Wesel. Im Ausschuss wurde über die Grünen-Vorschläge zur Energieversorgung debattiert. Fachleute sehen die Ideen kritisch, die politische Mehrheit auch.
Der Kombibad-Bau löste im Stadtentwicklungsausschuss noch einmal eine intensive Debatte aus. Am Ende wurden die Weichen für den Baubeginn Anfang 2022 endgültig gestellt: Mehrheitlich sprach sich das Gremium dafür aus, die Energieversorgung in der bisher geplanten Form mit Blockheizkraftwerk, Gaskessel, Photovoltaikanlage und Solarabsorber umzusetzen. Die Grünen hatten wochenlang darum gekämpft, das Konzept nochmals auf den Prüfstand zu stellen und setzten sich zuletzt für die Gewinnung von Wärme aus Rhein- oder Kläranlagenwasser ein. Nach erneuten Stellungnahmen von Fachleuten blieb die Ratsmehrheit jedoch beim ursprünglichen Plan.
Vorher hatte unter anderem Ulf Dittberner von der beauftragten Planungsgruppe VA umfassend dargelegt, warum er die von den Grünen präferierte Version nicht empfiehlt und sich gar außer Stande sieht, sie umzusetzen. Kurz gesagt, handelt es sich dabei um Techniken, die für ein Bad dieser Größe bisher nicht genutzt werden. Ein Bad habe einen großen Energiebedarf, die derzeitige Lösung sei die wirtschaftlichste und auch aus Klimaschutz-Sicht sieht er die Stadt damit gut aufgestellt. Das neue Kombibad sei sogar sparsamer als das Passivhaus Bad in Bamberg.
Fachbüro rät von Grünen-Vorschlag fürs Kombibad ab
Die Nutzung von Rheinwasser für die Wärmegewinnung bewertet Dittberner kritisch: 640.000 Liter Wasser pro Stunde würden benötigt. Dafür müsste man auf über 1400 Quadratmetern Wärmetauscher in den Strom bauen, was aus technischen sowie Naturschutzgründen schwierig sei. Es gebe bisher keine vergleichbare Anlage. Ein Pilotprojekt genehmigt zu bekommen, könnte Jahre dauern, der Erfolg sei fraglich. Bei einer Nutzung der Wärme aus dem Kläranlagen-Abwasser sieht der Planer ebenfalls viele Fragen offen: Neben der Genehmigung sei das die Frage, wie viel Wärme zur Verfügung stehen würde und wie hoch der Preis wäre. Allein die 1,4 Kilometer Rohre würden mit rund 1,1 Millionen Euro zu Buche schlagen, so Dittberner. Sein Fazit: „Spannend, aber in der Kürze der Zeit nicht zu beantworten.“
Ein weiteres Gegenargument lieferte Steuerberater Dirk Abts: Durch den so genannten steuerlichen Querverbund könnte ein Vorteil von rund 600.000 Euro im Jahr erwirtschaftet werden, weil die Bäderverluste mit den Gewinnen der Stadtwerke verrechnet werden können. Voraussetzung dafür ist eine „enge technisch-wirtschaftliche gegenseitige Verflechtung“ zwischen den Bädern und der Stromversorgung, was bei der Installation eines Blockheizkraftwerkes gewährleistet sei – bei den neuen Techniken jedoch nicht.
Keine Zeit für Verzögerungen: Kombibad soll auf jeden Fall 2024 fertig sein
„Frustriert“ sei er angesichts vieler Argumente gegen den Vorschlag der Grünen, räumte Ulrich Gorris ein. Seine Fraktion hatte beantragt, die alternativen Energietechniken zeitgleich zum Baubeginn des Bades zu prüfen, um diese vor der Fertigstellung doch noch einbauen zu können. Doch diesem Weg mochten sich weder CDU noch SPD anschließen, wie deren Fraktionschefs Jürgen Linz und Ludger Hovest erklärten. „Was wir heute beschließen, hat für 15 Jahre Bestand“, stellte Hovest fest.
Linz betonte, für die Zukunft könne man die alternativen Techniken prüfen, er sei aber nicht überzeugt, „dass in zwei, drei Jahren etwas anderes möglich ist.“ „Die Technik ist so ausgelegt, dass sie mit zukünftigen Änderungen kompatibel ist“, versicherte Gottfried Brandenburg von der Stadt, dass zu späterer Zeit noch Korrekturen möglich sind - Vorrang müsse jedoch haben, dass das Bad 2024 steht. Bei fünf Gegenstimmen stimmte die Politik letztendlich gegen das Energiekonzept.
Kombibad-Gebäude bleibt auch bei extremem Hochwasser trocken
Ein weiterer Aspekt ist nach den jüngsten Hochwasserkatastrophen in NRW und Rheinland-Pfalz der Schutz vor Überflutung: Heinrich Brinkhus vom Architekturbüro Geising+Böker berichtete, dass das Gebäude selbst bei einem 500-jährigen Hochwasser von 23,27 Metern nicht überflutet würde, da die Oberkante des Fußbodens 23 Zentimeter höher liegt. Darunter gibt es keine Öffnungen.
Um Eindringen von Wasser durch Wellenschlag zu verhindern, könnten zusätzlich temporäre Maßnahmen wie Sandsäcke helfen. Da am Rhein das Hochwasser nicht in so rasantem Tempo steige wie kürzlich an der Ahr, sei genug Zeit für Vorbereitungen. Jürgen Lantermann (WfW) gab sich damit nicht zufrieden, nannte die Pläne „unverantwortlich“ und betonte, er werde einer „Planung für ein Phantasialand“ nicht zustimmen. Das Bad wird voraussichtlich 40 Millionen Euro kosten, angesichts aktueller Kostensteigerungen möglicherweise sogar mehr.