Kreis Wesel. Die SPD in Wesel will die Voraussetzungen für solche Anlagen verbessern. Die Kiesunternehmen sind interessiert, Naturschützer sind aber skeptisch.
In der Diskussion über die Nutzung von Baggerseen neben und nach dem Kiesabbau fällt immer wieder der Begriff Photovoltaik. Schwimmende Anlagen, die Licht in Energie umwandeln, gibt es bereits, in Weeze hat das Weseler Kiesunternehmen Hülskens im Herbst 2020 insgesamt 2000 Solarmodule auf der Wasseroberfläche installiert und erzeugt damit rund 650.000 Kilowattstunden Strom, was laut Kiesinitiative „Zukunft Niederrhein“ rund 300 Tonnen CO2 einsparen soll. Laut Projektpartner Rheinland Solar ist es das größte schwimmende Photovoltaik-Kraftwerk in NRW – zumindest noch, denn in Haltern entsteht auf dem Silbersee III derzeit die größte Photovoltaik-Anlage Deutschlands, die bereits Ende Februar in Betrieb genommen werden soll.
Im Kreis Wesel sind solche Anlagen noch nicht zu finden. Die SPD-Fraktion in der Kreisstadt bringt das Thema nun aber in die politische Diskussion, um bessere Voraussetzungen dafür zu schaffen, da momentan „bürokratische Hindernisse verschiedenster Art dagegensprechen“. Und das, obwohl viele Kiesunternehmen sich bereits darum bemühten. Was „Zukunft Niederrhein“ auf Anfrage bestätigt. Es beschäftigten sich zwar bereits mehrere Firmen intensiv mit der Thematik, allerdings seien die Einschränkungen derzeit so groß, dass sich solch ein Projekt meistens nicht rechne.
Für die Genehmigung der Anlagen ist die Untere Wasserschutzbehörde des Kreises zuständig. Dort seien noch keine Anträge für den Bau von Photovoltaikanlagen auf Baggerseen eingegangen, sagt eine Kreissprecherin auf Nachfrage. Was aber nur zum Teil an den gesetzlichen Vorgaben liegt, die im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und im Landeswassergesetz geregelt sind.
Ein maßgeblicher Punkt ist demnach die Laufzeit. Photovoltaikanlagen amortisieren sich naturgemäß erst nach ein paar Jahren. Solange der Baggersee noch wirtschaftlich genutzt wird, kann das Kieswerk den generierten Strom für den Eigenverbrauch nutzen, allerdings unter der Voraussetzung, dass das Unternehmen die Photovoltaikanlage auch selbst baut und betreibt.
„Das bedeutet aber aktuell, dass die Anlage, wenn am Baggersee kein Kies mehr produziert wird, nicht mehr genutzt werden darf und sie abgebaut werden muss“, erklärt „Zukunft Niederrhein“-Geschäftsführer Sascha Kruchen. „Es sei denn, man findet einen Nachnutzer.“
Der BUND im Kreis Wesel sieht Photovoltaik auf Baggerseen skeptisch
Die Interessenten für eine Nachnutzung stehen allerdings nicht gerade Schlange. Die Nachnutzung rechnet sich nämlich erst ab einer bestimmten Größe. Und die Photovoltaikanlagen auf dem Wasser „fallen kleiner aus, als sie eigentlich sein könnten“, sagt Sascha Kruchen. Der Grund: Photovoltaikanlagen mit einer Leistung, die größer als 750 Kilowatt ist, müssen an der Ausschreibung der Bundesnetzagentur teilnehmen, um den Zuschlag für eine Einspeisevergütung zu erhalten.
Das aber zieht hohe Investitionskosten nach sich. Auf zehn bis 15 Prozent beziffert Kruchen die zusätzlichen Kosten, und die Chancen auf den Zuschlag seien wegen der Konkurrenz durch die großen Solarfelder auf freien Landflächen eher gering. Kommunen bauten die Anlagen derzeit lieber „auf der grünen Wiese“.
Das soll nach Meinung der BUND-Kreisgruppe Wesel auch vornehmlich so bleiben. Grundsätzlich spreche nichts gegen eine schwimmende Photovoltaikanlage, sagt Kreisgruppenvorsitzender Günther Rinke, allerdings nur, „wenn es sich um bereits bestehende Wasserflächen handelt, die ökologisch nicht so wichtig sind“. Der Auesee in Wesel und viele andere Seen im Kreis fallen laut Rinke damit aus einer möglichen Planung.
Auch das Argument von Kies- und auch Energieunternehmen, dass die Anlagen die Algenbildung durch erhöhte Wärmeentwicklung in den Seen im Sommer verhinderten oder reduzierten, schlage nicht so sehr ins Gewicht, da für die Algenbildung andere Faktoren wie die Nährstoffe im Wasser maßgeblicher seien. Außerdem sehe der BUND die Gefahr, dass die Kiesindustrie mit der Photovoltaik Werbung für den Abbau von Kies und Sand mache. Gerade das wolle man aber verhindern. Darum sei man der Meinung, dass Photovoltaik weniger auf Seen und vielmehr auf die Hausdächer im Kreis Wesel gehöre.