Oberhausen. Ein Oberhausener belästigte alte Menschen in einem Pflegeheim. Wie Einrichtungen solche Vorfälle künftig verhindern wollen.
Es war nicht der erste Fall dieser Art: In der Nacht zum 8. August 2023 dringt ein Oberhausener (43) in ein städtisches Altenwohnheim im Stadtnorden ein. Dort belästigt er eine 99-jährige Frau und eine weitere Bewohnerin sexuell. Kürzlich fand der Prozess in zweiter Instanz vor dem Landgericht Duisburg statt. Wir haken bei der Stadt nach: Wie konnte so ein Vorfall überhaupt passieren und was wird jetzt getan, um die alten Menschen besser zu schützen?
„Bedauerlicherweise kommt es wie in anderen Einrichtungen, Wohnungen und Häusern auch in Alteneinrichtungen vereinzelt zu Einbrüchen und Straftaten“, sagt Dezernent Ralf Güldenzopf, der die Pressestelle der Stadt gerade kommissarisch leitet. In diesem Fall habe der Täter einen Rollladen hochgeschoben und sich durch das Fenster Zutritt verschafft.
Normalerweise werden in allen ASO Alteneinrichtungen der Stadt Oberhausen die Haupteingänge um 20 Uhr verschlossen. „Wer dann noch rein möchte, muss klingeln und wird durch das Pflegepersonal persönlich hereingelassen.“ Geöffnet werden die Haupteingänge jeweils um 7 Uhr früh. Die Pforten im Louise Schroeder Quartier und im Haus Bronkhorstfeld seien jeweils montags bis freitags von 8 bis 17 Uhr sowie am Wochenende und an den Feiertagen von 10 bis 17 Uhr besetzt. Fünf Mitarbeitende seien insgesamt für die Pforten zuständig.
Auch nachts sind regelmäßige Kontrollbesuche in allen Oberhausener Altenheimen vorgeschrieben
Natürlich hätten auch alle Bewohnerinnen und Bewohner von Seniorenheimen das Recht, 24 Stunden am Tag Besuch zu empfangen. Allerdings gilt: „Außerhalb der allgemeinen Öffnungszeiten soll sich laut Hausordnung der Besuch im Bewohnerzimmer aufhalten, damit niemand gestört wird.“ Durch das Personal fänden auch nachts regelmäßige Kontrollbesuche in den Zimmern der Bewohnerinnen und Bewohner statt, um nachzuschauen, ob alles in Ordnung sei. Ein Verlassen des Gebäudes muss aus Feuerschutz-Gründen stets möglich sein.
„Grundsätzlich kann jeder Bewohner, jede Bewohnerin auch einen Schlüssel für das Zimmer erhalten“, führt Güldenzopf weiter aus. Viele schlössen tagsüber und auch nachts ihre Tür von innen ab. „Das Pflegepersonal hat einen Schlüssel für jedes Zimmer, um im Notfall trotzdem Hilfe leisten zu können.“ Besonders den Seniorinnen und Senioren im Erdgeschoss empfehlen die Einrichtungsleitungen nun noch einmal dringend: „Keine Fenster offen stehen lassen und die Rollläden komplett verschließen.“
Auch Stefan Welbers, Geschäftsführer der Senioreneinrichtung Gute Hoffnung leben, die von der Neuapostolischen Kirche betrieben wird, setzt auf so viel Normalität wie möglich und weist wohl auch für alle Kolleginnen und Kollegen auf ein grundsätzliches Dilemma hin: „Wir sollen maximal offen sein und so normal wie möglich, alles wissen und kontrollieren, dürfen aber nur mäßig eingreifen. Wenn etwas passiert, liegt dennoch die Schuld bei uns.“ Das gelte für einen unberechtigten Zutritt, aber auch für das folgenschwere Verlassen der Einrichtung, etwa bei Menschen mit Demenz, die sich verlaufen oder verletzen.
Ab 19 Uhr fällt die Zugangstür im Seniorenzentrum Gute Hoffnung leben in Oberhausen ins Schloss
Welbers hält es allerdings in jedem Fall für richtig, dass der Zugang gewissen Regeln unterliegt. Für das Seniorenzentrum „Gute Hoffnung leben“ bedeutet dies: Die zentrale Zugangstür ist vergleichbar mit einer Haustür und fällt aktuell um 19 Uhr automatisch ins Schloss. „Aktuell deshalb, weil dies immer mit dem Bewohnerbeirat abgestimmt wird.“ Wer später kommt, muss eine Klingel drücken. „Dann kommt ein Mitarbeiter und öffnet die Tür.“ Bewohner könnten auch einen Zugangschip nutzen.
„Da wir in der Guten Hoffnung sehr kleine Hausgemeinschaften haben, mit zwölf Bewohnerinnen und Bewohnern und in jedem Bereich immer eine sogenannte Präsenzkraft tätig ist, ist es eben diese Person, die sofort erkennt, ob sich jemand unberechtigterweise Zutritt verschafft“, versichert Welbers.
Nachts könnten sich die Senioren zusätzlich schützen, indem sie ihr Zimmer mit einem Drehknauf von innen verschließen. „Zutritt hat dann nur noch Pflegepersonal.“ Der Eingangsbereich und alle großen Flurbereiche würden darüber hinaus per Video überwacht. Absolute Sicherheit aber gebe es dennoch nicht. „Auch unsere Einrichtung hatte vor rund vier Jahren Einbrecher im Haus, die durch den Keller eingestiegen sind.“ Die Nachtwachen hätten sofort die Polizei gerufen. „Ein Täter wurde gefasst.“
Ein Bewohner des Louise Schroeder Quartiers weist vor dem aktuellen Hintergrund aber auch noch einmal auf die insgesamt sehr hohe Arbeitsbelastung der Pflegekräfte hin. „Sie sind immer wieder alleine für eine Station zuständig und müssen oft nicht nur einmal zur Tür rennen, sondern mehr als zehn Mal.“ Seien sie dann im Haus unterwegs, fehle ein entsprechender Schutz auf der Station.