Oberhausen. Die Parteienlandschaft ist im Umbruch. Das zeigt sich nicht nur bei Wahlen, auch Mitgliederzahlen schwinden. Doch nun gibt es einen Trendwechsel.
Die Parteienlandschaft hierzulande ist kräftig in Bewegung geraten. Erst im vergangenen Jahr hat sich mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht eine ganz neue Partei gegründet und erzielte bei Landtagswahlen im Osten beachtliche Ergebnisse. Bei der Europawahl legte die AfD deutlich zu - auch in Oberhausen. Derweil ging im Herbst das Licht der Ampel aus, nachdem es innerhalb der drei beteiligten Parteien schon lange und auch mächtig rumort hatte. Nun dauert es nur noch wenige Wochen bis zur vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar, bei der nach Umfragen die CDU stärkste Partei werden könnte.
Was haben diese Entwicklungen aber eigentlich für Auswirkungen auf die örtlichen Parteien. Haben sie Mitglieder gewonnen, verloren oder konnten sie ihren Bestand wahren? Die Redaktion hat nachgefragt.
SPD in Oberhausen ist deutlich geschrumpft, gewinnt aber aktuelle neue Mitglieder hinzu
Die Partei mit den meisten Mitgliedern in Oberhausen ist nach wie vor die SPD. Allerdings hat sie auch kräftig Federn lassen müssen. Die Zeiten von 4000 und mehr Mitgliedern sind längst vergangen. 2015 waren es noch 1630 Bürger, die ein rotes Parteibuch hatten, mittlerweile sind es 1056. Einen Erklärungsansatz sieht der heimische Parteichef Dirk Vöpel darin, dass sich der gesamte Strukturwandel jahrzehntelang hier negativ auswirkte.
Früher habe die SPD gerade in den großen Unternehmen von Kohle und Stahl Beschäftigte für sich gewonnen, die dann oftmals auch gleich in eine Gewerkschaft eintraten. Zahlreiche Mitglieder hat die SPD dann zu Zeiten der Agenda 2010 von Kanzler Schröder verloren. Doch inzwischen sei es durchaus gelungen, gerade auch in den vergangenen Monaten, neue Mitglieder zu gewinnen. Dieser Trend halte an. Bedingt durch die Altersstruktur müsse man auch bedenken, dass es auch immer wieder eine Reihe von Sterbefällen gebe, erklärt der Oberhausener Bundestagsabgeordnete.
Rund ein Drittel aller Christdemokraten in Oberhausen sind 70 Jahre und älter
Auch die CDU meldet rückläufige Zahlen, wobei Kreisgeschäftsführer Christian Benter hofft, die Talsohle durchschritten zu haben. Waren es vor zehn oder 15 Jahren noch über 1000, „sind wir aktuell bei 604 angelangt“. Zwischenzeitlich lag die Zahl der Christdemokraten hier sogar unter 600, doch im vergangenen Jahr zog die Mitgliederzahl wieder an. Neu hinzugewinnen konnte die Partei 2024 insgesamt 27 Oberhausenerinnen und Oberhausener, davon allein 17 seit Oktober 2024. Zu dem Zeitpunkt zeichnete sich bereits ab, dass die Ampel-Koalition in schweres Fahrwasser geraten war.
Nach Benters Beobachtung nahmen die Eintritte vor allem zu, als die CDU ihr Wahlprogramm bekannt gab. Zugleich hat die Partei aber auch 21 Mitglieder verloren, worunter auch zahlreiche Todesfälle sind, erläutert der Geschäftsführer. Mit gewisser Sorge blicken die Christdemokraten ohnehin auf die Altersstruktur, sind doch gut ein Drittel ihrer Mitglieder 70 Jahre alt und älter. Der Anteil der unter 40-Jährigen beträgt etwa 15 Prozent. Unter den Heranwachsenden finden zwar durchaus einige zur CDU, aber ein erheblicher Teil verlasse Oberhausen zum Studium oder anderen beruflichen Gründen. Damit verschwinden sie aus der heimischen Statistik.
Nach dem Ampel-Aus schnellten bei den Grünen die Mitgliederzahlen nach oben
Ganz anders sieht es bei den Grünen aus: Sie haben offensichtlich zum Sprung nach vorn angesetzt. Hatte die Partei im vorletzten Jahr noch 136 Mitglieder, sind es inzwischen 178. Der überwiegende Teil davon hat sich nach dem Ampel-Aus im Bund der Grünen-Partei angeschlossen. Und auch nach wie vor bekomme man viele Anfragen, sagt Fraktionschefin Steffi Opitz.
Dabei stammen die Neuzugänge zum einen aus der eher älteren Generation der Über-60-Jährigen, zum anderen auch im verstärkten Maß aus den jüngeren Altersstufen. Sicherlich könne Oberhausen nicht mit Universitätsstädten wie Köln mithalten, dort haben die Grünen 4000 Mitglieder. „Wir haben keine Uni. Gerade unter Studierenden aber verzeichnen wir gemeinhin einen hohen Zulauf.“ Nach Ansicht von Opitz gelingt es der Partei in diesen Wahlkampf-Wochen allerdings, die Menschen mit Themen wie Umweltschutz oder sozialen Fragen zu erreichen.
Die Oberhausener Liberalen werden weniger und kämpfen mit Mitgliederverlusten
Die FDP, deren Bundestagsfraktion bekanntlich im Herbst auf das Aus der Ampel hingewirkt hat, kommt im Stadtgebiet zwar noch auf 106 Mitglieder, liegt aber damit gerade eben über der dreistelligen Schwelle. Mit einem Verlust von etwa zehn Prozent der Mitglieder hätten es die Liberalen zu tun, erklärt der Oberhausener Kreisvorsitzende Roman Müller-Böhm. Der Rückgang habe sicherlich auch politische Gründe, aber nicht nur. „Mitglieder verlassen uns, weil sie in eine andere Stadt ziehen. Zudem gibt es auch immer eine Reihe von Todesfällen.“
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Gleichwohl will der FDP-Mann keineswegs verhehlen, dass Vorgänge in der Bundespolitik für einige Mitglieder Anlass gewesen sein könnten, das Parteibuch zurückzugeben. Glasklar ist das jedenfalls nicht: Denn die Forschung nach den Ursachen bietet meist viel Raum für Spekulation, da kein Parteimitglied gezwungen ist, seinen Abschied aus der Partei irgendwie zu begründen.
Oberhausener Linke hat den höchst Mitgliederstand seit acht Jahren erreicht
Die Linke musste im vergangenen Jahr die Abspaltung des „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) verkraften. Gleichwohl erreicht sie mit inzwischen 140 Mitgliedern den höchsten Stand seit mindestens acht Jahren, sagt Linken-Vertreter Henning von Stolzenberg. Einige haben die Partei in Richtung BSW verlassen und ihren Schritt auch damit begründet. „Seit November konnten wir allerdings 17 neue Mitglieder begrüßen.“
Damit scheint es der Partei ähnlich ergehen wie Grünen und CDU: Nach dem Koalitionsbruch kamen neue Mitglieder hinzu, wobei - im Unterschied zu den anderen Partien - die meisten der Neuankömmlinge der Linken zwischen Anfang und Mitte 20 Jahre alt sind.
BSW hat nur vier Mitglieder, aber das 15-Fache an offiziellen Unterstützern
Die Zahlen des BSW sind auf den ersten Blick verschwindend gering, denn ihr gehören in Oberhausen lediglich vier Leute an. Doch Landesgeschäftsführer Günter Blocks betont, dass bekanntlich die Partei noch sehr jung sei. Zudem dürfe man nicht allein auf die Anzahl der Mitglieder schauen. Denn das BSW habe auch eine große Zahl von Unterstützern, die dazu auch eine Erklärung abgegeben haben. NRW-weit sind es 7500 und in Oberhausen sind es 60.
AfD in Oberhausen äußert sich nicht
Auf die Frage, wie viel Leute denn der sich als „Alternative für Deutschland“ bezeichnenden Partei AfD in Oberhausen angehören, bekam die Redaktion keine Antwort. AfD-Ratsfraktionsvorsitzender Wolfgang Kempkes sagte am Telefon nur: „Das geben wir nicht bekannt.“ Den NRW-AfD-Landessprecher Kris Schnappertz hat die Redaktion angerufen und angemailt. Eine Antwort blieb bisher aus.
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