Wesel/Hünxe/Schermbeck. Wesel ist für eine riesige Stromtrasse besonders wichtig. Derzeit laufen die Planungen, in Schermbeck gibt es massive Kritik an den Plänen.

Es ist ein Mammutprojekt, das der Energienetzbetreiber Amprion plant: Vier Netzanbindungen sollen Strom von Offshore-Windparks in der Nordsee bis nach Nordrhein-Westfalen befördern. Die gebündelten Leitungen tragen den Namen „Windader West“ und eine der Trasse läuft auch durch den Niederrhein.

Nun liegen die Unterlagen der Raumverträglichkeitsprüfung für das Projekt aus. Und damit legt sich Amprion auf einen favorisierten Korridor für die Trassenführung fest. Betroffen vom Bau der Trasse sind Flächen auf dem Stadtgebiet von Wesel sowie Bereiche in Hünxe und Schermbeck. Die etwa 30 Meter bereite Stromleitung, die komplett als Erdkabel verlegt werden soll, führt nach den aktuellen Planungen künftig nördlich an Altschermbeck und Bricht vorbei, anschließend über Drevenack in Richtung Wesel, hier verläuft sie südlich des Gewerbegebietes Am Schornacker zum Umspannwerk in Obrighoven. Eine in dem Verfahren geprüfte Alternativtrasse sieht vor, dass die Leitung von der östlichen Stadtgrenze aus zwischen Lippe und Aaper Busch dorthin geführt wird.

Windader West soll bei Voerde den Rhein queren

Am Umspannwerk soll dann der sogenannte Netzverknüpfungspunkt Niederrhein entstehen, dessen Inbetriebnahme für das Jahr 2032 geplant ist. Von diesem Punkt führt die Trasse ein Stück zurück und wieder auf Hünxer Gebiet und anschließend entlang der A3 weiter nach Voerde. Zwischen Spellen und Mehrum soll die Trasse schließlich den Rhein in Richtung Rheinberg queren.

Warum Amprion diese Führung der Stromtrasse gegenüber der Alternative, einer Rheinquerung bei Rees, bevorzugt, legt das Unternehmen in den Unterlagen dar. Der entscheidende Grund, warum sich eine Rheinquerung bei Rees schwierig gestaltet, liegt an zwei Besonderheiten im Reeser Stadtgebiet. Zum einen müssten die hier vorhandenen Kiesabbaugebiete in großer Bodentiefe unterquert werden. Zum anderen stünden für die Querung des Rheins höhere technische Anforderungen an als bei der Alternative bei Wallach.

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Dazu kommt die reine Kostenfrage: Um das Korridornetz für eine Rheinquerung bei Rees auszubauen, würden im Vergleich zur Rheinquerung von Voerde nach Rheinberg etwa 30 Prozent höhere Kosten anfallen. Nicht nur wegen der oben erwähnten Hindernisse, sondern auch, weil hier eine rund 55 Kilometer längere Trasse vonnöten wäre. Dadurch würde auch die in Anspruch genommene Fläche größer ausfallen als bei der Rheinquerung in Voerde.

„Zudem verläuft der Korridor vor allem nördlich und südlich der Rheinquerung in einem bereits stärker vorbelasteten Raum als im Bereich Rees, sodass die Neu-Inanspruchnahme von bisher weniger belastetem Raum vermindert wird“, heißt es weiter in den Unterlagen. Neben der Stromtrasse „Windader West“ läuft etwa auch die Gas-Pipeline „Zeelink“ durch einen ähnlichen Korridor. Dazu kommt wenige Kilometer von der geplanten Rheinquerung der Windader West entfernt ein weiteres Amprion-Projekt: Hier soll eine Höchstspannungsleitung bald als Erdkabel den Rhein zwischen den Voerder Ortsteilen Götterswickerhamm und Mehrum queren.

Einwendungen und weiteres Verfahren

Die Unterlagen für die sogenannte Raumverträglichkeitsprüfung für die Windader West stehen noch bis zum 11. Juli online auf den Seiten der Bezirksregierung Düsseldorf im Beteiligungsportal NRW (beteiligung.nrw.de/portal/brd/startseite) zur Verfügung.

Bis zu diesem Stichtag können dann auch die Einwendungen und Stellungnahmen zu der bisherigen Planung eingereicht werden. Diese sollten elektronisch an die E-Mail-Adresse Dez32.Regionalplanung@brd.nrw.de übermittelt werden. Mit den Beteiligten ist dann ein Erörterungstermin für den 13. September vorgesehen. Im November soll dann die maßgebliche Trassenführung für das Projekt festgelegt werden.

Die Breite des Arbeitsstreifens bei der Verlegung der neuen Stromtrasse soll etwa 70 Meter betragen. Am Ende wird ein etwa 40 Meter breiter Schutzstreifen dort bestehen, wo die Leitung verläuft.

Für Wesel, Drevenack und Schermbeck ist die Frage der Rheinquerung ohnehin nicht entscheidend: Denn bis zum Verknüpfungspunkt in Obrighoven muss die Trasse ohnehin geführt werden – sollte die Entscheidung doch für die Alternative über Rees fallen, würden die Stromkabel von Wesel wieder zurück bis zu einem weiteren Verteiler im Kreis Borken geführt werden und von dort dann in einem weiten Bogen um Hamminkeln herum in den Kreis Kleve. Das Hamminkelner Stadtgebiet wäre aber auch von dieser Variante nicht betroffen.

Bis am Ende Strom von der Nordsee über die Trasse an den Niederrhein fließt, wird wohl noch ein wenig Zeit ins Land gehen. Die Fertigstellung ist von Amprion für das Jahr 2032 geplant. Erstmal können die Öffentlichkeit und die öffentlichen Stellen jetzt noch bis zum 11. Juli Stellungnahmen zur bisherigen Planung bei der Bezirksregierung einreichen.

Schermbeck hat massive Bedenken am Trassenverlauf

Die Kommunen haben sich im derzeit laufenden Beteiligungsverfahren zum Teil bereits positioniert. Wie es in einer Vorlage für die nächste Ratssitzung heißt, will die Stadt Wesel keine Stellungnahme abgegeben. „Aus dem Trassenverlauf mit seinem alternativen Trassenteilstück würden sich nach Auffassung der Verwaltung für die Entwicklung der Stadt Wesel keine Beschränkungen ergeben“, heißt es unter anderem als Begründung.

Anders sieht es in Schermbeck aus. Die Gemeindeverwaltung hat in einer Stellungnahme zahlreiche Bedenken aufgeführt und lehnt den Neubau auf ihrem Gebiet „nachdrücklich“ ab. Als Gegenargumente führt sie unter anderem die Nähe zum Ortszentrum, die eine „unzumutbare Einschränkung der städtebaulichen Entwicklung“ darstelle. Zudem sei Schermbeck unter anderem durch die anderen Trassenprojekte schon jetzt stark belastet, eine mögliche Fläche für Windräder werde durchquert, genauso wie ein Wasserschutzgebiet und landwirtschaftliche Flächen.