Wesel. Nach Klärwerks-Störfall: Jamaika-Bündnis will SPD-Chef aus dem Stadtwerke-Aufsichtsrat werfen. Die Stadt Wesel sieht Vorwürfe nicht bestätigt.
Wegen seiner Aussagen in einer Ratssitzung zu den finanziellen Folgen des Störfalls in der Weseler Kläranlage im Februar hat die Jamaika-Fraktion für die Ratssitzung am kommenden Dienstag die Abwahl von Ludger Hovest (SPD) als stellvertretender Vorsitzender des Stadtwerke-Aufsichtsrates beantragt. Was theoretisch möglich wäre: Mit 27 Sitzen haben die drei Fraktionen die Mehrheit im Stadtrat. Gleichwohl ist es fraglich, ob es wirklich dazu kommt.
Denn die Stadtverwaltung stellt in ihrer Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen den SPD-Fraktionschef fest: Nach den bisher von den Antragstellern vorgebrachten Argumenten „dürfte eine Ermessensentscheidung zur Abberufung des Herrn Hovest fehlerhaft und damit rechtswidrig sein“.
Die Juristin der Stadt sieht nach der Bewertung nicht, dass Ludger Hovest gegen die Verschwiegenheitspflicht oder die Interessen der Stadt als Gesellschafterin verstoßen hat oder durch seine öffentlichen Aussagen und eine Vorverurteilung die Verhandlungen der Stadtwerke mit der Versicherung erschwert hat.
Kein Verstoß gegen Verschwiegenheitspflicht
Das Jamaika-Bündnis wirft Hovest zum Beispiel seine Aussage im Stadtrat am 9. März vor: An ihn sei herangetragen worden, dass der Gebührenzahler den Schaden durch eine Erhöhung der Gebühren in Höhe von 15 Cent in den nächsten drei Jahren tragen müsse. Die Bürger sollten „über den Tisch gezogen werden“. Außerdem kritisierte er, dass die Bürgermeisterin erst zehn Tage nach dem Störfall durch den Stadtwerke-Geschäftsführer informiert worden sei. Dadurch sei den Stadtwerken ein Imageschaden entstanden, so Hovest.
Das Jamaika-Bündnis argumentiert, Hovest habe so Kenntnisse öffentlich gemacht, die er in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied erhalten hat – was verboten ist. Ludger Hovest bezog sich auf eine Konferenz am 25. Februar, an der Stadtwerke-Mitarbeiter, Kämmerer, Bürgermeisterin, die Fraktionsvorsitzenden von CDU, SPD, Grünen, FDP sowie der Aufsichtsrats-Vorsitzende teilnahmen. Die Stadtverwaltung kommt aufgrund des Teilnehmerkreises aber zu dem Schluss, dass dies keine Aufsichtsratsitzung und auch keine Vorbesprechung dafür war.
Vorwürfe nach dem Störfall in der Kläranlage
Vielmehr sollten Stadt als Eigentümerin der Kläranlage und Fraktionsvorsitzende informiert werden. „Die Stadt Wesel ist Adressatin des Abwasserabgabenbescheides, dessen krasse Erhöhung Folge des Störfalles ist“, heißt es in der Bewertung.
Auch den Vorwurf, Hovest gefährde durch seine vermeintlichen Vertraulichkeitsverstöße die Verhandlung der Stadtwerke mit der Versicherung, die den Schaden ausgleichen soll, sieht die städtische Juristin nicht bestätigt. „Wenn Herr Hovest erklärt, die Versicherung müsse zahlen, bestärkt er insoweit die Position der SWW (Stadtwerke Wesel, die Red.).“
Auch habe Hovest wegen des Klärwerks-Störfalls weder die Stadtwerke noch ihren Geschäftsführer „als schuldig oder schlecht bewertet“. Abschließend heißt es: Ratsmitglieder dürften „das ureigenste Geschäft des Rates betreiben, nämlich die öffentliche Debatte über Grund und Höhe der Abgaben, die die Bürger zu entrichten haben“. Damit dürfte es für das Jamaika-Bündnis schwieriger werden, die Abwahl von Hovest sachlich begründet durchzusetzen – trotz Mehrheit.