Wesel. Mehrheitlich beschließt der Stadtrat, Ludger Hovest aus dem Stadtwerke-Aufsichtsrat abzuberufen. Die Stadtverwaltung hat rechtliche Bedenken.

Mehr als zwei Stunden diskutierte der Weseler Stadtrat zum Teil hinter verschlossenen Türen, dann stand nach geheimer Abstimmung fest: Mit 31 Ja-, 18 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen beschloss der Rat, Ludger Hovest (SPD) aus dem Aufsichtsrat der Stadtwerke abberufen zu lassen. Das ist der vorläufige Höhepunkt eines Streits zwischen dem Jamaika-Bündnis und dem SPD-Chef. CDU, Grüne und FDP hatten beantragt, Hovest aus dem Gremium zu werfen, da er als Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke aus ihrer Sicht nach dem mit dem Klärwerks-Störfall Vertraulichkeiten öffentlich gemacht haben soll.

Die Juristin der Stadt, Sabine Beier, hatte in einer Stellungnahme der Verwaltung wie berichtet schon im Vorfeld festgestellt, dass eine mögliche Ermessensentscheidung zur Abberufung „fehlerhaft und damit rechtswidrig sei“. Diese Auffassung bekräftige sie auch in der Sitzung, die anschließende Diskussion geriet zum juristischen Exkurs zwischen den Parteien.

Wurden Vertraulichkeiten nach Störung in der Kläranlage preisgegeben?

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Dem SPD-Chef und stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrates wird unter anderem eine Aussage in der Ratssitzung am 9. März vorgeworfen, als er von einer Video-Konferenz zum Störfall berichtete. In der Schalte sei die Rede davon gewesen, dass möglicherweise die Bürger durch eine Gebührenerhöhung für die Folgen der Betriebsstörung aufkommen müssten.

Diese Information unterliege aber nicht der Geheimhaltung, argumentierte die städtische Juristin, da es sich nicht um eine Aufsichtsratssitzung gehandelt habe und nicht einmal alle Aufsichtsratsmitglieder eingeladen waren. Das sei auch dem Personenkreis der Konferenz bekannt gewesen. Also galt für die Sitzung nicht die Vertraulichkeit.

Jamaika-Fraktionen sehen Loyalitätspflicht verletzt

Das sah Jürgen Linz (CDU) ganz anders. Die Stellungnahme der Verwaltung sei keine rechtliche Würdigung, sondern lese sich wie eine Verteidigung, kritisierte er – noch dazu eine falsche. Dirk Giesen (FDP) argumentierte, dass Aufsichtsratsmitglieder eine Treuepflicht hätten. Die Verschwiegenheitspflicht gelte nicht nur für die Sitzungen, sondern für alle Informationen, die eine Person als Mitglied eines Aufsichtsrates erhält. Es gelte eine Loyalität zum Unternehmen. „Die Vertraulichkeit muss gewährleistet sein“.

Aufsichtsratsmitglieder sind allerdings auch Ratsmitglieder und dadurch dem Bürger verpflichtet, hielt die städtische Juristin dagegen. Ulrich Gorris (Grüne) räumte ein, es gebe einen Ermessensspielraum, doch Ludger Hovest habe mit seiner Aussage seiner Meinung nach nicht die Bürger schützen wollen.

Abstimmung erfolgte in geheimer Wahl

Nach einer längeren Fortsetzung der Diskussion hinter verschlossenen Türen entschied der Rat, die – wiederum öffentliche – Entscheidung in geheimer Wahl zu treffen. Darin hatten sich die Befürworter des Antrags die Mehrheit.

Mit der Bewertung des Beschluss beschäftigt sich nun die Verwaltung. Sollte es zu einer Beanstandung kommen, ist am 22. Juni nochmals der Rat gefragt. Wenn dieser bei dem Votum bleibt, wird die Angelegenheit zur Prüfung an den Kreis Wesel als Aufsichtsbehörde weitergeleitet. Für Ludger Hovest steht fest: „Sollte ich als Aufsichtsrat rausgekegelt werden, werde ich das vor dem Verwaltungsgericht prüfen lassen.“