Mülheim. Anwohner klagen über zugeparkte Wege, Müllwagen kommt nicht durch die Straßen: Im Mülheimer Viertel wächst der Unmut über „untätige Verwaltung“.

Geparkt wird in Kurven, links und rechts der schmalen Straßen, auf Gehwegen - wie es eben so passt im Quadrat zwischen Steinkuhle, Rühlweg, Am Eisenstein und Bonnstraße. Für das Auto zumindest: Die Müllabfuhr, die Straßenreinigung, Menschen mit Rollatoren, Kinderwagen müssen sich irgendwie dazwischen durchfädeln, oder einfach jeder, der nicht wie ein Ägypter über den Bürgersteig gehen will. Überzeichnet oder doch Normalzustand in Mülheimer Vierteln?

Von 500 Privatanzeigen gegen falsch parkende Autos, die er über die vergangenen zwei Jahre selber geschrieben habe, spricht Anwohner Thomas O. Und da seien noch einige Nachbarn, die ebenfalls etliche Fahrzeuge an die Stadt Mülheim gemeldet haben wollen. Allein in den vergangenen sechs Wochen kann O. rund 40 Anzeigen aufzählen, oft sogar immer wieder dieselben Fahrzeuge. „Und trotzdem gibt es keine erkennbare Konsequenzen“, beklagt Thomas O.

„Keine Konsequenzen für Falschparker“, bemängelt Anwohner in seinem Mülheimer Viertel

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Es sei weder abgeschleppt noch seien „Knöllchen“ hinterlegt worden. Herbeigerufene Beamte hätten lediglich vor Ort die Telefonnummern der betroffenen Halter ausfindig gemacht und diese gebeten, die Autos umzusetzen. Strafen aber seien nicht verhängt worden. O. beruft sich aber auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, demnach Betroffene einen Anspruch darauf haben, dass eine Kommune solche Verstöße auch ahndet. Doch ohne Strafe gibt es wohl auch keine Änderung, beharrt der Anwohner: „Ich will nicht abstreiten, dass ich penetrant bin, aber dieses Aussitzen finde ich unmöglich.“

Mancher Anwohner geht schon wie selbstverständlich auf der Straße, weil auf Gehwegen der Platz fehlt.
Mancher Anwohner geht schon wie selbstverständlich auf der Straße, weil auf Gehwegen der Platz fehlt. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Auf Stichprobe im Mülheimer Quartier: Es sind die Feinheiten, die ins Auge fallen

Wer auf Stichprobe ins Viertel geht, mag - je nach Uhrzeit - zwar nicht das beschriebene Chaos vorfinden, sondern eine Lage, die man vielerorts in Mülheim findet: in Dümpten, in Styrum, im Südviertel, an der Kampstraße.

Und doch sind es manchmal Feinheiten, die aufmerken lassen: Eine Frau mit Kinderwagen wechselt am Rühlweg zwei Mal die Straßenseite, weil sie ansonsten nicht weiterkommt. Denn ausgerechnet auf dem eh schon schmalen Fußweg ist Gehwegparken erlaubt. Menschen mit Rollstuhl oder Rollator hätten keine Chancen, auf dem eingeengten Weg weiterzukommen. Problematischer noch, weil sie dann nicht wenden könnten, und so den gesamten Weg rückwärts zurückfahren müssten. Darauf weist etwa der Sprecher der AGB der Behinderten-Selbsthilfe und Chronisch Kranker, Thorsten In der Heiden, hin.

Manche Anwohner scheinen auch wie selbstverständlich auf der Straße zu gehen, weil die Wege weitestgehend zugeparkt sind. Und ein Anwohner auf dem Weg zum Job bestätigt: Wegen Falschparkern komme der Müllwagen oft nicht weiter.

Auch entlang der Bonnstraße ist das Durchkommen für Fußgänger nicht einfach. Denn geparkt wird, wo es irgendwie möglich ist - hier in der Kurve Am Eisenstein.
Auch entlang der Bonnstraße ist das Durchkommen für Fußgänger nicht einfach. Denn geparkt wird, wo es irgendwie möglich ist - hier in der Kurve Am Eisenstein. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Straßenreinigung kaum mehr möglich, bemängelt Anwohner

Auch eine Straßenreinigung sei kaum mehr möglich, ergänzt O., weil der Kehrwagen gar nicht an den Rand komme. Nach seinen Angaben sollen Maßnahmenvorschläge der MEG, die Reinigung über temporäre Parkverbote möglich zu machen, bislang verhallt sein. Warum, fragt O., in anderen Städten werde das praktiziert.

Manche Maßnahme der Stadt, gegen wildes Parken vorzugehen, erkennt man: Poller an Fußwegen, bauliche Verengungen an Straßen, Parkverbotszonen - „das wird weitgehend ignoriert“, schildert O., der seit sieben Jahren hier wohnt. Damals sei das nicht so gewesen.

„Ende“ für Fußgänger: Sie müssen am Mülheimer Rühlweg die Straßenseite wechseln, weil hier Autos parken sollen.
„Ende“ für Fußgänger: Sie müssen am Mülheimer Rühlweg die Straßenseite wechseln, weil hier Autos parken sollen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Warum greift das Mülheimer Ordnungsamt nicht hart durch?

Warum greift die Stadt nicht hart durch? So der Eindruck von betroffenen Anwohnern, die die Kommune in der Pflicht sehen. Aus Sicht der Stadt handle man bereits, allerdings müsse man auch priorisieren: Gefahrenabwehrmaßnahmen etwa bei der Schulwegsicherung, Freihalten von der Straßen für Müll- und Einsatzfahrzeuge hätten eine höhere Priorität. In solchen Fällen würde man auch abschleppen.

Andere Verstöße, etwa solche, die den Gehweg einschränken, hätten eine niedrigere Priorität. Sie würden bei einmaligen Verstößen mit Verwarn- und Bußgeldern geahndet. Das sei im vergangenen Jahr in 150 Fällen passiert, 215 Mal sei das Ordnungsamt zu Kontrollen an die Steinkuhle gefahren. „Im Kontext der Haushaltslage stehen nur begrenzte Kontrollkapazitäten zur Verfügung“, heißt es seitens der Behörde.

Geparkt wird auch hinter den ausgewiesenen Parkzonen - wie hier am Rühlweg in Mülheim.
Geparkt wird auch hinter den ausgewiesenen Parkzonen - wie hier am Rühlweg in Mülheim. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Abschleppen nur als letztes Mittel?

Abgeschleppt werde aber erst als letztes Mittel, wenn andere Maßnahmen keine Wirkung erzielten und eine erhebliche und dauernde Nutzungseinschränkung von Gehwegen vorliege. Die Lage im Viertel sei aber nicht anders als in anderen Wohngebieten auch: In Mülheim herrsche Parkdruck und auch die Interessenslage von Autofahrern müsse als Teil der öffentlichen Ordnung berücksichtigt werden.

Und nun? Für Thomas O. ist es keine Frage: Ohne härteres Vorgehen werde sich hier nichts ändern. Die Stadt setzt dagegen auf gegenseitige Rücksichtnahme. Nur wohin mit den Fahrzeugen, die in Mülheim seit Jahren mehr und zunehmend größer werden? Klar scheint: Solange das Auto als Verkehrsmittel Nummer 1 gilt und die Zulassungen in Mülheim weiter steigen, wird sich die Situation für Fußgänger nicht nur an der Steinkuhle weiter verschärfen.

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