Kreis Wesel. Mehr als 6000 Corona-Neuinfektionen in einer Woche. Michael Maas von der Gesundheitsbehörde im Kreis Wesel schätzt die aktuelle Lage ein.
Die Corona-Zahlen befinden sich auf einem Höchststand, die hochansteckende Omikron-Variante beschleunigt das Infektionsgeschehen. Mehr als 6000 Neuinfektionen wurden im Kreis Wesel allein vergangene Woche verzeichnet. Wir haben den Kreis schriftlich um eine Einschätzung gebeten - es antwortet Michael Maas, Vorstandsmitglied im Bereich Gesundheit.
Der Kreis Wesel liegt mit seiner Sieben-Tage-Inzidenz aktuell über NRW- und Bundesschnitt. Wie erklären Sie sich das? Wie beurteilen Sie die Inzidenz im Vergleich auch zu größeren Städten?
Die Lage im Kreis Wesel entspricht der allgemeinen Tendenz im Land Nordrhein-Westfalen. Mit dem Durchmarsch der Omikron-Variante musste mit deutlich steigenden Inzidenzwerten gerechnet werden. Experten erwarten den Höhepunkt der laufenden Welle erst für Mitte Februar. Wir legen im Kreis Wesel großen Wert auf die vollständige Erfassung und Weiterleitung der Neuinfektionen, um ein realistisches Lagebild aufrecht zu erhalten und daraus Rückschlüsse für einzuleitende Maßnahmen treffen zu können. Dies ist offensichtlich flächendeckend im Land allerdings nicht mehr möglich. Wie die NRZ bereits berichtete, liegt zum Beispiel der reale Inzidenzwert in Düsseldorf aufgrund technischer Probleme bei der Datenverarbeitung wahrscheinlich drei mal so hoch, wie zurzeit angegeben. Aus diesem Grunde können die Inzidenzwerte der Städte und Kreise auch nicht mehr verglichen werden.
Gibt es beim Infektionsgeschehen Auffälligkeiten in den einzelnen Altersgruppen?
Der Anteil der Über-60-Jährigen an den täglichen Neuinfektionen liegt zur Zeit klar unter zehn Prozent. Der Anteil dieser Gruppe an der Gesamtbevölkerung im Kreis ist vier mal so hoch. Umgekehrt proportional ist das Bild bei den Kindern und Jugendlichen. Während die über 60-Jährigen zu 91 Prozent geimpft und zu nahezu 73 Prozent bereits geboostert sind, liegt dieser Anteil bei den Kindern und Jugendlichen natürlich deutlich niedriger. Die schützende Wirkung der Impfungen ist klar erkennbar, auch wenn natürlich auch die hohe Zahl der Testungen in den Schulen zu diesem Ergebnis beitragen, indem sie unerkannte, weil nicht mit gravierenden Nebenwirkungen verbundene Infektionen bei Kindern und Jugendlichen aufzeigen.
Wo steht der Kreis Wesel mit Blick auf die Immunisierung der Bevölkerung? Wie hat sich das Impfgeschehen in den vergangenen Wochen entwickelt?
Leider nimmt die Impfbereitschaft derzeit erkennbar ab, obwohl ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen. Deshalb ist der Appell an alle noch nicht geimpften oder geboosterten Personen, die Impfangebote der niedergelassen Ärzte, der Betriebsärzte und der öffentlichen Stellen zu nutzen - und der Appell an alle Bürgerinnen und Bürger, auch weiterhin geduldig die bekannten AHA-L-Regelungen einzuhalten, richtig, damit wir gemeinsam möglichst schnell zu mehr Normalität zurückkehren können.
Kreis Wesel: Was tun bei einem positiven Corona-Test?
Die Landesverordnung verändert sich fortlaufend. Viele Menschen seien daher verunsichert, wie sie handeln müssen, wenn sie oder jemand aus ihrem Umfeld positiv getestet werden, informiert der Kreis. Wichtig sei, dass sich positiv getestete Personen sofort in Isolation begeben.Wer ist meine Kontaktperson? Ab wann kann ich mich freitesten? Welchen Nachweis gebe ich meinem Arbeitgeber? Antworten zu diesen Fragen und weitere Infos erhalten Betroffene auf der Kreis-Homepage: https://kreis-wesel.de/de/themen/hinweise-zur-haeuslichen-quarantaene/
Wie ist die Lage in den Krankenhäusern im Kreis?
Positiv stimmt die Tatsache, dass Infektionen mit Omikron sehr viel seltener zu schwerwiegenden Erkrankungen bei älteren und geboosterten Menschen führen. Von zentraler Bedeutung bleibt dennoch die Auslastung der Krankenhäuser. Hier ist derzeit weniger eine Überbelegung der intensivmedizinischen Kapazitäten zu befürchten, als mögliche Personalengpässe durch Quarantänen. Daher sind Notfallpläne, an denen alle Einrichtungen mit Hochdruck arbeiten, schon als präventive Maßnahme, besonders wichtig. Trotz der hohen Inzidenz ist die Zahl der Intensiv- und Beatmungspatienten, die mit dem Coronavirus infiziert sind, in den Krankenhäusern seit Anfang Dezember relativ unverändert. Die Zahl der intensiv- und Beatmungspatienten mit einer Coronainfektion hat im Vergleich zu Anfang Dezember sogar leicht abgenommen. Was die weitere Entwicklung angeht, müssen wir abwarten.
Gibt es neben den Einsatzkräften der Bundeswehr auch aus anderen Bereichen Verstärkung bei der Kontaktnachverfolgung?
Die Kontaktnachverfolgung kann und muss im Kreis Wesel, wie in allen Landesteilen, auf die vulnerablen Personengruppen konzentriert werden.
Dies geht einher mit der Notwendigkeit eingearbeitetes und erfahrenes Personal einsetzen zu müssen. Hier erfolgt eine Verstärkung durch befristet eingestelltes und zuvor geschultes Personal. acf