Kreis Wesel. Hühner, Enten und Gänse, die Freilauf gewohnt sind, bleiben im Kreis Wesel jetzt wegen der Geflügelpest im Stall. Das sorgt für Probleme.
Seit gut vier Wochen gilt im Kreis Wesel die Aufstallungspflicht, heißt: Hühner und Wassergeflügel bekommen keinen Freigang. Das stellt die Bauern vor Herausforderungen.
Da sind Biobauern und solche, die Freilandeier verkaufen. Ohne Freigang – geht das? Wenn es behördlich angeordnet ist, ja. Aber bei Freilandeiern nicht endlos, erläutert Sebastian Klement-Aschendorff vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv): Geflügel aus Freilandhaltung darf maximal zwölf Wochen im Stall bleiben, bevor es diesen Status verliert, Eier können 16 Wochen als Freilandeier gehandelt werden. „Bei Fortdauer der Stallpflicht muss die Auslobung nach 12 (Geflügel) beziehungsweise 16 Wochen (Eier) auf Bodenhaltung geändert werden“, so Klement-Aschendorff.
Öko- und Bioprodukte verlieren ihr Label nicht
Anders ist es bei Ökoprodukten, „im Ökolandbau gibt es keine zeitliche Beschränkung“, heißt es aus dem Lanuv, vorausgesetzt, es gibt eine behördliche Anordnung. Klaus Bird betreibt den Biohof Haus Frohnenbruch in Kamp-Lintfort. Er erläutert: „Für die Zertifizierung ist das kein Problem, es handelt sich ja um eine behördliche Anordnung. Die Hühner bleiben immer Bio, ihre Haltung erfüllt auch noch andere Kriterien, mehr Platz im Stall beispielsweise.“ Würde er allerdings aus Vorsorge ohne Anordnung „von oben“ seine Tiere aufstallen, würde er den Ökostatus verlieren und müsste zur Bodenhaltung wechseln, sagt das Lanuv.
Für alle Hühnerhalter ein Problem: Tiere, die es gewohnt sind, Auslauf zu halten, sind jetzt eingesperrt, „sie haben da leider kein Verständnis für“, sagt Peter Heinen, der Freilandhühner in Wesel hält. Seine Hühner bleiben im ‘Wohnmobil’, also dem mobilen Stall. „Der bietet zwar genügend Platz für die normale Bodenhaltung. Aber die Tiere sind es nicht gewohnt.“
Kreative Ideen, um den Tieren das Leben trotz Stallpflicht zu erleichtern
Hier ist Kreativität gefragt: Heinen hat beispielsweise ein Mobil vor einem Hallenvordach geparkt, ein Netz umspannt und seinen Vögeln so rund 80 Quadratmeter mehr Auslauf gegönnt. Wie viele seiner Kollegen, sorgt er für Abwechslung um die Tiere bei Laune zu halten. Aber die Hühner sind aggressiver als sonst, „seit ein paar Jahren werden die Legehennen als Küken nicht mehr geschnäbelt“, erläutert der Bauer. Heißt: Die Schnabelspitzen dürfen nicht mehr abgeschnitten werden. Das führe aber jetzt dazu, dass der Stress im Stall rasch blutig werden kann.
Ökolandwirt Christian Hülsermann aus Spellen hat schon vor Jahren eine Lösung für Zeiten der Aufstallung gefunden. „Wir fahren das Hühnermobil an einen Folientunnel, wie es ihn im Gemüseanbau gibt“, erläutert er. In dem langen Tunnel können seine Biohühner kratzen, picken und herumrennen, „es ist unsere Tierhalterpflicht, dass es ihnen gut geht“, sagt er.
Regelmäßig kontrolliert das Kreisveterinäramt Höfe auf die Einhaltung der Tierschutz Nutztierhaltungsverordnung, ob sie ordnungsgemäß untergebracht sind, kümmert sich um die Seuchenvorsorge und die Lebensmittelüberwachung, um Hygiene und mehr. Dr. Susanne Diekmann erläutert, dass es größere Probleme verursacht, Wassergeflügel - Enten und Gänse beispielsweise – im Stall zu behalten. „Allerdings gibt es derzeit nicht so viele Wasservögel, die meisten haben ihre ‘Endaufstellung im Ofen’ gefunden“, sagt sie, heißt: Sie sind zu Weihnachtsbraten verarbeitet worden. Viele Ställe sind leer, ebenso die meisten Putenställe.
Taubenhalter sind von der Stallpflicht ausgenommen
Bei Hühnern, erläutert die Veterinärmedizinerin, gibt es besondere Rassen für die Stallhaltung und solche für die Freilandhaltung. Entsprechend stressig sei es für Freilandrassen, im Stall zu bleiben.
Ausgenommen von der Aufstallpflicht sind übrigens die Taubenhalter. Sie dürfen ihre Tiere daheim fliegen lassen, wie Jürgen Marbes von der Reisevereinigung Wesel-Voerde erläutert. Reisen dürfen die Vögel aber nicht, „das tun sie im Winter ohnehin nicht, weil wir sonst zu viele Verluste wegen des Habichts und des Falken haben“. Der Grund dafür ist, dass das Risiko der Verbreitung durch Tauben sehr gering ist, haben Forschungen des Friedrich-Loeffler-Instituts ergeben.