Oberhausen. Zehntausende Fans haben beim Mallorca-Festival „Inselfieber“ in Oberhausen die Rituale der Partyinsel gepflegt. Was taugt der Import-Ballermann?
Die große Fete beginnt mit einer glatten Lüge. „Stimmt schon, stimmt schon“, beschwichtigen sie in der großen Mädelsgruppe mit den grünen Shirts samt der goldenen Aufschrift „Mopper Muttis“. „Zwei von uns fliegen in den Sommerferien zum Ballermann. Eine dann noch einmal im Herbst…“ Im Hintergrund scheppert „Malle ist nur einmal im Jahr“ über das proppenvolle Freiluft-Areal hinter der Arena Oberhausen.
Es ist der Refrain einer dieser offenbar für die Ewigkeit konservierten Partyschlager-Hymnen, die am Samstag beim riesigen Zicke-Zacke-Festival „Inselfieber“ nahezu alle mitsingen, obwohl sie die Flugtickets für den zweiten Akt quasi schon in der Tasche haben.
Das schnörkellos resümierende „Aber Scheiß drauf“ gehört zum Liedtext und steht gleichzeitig auf den Shirts einer Herrengruppe nebenan. Der grölenden Verbindung steht nichts im Wege. Lebe den Moment. Zum „Döpp, Döpp, Döpp“ ist glasklar: Malle ist eben einmal, zweimal, dreimal…
Inselfieber 2024 in Oberhausen: Party-Gefühle von Megapark bis Bierkönig
Eine Zahl ist eindeutiger: Zum zweiten Mal holt Veranstalter Markus Krampe den Ballermann nach Deutschland. Die Inselfieber-Sause hat das bekannte Genre-Festival „Oberhausen Olé“ abgelöst. Das Feten-Gelände ist ab dem späten Nachmittag ausverkauft, was knapp 40.000 Fans über den Tag verteilt bedeutet. Diese Zahl ist aus Veranstalterkreisen zu vernehmen. Die Polizei schätzt am Sonntagmorgen etwas vorsichtiger und spricht von etwa 35.000 Fans.
40 Malle-Acts auf zwei Bühnen innerhalb von zehn Stunden: Bei diesem Pensum würde selbst einschlägigen Ballermann-Diskotheken wie Megapark und Bierkönig die Puste ausgehen.
Apropos: Die Kondition hält längst nicht bei Inselfieber-Reisenden stabil durch. Sanitäter und Helfer haben gut zu tun.
Nein, bei diesem Mallorca-Trip liegt keiner gemütlich auf der Liege. Der Schotter staubt, während Windstöße über das Gelände fegen. Nach Playa-Sonnenbrand fühlt es sich nicht an. Es sind nicht einmal 20 Grad. Das Thermometer von Schlagerbarde Mike Leon Grosch funktioniert offenbar anders: „Was war das für ein Frühling. Jetzt bei euch fühlt es sich endlich nach Sommer an.“ Ach, wie wunderschön!
Inselfieber 2024 in Oberhausen: Lange Warteschlangen am Wertmarken-Schalter
Gut, der „Tornado“, den Schlagerkollege Jörg Bausch herbei singt, fegt glücklicherweise ebenso wenig neben Zelten und Kunst-Palmen. Aber die Stimmung ist unter den Feiernden vor allem nah am Bühnengraben bestens.
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Leichte Liebeskost rieselt in einfachen Reimen auf schunkelige Fans mit ulkigen Motto-Shirts nieder. Einer trägt grinsend ein Ü-Ei spazieren, darunter steht: „Keine Überraschung: wieder besoffen!“
„Holland wird Europameister. Vielleicht aber auch die Niederlande.“
Gut, dieser Zustand ist bei der großen Anreisewelle gegen Nachmittag technisch gesehen gar nicht so einfach. Vor den Verkaufsbuden mit Wertmarken für die Bierwagen bilden sich ziemlich lange Warteschlangen. Von den Toiletten ganz zu schweigen.
Hauptsache, die Frisur sitzt! Oder das, was man dafür hält. Mickie Krause trägt seine wuschelige Edel-Perücke auf - und meint prophetisch: „Holland wird Europameister. Vielleicht aber auch die Niederlande.“ Der Sänger, der sich mit „Orange trägt nur die Müllabfuhr“ nicht unbedingt für das Diplomatische Korps beworben hat, korrigiert aber schnell: „Nein, nein, natürlich wird Deutschland EM-Sieger, oder?“
Krauses Ansage korrespondiert mit den doch recht zahlreich gesichteten DFB-Trikots, die sich mit den ebenfalls häufig aus dem Kleiderschrank gekramten Bierkönig-Uniformen mischen. Oberhausen als Party-Hochburg! Veranstalter Markus Krampe: „Egal, ob Schlager oder 90er-Jahre. In Oberhausen sind alle Festivals groß geworden. Das Ruhrgebiet ist eine einzige Feierzone.“
Inselfieber 2024 in Oberhausen: Wilde Songmischung von „Tornado“ bis „Pyrotechnik“
Wen wollen sie sehen? „Mia Julia, da geht immer was“, hört man häufiger. Doch die Sängerin von Ballermann-Hits wie „Peter Pan“ und „Malle bereit“ steht erst für das Finale am späten Abend auf dem Programm-Zettel. Bis dahin hören sie sich an der Schunkel-Stimmung satt.
Dazu gehört auch der Überraschungsbesuch einer Mallorca-Legende. Die Kultfigur aus El Arenal, „Manolo No 1“, steigt auf die Bühne und macht das, was er normalerweise an der Playa unternimmt. Der Mann mit dem Sombrero spielt Malle-Hits in atemberaubender Geschwindigkeit auf seiner Gitarre. Schlager-Zicke-Zacke unplugged. Der Star unter den Straßenmusikern wird laut umjubelt.
Auch Anna-Maria Zimmermann weiß zu überraschen, holt sich einen Fan zum Duett auf die Bühne und scheint die brodelnde Atmosphäre vor der Hauptbühne aufsaugen zu wollen: „Ich möchte nie wieder aufhören!“
Mancher angesungene Hit wie „Pyrotechnik“ (eigentlich von Tiktok-Akteur Balkonultra und Ikke Hüftgold) ballert häufiger aufs Gelände, interpretiert von ganz unterschiedlichen Künstlern. Ein wenig sind sie dann eben doch alle Schlager-Kleptomanen.
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