Wesel. Der Defekt im Klärwerk und die finanziellen Folgen: Die SPD sieht Versäumnisse bei den Stadtwerken. CDU und FDP attackieren Ludger Hovest.

Über drei Stunden diskutierte der Weseler Stadtrat am Dienstag weitgehend friedlich, doch beim letzten Tagesordnungspunkt entbrannte ein längerer Streit: SPD, WfW und Linke hatten beantragt, den Störfall in der Weseler Kläranlage auf die Tagesordnung zu setzen – zumindest ein Teil der Diskussion um mögliche Folgekosten fand also im öffentlichen Teil der Sitzung statt. Dort kritisierte SPD-Chef Ludger Hovest die zögerliche Informationspolitik der Stadtwerke, während CDU und FDP ihm vorwarfen, vertrauliche Informationen aus der Aufsichtsratssitzung auszuplaudern und aus dem Vorfall am 15. Februar politisches Kapital schlagen zu wollen.

Wie berichtet, war bei dem Störfall im Nachklärbecken Schlamm ins Abwasser der Kläranlage geraten, weil ein Räumarm nicht richtig arbeitete.

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Das Landesumweltamt (Lanuv) hatte bei einer unangekündigten Prüfung am Rosenmontag die Verschmutzung festgestellt. „Möglicherweise wird die einmalige aber deutliche Grenzwertüberschreitung eine Erhöhung der in 2021 zu veranlagenden Abwasserabgabe zur Folge haben“, teilten die Stadtwerke am 3. März in einer Pressemitteilung mit.

Bürger sollen nicht für Fehler aufkommen müssen

Es drohe eine Rechnung in Millionenhöhe, stellte Hovest in der Ratssitzung fest. Die Frage sei nun: Wer reguliert den Schaden? In einem ersten Info-Gespräch unter anderem mit Fraktionsvorsitzenden sei schon über eine Erhöhung der Abwassergebühren um 15 Cent pro Kubikmeter Abwasser diskutiert worden. Hovest: „Da ist mir die Galle übergelaufen.“

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Es dürfe nicht sein, dass der Bürger dafür aufkommen muss: „Die Rechnung bezahlt entweder die Versicherung oder die Stadtwerke“. Auch kritisierte Hovest, dass die Stadtwerke den Vorfall erst zehn Tage später mitgeteilt hatten. Aufsichtsrat, Bürgermeisterin und Eigentümer hätten viel früher informiert werden müssen.

Thomas Moll (WfW) mahnte ebenfalls an, die Stadtwerke hätten sofort über den Störfall informieren müssen. Es dürfe auch nicht der Eindruck entstehen, dass der Bürger nun bezahlen muss.

CDU sieht kein Versäumnis der Stadtwerke

Der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Stadtwerke, Wolfgang Lingk, entgegnete: „Wir mussten den Verantwortlichen erst einmal Zeit geben, den Schadensfall zu überprüfen.“ Er wies auch darauf hin, dass ein neutraler Gutachter sich nun damit beschäftigen wird.

Auf den einstimmigen Beschluss hierzu in der Sitzung des Aufsichtsrates verwies Jürgen Linz (CDU) – an dem sei Hovest schließlich selbst beteiligt gewesen. Linz warf dem SPD-Chef vor, nun „ein Drama zu spielen“. Erst nach einer „sauberen rechtlichen Wertung“ werde gesagt, wer was zu zahlen hat, so der CDU-Fraktionschef. Michael Oelkers (FDP) betonte: „Alle wollen verhindern, dass der Bürger zur Kasse gebeten wird“ und unterstellte dem SPD-Chef andere Motive für seine Forderung nach Aufklärung: „Sie zielen nur darauf ab, dass Sie als Robin Hood von Wesel in der Zeitung stehen.“

Wie die Klärung des Vorfalls nun weitergehen soll, beschrieb der Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Linkg am Mittwoch auf NRZ-Anfrage.

Versicherung ist über Störfall im Klärwerk informiert

Mit dem Gebührenbescheid an die Stadt Wesel wegen der Grenzwertüberschreitung sei in 15 Monaten zu rechnen – in welcher Höhe die Zahlung ausfallen wird, wisse man noch nicht. Stadtwerke und Miteigentümer Gelsenwasser werden nun den Gutachter beauftragen, um die Ursache des Störfalls – der erste seit 15 Jahren – zu klären. Der Fall wurde auch bereits der Versicherung gemeldet, versicherte Lingk. Zudem sei ein Anwalt zur rechtlichen Bewertung eingeschaltet.