Oberhausen. Kleiderklau im Louise-Schroeder-Altenheim in Oberhausen. Die Bewohner und ihre Angehörigen sind sauer. Das steckt dahinter.
- 50 Bewohnerinnen und Bewohner des Louise-Schroeder-Seniorenheims gehen auf die Barrikaden.
- Aus ihren Schränken ist Wäsche verschwunden - darunter auch wertvolle Stücke.
- Die Stadt ist informiert und sucht nach einer Lösung, doch das ist gar nicht so einfach.
Da hält ihn nichts mehr: Mit einem Schlag richtet sich Hans-Peter Guntermann in seinem Bett im Louise-Schroeder-Seniorenheim auf. Die Augen des 79-Jährigen, der nur wenige Sekunden zuvor noch erschöpft in den Kissen lag, blitzen wütend auf. „Plötzlich hatte ich nicht ein Hemd mehr in meinem Kleiderschrank - das kann doch wohl nicht wahr sein“, schimpft der Oberhausener. Seitdem die zu den ASO Alteneinrichtungen der Stadt Oberhausen gGmbH gehörende Einrichtung die Wäscherei gewechselt habe, „verschwindet immer mehr Wäsche“. Inzwischen hätten viele weitere Bewohnerinnen und Bewohner unzählige Verluste gemeldet.
„Nein, was hatte ich für schöne Hemden“, erzählt Guntermann wehmütig. „Rund 15 Stück sind jetzt einfach futsch.“ Leer ist sein Schrank inzwischen aber dennoch nicht mehr. „Die haben mir hier nach und nach einfach andere Hemden reingehängt.“ Auf einem habe er noch ein Namensschild gefunden, „von einem Bewohner, der seit zwei Jahren tot ist“. Fast 90 Prozent mache diese Fremdwäsche in seinem Schrank nun aus, „das ist ein komisches Gefühl“.
Da Guntermann sich - als es ihm noch besser ging - viele Jahre im Beirat des Seniorenheimes engagiert hatte, hätten sich auch viele Mitbewohnerinnen und -bewohner ohne Angehörige an ihn gewandt. „Die meisten wussten nicht, wer ihnen sonst helfen könnte“, erzählt Guntermann. Der Senior schaltete sofort seinen Bruder ein, der sich gemeinsam mit anderen Angehörigen bei der Heimleitung beschwerte. Mit Erfolg.
Selbst von Unterhosen und Nachthemden fehlt bis heute jede Spur
Auf Nachfrage dieser Redaktion räumt Stadtsprecher Frank Helling ein: „Ja, von den aktuell 352 Bewohnerinnen und Bewohnern unserer Einrichtungen sind nach Rückmeldung des Pflegepersonals 50 betroffen.“ Es seien rund 80 Unterhosen, 24 Nachthemden, 44 T-Shirts und darüber hinaus auch Hosen, Hemden und Polo-Shirts verschwunden.
Vereinzelte Verluste von Kleidung kämen bei Großwäschereien zwar immer wieder mal versehentlich vor. Dies habe auch der regelmäßige Austausch der ASO mit anderen Pflegeeinrichtungen sowie dem Bundesverband der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen bestätigt. Doch ein Fall in dieser Größenordnung sei schon einmalig.
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Mit der aktuellen Wäscherei der ASO aus dem ferneren NRW sei nach einer europaweiten Ausschreibung zum 1. Februar 2023 ein Vertrag für 24 Monate abgeschlossen worden. „Zunächst ging nur sehr wenig verloren“, betont Helling. Doch das habe sich im Juli 2024 plötzlich geändert. „Wohl nach einem erheblichen personellen Wechsel, wie das Unternehmen versicherte.“ Außerdem soll es einen größeren Schaden an den Maschinen der Wäscherei gegeben haben. „Es hat bereits mehrere Auseinandersetzungen und Gespräche mit dem Wäschereidienstleister gegeben - dort wurde uns jetzt versichert, die internen Probleme seien abgestellt.“
Auch der Geschäftsleitung platzt der Kragen - eine neue Ausschreibung läuft bereits
Aufgrund der aktuellen Entwicklung habe sich die Geschäftsleitung der ASO dennoch dafür ausgesprochen, umgehend eine neue europaweite Ausschreibung auf den Weg zu bringen. „Diese ist am 20. September 2024 veröffentlicht worden.“ Ein Wechsel steht damit voraussichtlich zum 1. Februar 2025 an.
Weshalb aber wird nicht einfach ein Unternehmen in Oberhausen oder zumindest der Nähe gewählt? „Die Kosten für die Wäschereidienstleistung überschreiten den sogenannten Schwellenwert, daher muss die ASO als 100-prozentiges städtisches Unternehmen eine europaweite Ausschreibung vollziehen“, erläutert Helling. Die ASO habe da keine freie Wahl, sondern sei an das Vergaberecht gebunden. „Der ganze Vorgang wird sogar anwaltlich begleitet.“ Eine hauseigene Wäscherei gebe es im Louise-Schroeder-Heim schon seit 2017 nicht mehr. Diese sei von dem damaligen Geschäftsführer aufgegeben worden. „Die dafür genutzten Räumlichkeiten werden von der Stadt inzwischen als Dauerflüchtlingsunterkunft genutzt.“
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Fest steht: Alle betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner erhalten jetzt eine Entschädigung. „Die Höhe bemisst sich an den gemeldeten, verlorenen Wäschestücken.“ Bei Hans-Peter Guntermann hält sich die Freude über diese Aussicht allerdings in Grenzen - obwohl er rund 150 Euro erhalten soll. Der Senior meint jedoch: „Das wären bei mir nur 15 Euro pro verschwundenem Hemd.“ Bei einer Mitbewohnerin sei sogar eine Strickjacke im Neuwert von 150 Euro verloren gegangen. Mit der dafür angebotenen Entschädigung von 30 Euro sei auch sie nicht besonders glücklich. Stadtsprecher Helling hofft dennoch auf eine gute Einigung mit den Betroffenen und darauf, dass der Wäschespuk nun endlich ein Ende hat.