschuss sprach sich dafür aus, dass die Stadtverwaltung mit der Caritas Gespräche führen soll. Ziel ist es, die Öffnungszeiten der Teestube zu verlängern, sodass die Bewohner der Notschlafstelle sich dort häufiger aufhalten können. Diesen Vorschlag hatte Rainer Benien ins Spiel gebracht. Er widersprach jedoch der Kritik der Wohnungslosen an einigen Stellen: So stünden die Türen der zuständigen Ansprechpartner bei der Stadt – anders als dargestellt – immer offen, auch seien schon einige Reparaturarbeiten am Herzogenring durchgeführt worden.