Oberhausen. Demo-Party neben Ebertbad und Theater: 500 Menschen kritisieren offen fehlende Lokale im Viertel. Ein Abend zwischen Hoffnung und Enttäuschung.
Ein lauer Sommerabend, Weingläser klirren, Bier rieselt in Gläser - und irgendwo hinten säuseln italienische Schlager. Menschen sitzen an Biertischen, hocken auf den Steinrändern des großen Oberhausener Ebertplatzes - und sind in murmelnde Gespräche vertieft. Normalerweise wäre hier auch bei satter Sonne in Sichtweite von Ebertbad und Theater Oberhausen: tote Hose!
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Die Party-Demo der Initiative „Offenes Forum Marienviertel“ zeigt, was möglich wäre: Denn Restaurants und Kneipen sind im kulturellen Epizentrum von Oberhausen verschwunden. Das italienische Restaurant „Giu“ (ins Deutsche übersetzt: unten) ist im städtischen Gebäude neben dem Ebertbad sogar schon seit Herbst 2020 verrammelt - seit satten vier Jahren.
Mangelnde Gastronomie im Marien- und Theaterviertel: Wunsch nach schneller Lösung
„Ein Skandal“, findet nicht nur Kabarettistin und Anwohnerin Gerburg Jahnke. Und auf das große Slogan-Schild „Eigentum verpflichtet“ deutet auch Initiativen-Moderatorin Linda Lieber. „Das Interesse ist groß, das Thema bewegt die Leute“, sagt sie.
An der Glasfassade greifen Bürger zum dicken Marker und notieren Ideen: „Ein Ausstellungsraum für Künstler“, „Essen zum Mitbringen“, und „Übergang im Zelt“ stehen auf den Zetteln. Aber es gibt auch ganz andere Ideen: „Der Glaspavillon wird im Sommer zu heiß und ist im Winter nicht zu beheizen“, findet Hagen Hoffmann. „Der sollte abgerissen und dafür mehr Biergartenplätze geschaffen werden. Im Gewölbekeller würde eine stimmungsvolle Bar passen.“
„Die Hälfte der Menschen auf dem Ebertplatz stammen nicht aus dem Viertel. Es sind Theatergänger oder Menschen, die das Ebertbad besuchen und die sich wünschen, dass sich endlich etwas bewegt“, ergänzt Henning Kassen. Das sieht er nicht alleine so - 500 Menschen zählen die Einladenden an diesem Abend. Mit so viel Zuspruch hatten selbst die Initiatoren der Kundgebung für mehr Lebensqualität im Marienviertel nicht gerechnet.
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Dass sie für Getränke zwischendurch vom geschlossenen Restaurant-Glasbau bis zum 300 Meter entfernten Bierwagen vor den Theater-Eingang wandern müssen, kann man durchaus Symbolcharakter zurechnen. Die nächstgelegene Kneipe befindet sich derzeit an der Mülheimer Straße oder am Friedensplatz in der Innenstadt. Ganz schön weit weg - und nicht praktikabel. Nur „Zaza‘s Espressobar“ serviert an der Ebertstraße in der Nähe der Kulturstätten - leider nur mit übersichtlichen Öffnungszeiten und schmaler Karte. Ein einsamer Posten.
Besonders aufmerksam lauschten die Aktivisten also dem anwesenden Immobilien-Dezernenten Michael Jehn, der am Mikro Hoffnung auf eine Nachfolge-Lösung im „Giu“ machte: „Es gibt einen ernst zu nehmenden Anbieter, der Interesse bekundet hat. Wir sind optimistisch.“ Der potenzielle Nachfolger habe die sanierungsbedürftigen Räume bereits besichtigt.
Sieben Gastronomen hätten am „Giu“ vorher Interesse signalisiert, fünf davon dann aber weiterführende Konzepte nicht erstellt. Ein Interessent sagt früh ab. Während der Corona-Zeit habe am Markt keine Gründerstimmung geherrscht. Städtisches Personal sei zudem gebunden gewesen, ukrainischen Geflüchteten Unterkünfte zu vermitteln, begründet Jehn den bisherigen Stillstand.
Giu neben dem Ebertbad Oberhausen: Pop-up-Kneipe scheiterte an den Auflagen
Dass im Gebäude zuerst investiert werden muss, war sowieso schon klar: Jehn nennt einen siebenstelligen Eurobetrag, den die Stadt für die Sanerung aufbringen müsse. Überraschend beteuert Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras vor Ort, dass dieses Geld tatsächlich im Haushalt 2025 für das Projekt vorhanden sei. Dies funktioniere freilich nur über neue Schulden. Er zitierte den 2017 verstorbenen Oberhausener Künstler Walter „Kuro“ Kurowski: „Wir brauchen Jazz und Leberwurst. In Oberhausen gibt es ein dringendes Bedürfnis, Kultur und Genüsse miteinander zu verbinden.“
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Wann sich etwas bewegt, bleibt indes eines der großen Fragezeichen. Auch Dezernent Michael Jehn, selbst langjähriger Unterstützer des Marienviertels, wollte sich auf Nachfrage der Redaktion auf keinen Zeitrahmen festlegen.
Eine angedachte Überbrückungsidee scheiterte zuletzt. Der ehemalige Ebertbad-Chef Hajo Sommer wollte die „Giu“-Immobilie bis zum Umbau mit einer zeitgleich begrenzten Pop-up-Gastronomie bespielen. Doch selbst ein schmales Angebot mit Biergarten, Flaschenbier und kleinen Snack scheiterte. Es mangelte an einer barrierefreien Toilette.
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