Oberhausen. Ein Stadtteil kämpft gegen seine Abschnürung. Die marode Kanalbrücke in Oberhausen-Borbeck löst neuen Protest aus. Diesmal an höchster Stelle.

Die Menschen im Oberhausener Stadtteil Borbeck wollen nicht länger akzeptieren, dass ihr Stadtteil bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts unter der maroden Brücke über den Rhein-Herne-Kanal leiden soll. Mit der Stadt Oberhausen plant der Bürgerverein Oberhausen-Borbeck eine ungewöhnliche Protestreise nach Bonn, um an höchster Stelle einen schnellen Brücken-Neubau einzufordern.

Seit Anfang April können nur noch Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht bis zu 3,5 Tonnen die Borbecker Kanalbrücke nutzen. Die Buslinie 957 kann den Stadtteil deshalb aus Richtung Norden (Osterfeld-Mitte) nun nicht mehr wie gewohnt erreichen. Borbeck ist jetzt nur noch von Süden aus provisorisch an den ÖPNV angebunden. Die Kanalbrücke rostet derweil weiter vor sich hin. Auf einer Bürgerversammlung im März ist klar geworden, dass eine neue Brücke erst Mitte des nächsten Jahrzehnts gebaut werden soll.

Fassungslosigkeit und Entsetzen herrschte deshalb im Frühjahr im Haus Matecki, als dort diese Hiobsbotschaft des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes bekannt wurde. Nun reagiert der Bürgerverein Borbeck mit der Vorsitzenden Renate Glombitza an der Spitze. Der Bürgerverein hat das direkte Gespräch mit Oberbürgermeister Daniel Schranz und Planungsdezernent Thomas Palotz gesucht und bei dieser Gesprächsrunde im Rathaus ein konkretes Vorgehen abgestimmt: Schranz fährt mit dem Vorstand des Bürgervereins nach Bonn, um direkt vor Ort in der Zentrale des Wasser- und Schifffahrtsamtes zu protestieren und einen schnellstmöglichen Neubau der östlichsten Kanalbrücke im Oberhausener Stadtgebiet einzufordern.

Bürgerverein: „Einbleckstraße eine der wichtigsten Verkehrsadern im Stadtteil“

Im Gespräch mit der Stadtspitze schilderte Renate Glombitza, die Vorsitzendes des Bürgervereins, die problematische Verkehrssituation in Borbeck. Die Brücke im Verlauf der Einbleckstraße stelle eine der wichtigsten Verkehrsadern des Stadtteils dar. Bereits seit dem Jahr 2009 melde das zuständige Wasser- und Schifffahrtamt, dass sich der Zustand der Überführung stetig verschlechtere. Nichts habe man dagegen unternommen. Die bislang einzige Maßnahme sei im Jahr 2021 die halbseitige Sperrung der Brücke gewesen. Aktuelle Prüfungen des Brückenzustandes haben nun ergeben, dass voraussichtlich ab August die Zufahrt auf die Brücke durch eine Höhenbegrenzung von 2,30 Meter geregelt wird, damit sich alle Fahrer größerer Wagen tatsächlich an die Gewichtsbegrenzung halten und wirklich keine Fahrzeuge über 3,5 Tonnen die Überführung nutzen. Derzeit, so die Beobachtung von Borbeckern vor Ort, wird diese Gewichtsbegrenzung immer wieder missachtet.

Krisengespräch im Rathaus: Renate Glombitza, Ute Joffroy und Ulrike Kudling vom Bürgerverein Oberhausen-Borbeck mit Oberbürgermeister Daniel Schranz (Mitte), Planungsdezernent Thomas Palotz (re.) und Jochen Sander (Stoag, li.) sowie Sebastian Sender (Verkehrsplanung).
Krisengespräch im Rathaus: Renate Glombitza, Ute Joffroy und Ulrike Kudling vom Bürgerverein Oberhausen-Borbeck mit Oberbürgermeister Daniel Schranz (Mitte), Planungsdezernent Thomas Palotz (re.) und Jochen Sander (Stoag, li.) sowie Sebastian Sender (Verkehrsplanung). © PM | BV Borbeck

„Diese neue Höhenbegrenzung hat dann aber zur Folge, dass Rettungsfahrzeuge wie Krankenwagen, die Feuerwehr oder Versorgungstransporte den Stadtteil Borbeck von Norden aus nicht mehr erreichen können“, erklärt Renate Glombitza. Diese Erreichbarkeit sei aber von entscheidender Bedeutung, da Borbeck durch seine Insellage schon jetzt schlecht angebunden sei: der Rhein-Herne-Kanal, die Emscher, die Köln-Mindener-Eisenbahnstrecke und deren Schrankenregelung („Glückauf-Schranke“ in Essen-Dellwig), Baustellen und die marode Kanalbrücke schnüren den Stadtteil regelrecht ein. Renate Glombitza: „Dies verstärken angrenzende Dauerbaustellen auf Essener Gebiet, die eine Zufahrt nach Borbeck erheblich einschränken oder unmöglich machen.“

OB Schranz hat bereits bei der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt protestiert

Oberbürgermeister Schranz hat bereits mit einem ausführlichen Schreiben an den Präsidenten der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in Bonn, Eric Oehlmann, auf die prekäre und unhaltbare aktuelle Situation des Stadtteils aufmerksam gemacht. Die recht knapp ausgefallene Antwort beinhaltete nichts Neues zum Neubau der Brücke an der Einbleckstraße, heißt es. Konkret geplant werden solle der Neubau erst ab dem Jahr 2028 und dann über fünf Jahre. Voraussichtlich sei mit dem Beginn der Arbeiten erst ab dem Jahr 2033 zu rechnen. Werde vorher eine gänzliche Unbefahrbarkeit der Brücke festgestellt, würde die Überführung komplett gesperrt.

Der Bürgerverein plant nun, zusammen mit der Stadtspitze persönlich beim Chef der Wasserstraßen- und Schifffahrtsbehörde vorstellig zu werden, um auf die Unzumutbarkeit der aktuellen Situation und auf die Dringlichkeit eines schnellstmöglichen Neubaus mit Nachdruck aufmerksam zu machen.

Die akute Sperrung der Brücke für den Linienbusverkehr habe der Stoag unterdessen viele Probleme und Mehrkosten beschert, ergänzt der Bürgerverein. Der neue Streckenverlauf der Linie 957 und des SB 94 habe sich „als nicht so optimal gezeigt“, heißt es. Derzeit werde überlegt, wie man das verbessern könne.

Ein genauer Termin für die Protestfahrt nach Bonn wird jetzt abgestimmt und soll in Kürze benannt werden.