Mülheim. Windkraft: Sechs Standorte auf Mülheimer Grün- und Industrieflächen sind identifiziert, um tausende Haushalte versorgen zu können. Wo sie liegen.
Gibt es Platz für mehr Windräder in Mülheim? Nachdem im vergangenen Jahr eine Analyse des Landes NRW keinen einzigen weiteren Standort außer im Umfeld des bestehenden in Styrum ausmachen konnte, hat sich die Verwaltung selbst auf den Weg gemacht. Sechs Flächen im Stadtgebiet könnten der Windkraft demnach Auftrieb geben. Gäbe es da nicht gleich mehrere Haken.
Denn zum einen muss Mülheim dafür schon an die sogenannten weichen Tabuzonen gehen. Das sind solche, die - im Gegensatz zu den „harten“ - nicht direkt aus rechtlichen Gründen scheitern und für die keine andere stadtplanerische Zielsetzung besteht. Zu den „harten“ Tabus gehören deshalb zum Beispiel Siedlungsflächen, Freihalteflächen für Verkehrsanlagen oder Gewässer, Wald und Flächen von Naturschutzgebieten oder auch Schutzgebiete für die Flugsicherheit.
Sechs Potenzialflächen im Mülheimer Stadtgebiet
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Mit Blick auf die weichen Tabuzonen ist die Stadt zunächst an sechs Stellen fündig geworden: drei davon liegen in den Industriegebieten am Rhein-Ruhr-Hafen, an der Friedrich-Wilhelms-Hütte und auf dem alten Mannesmann-Areal. Drei hingegen sind auf den Acker- und Weideflächen in Winkhausen und in Mintard sowie auf solchen im Wald Saarn zu finden.
Doch selbst in diesen weichen Bereichen gibt‘s harte Hürden bei der Umsetzung, wie sich im Detail zeigt.
Drei Industriegebiete nimmt Mülheim in den Fokus
Fünf Windenergieanlagen (WEA) könnten allein in den drei Mülheimer Industriegebieten entstehen. Sie würden zusammen rund 34 Gigawattstunden (GWh/a) Strom im Jahr liefern können. Zwei WEA mit einer Leistung von 13,8 GWh/a wären im Speldorfer Rhein-Ruhr-Hafen denkbar. Eines mit 6,9 GWh/a auf dem Hüttengelände und wiederum zwei mit 13,8 Gigawattstunden auf dem Mannesmann-Industrieareal.
34 Millionen Kilowattstunden jährlich ließen sich allein hier mit Wind gewinnen - und damit gut und gerne 8000 Mülheimer Vier-Personen-Haushalte (à 4000 KWh Jahresverbrauch) versorgen. Der Haken: Das alles ist aktuell nur Theorie.
Was die Sache in weite Ferne rücken lässt, sind harte Fakten: die jeweils bestehende Bebauung. Um die Voraussetzungen für Windkraft hier zu schaffen, müsste jeweils ein neuer Bebauungsplan her. Und der kommt laut Einschätzung der Verwaltung nur dann infrage, wenn die Bebauung wegfiele.
Stadt hofft auf zukünftige Kombinationen aus Industrie, Strom- und Wärmeerzeugung
Die Chancen dafür sind allerdings ungewiss. Hat die Verwaltung hier also viel Analyse für nichts betrieben? Die Stabsstelle Klimaschutz der Stadt räumt ein, dass die Analyse „zunächst eher negative Ergebnisse liefert, da die Industriegebiete aktuell aufgrund der bestehenden Bebauung nur eingeschränkt für die Windenergienutzung geeignet sind“.
Sie betont aber die Potenziale und setzt auf möglicherweise ungenutzte und somit freiwerdende Flächen: „Viele Unternehmen in Industriegebieten haben einen hohen Energiebedarf, der durch eigene Windkraftanlagen gedeckt werden könnte und eine Kombination von Windenergie und industrieller Nutzung, beispielsweise durch die Nutzung von Abwärme, könnte zu weiteren Effizienzsteigerungen führen.“
Können Acker- und Weideflächen in Mülheim für Windkraft genutzt werden?
Doch wenn Mülheims Industriegebiete derzeit wenig Spielräume bieten, könnten dagegen die Ackerflächen ein Hoffnungsträger für erneuerbare Energien werden? Denn hier schätzt die Stadt die möglichen Stromerträge sogar noch höher ein. 41,4 Gigawattstunden pro Jahr würde man ernten können - das wäre wohl genug für rund 10.000 Vier-Personen-Haushalte.
Anlagen könnten im Nordosten der Stadt in Winkhausen an der Grenze zu Essen entstehen. Theoretisch böte eine Freifläche an der Reuterstraße den Platz für zwei WEA, die 13,8 Gigawattstunden Energie im Jahr erzeugen könnten.
Mehrere Flächen in Mintard und Saarn denkbar
Drei Windkraftanlagen hält die Stadt auf mehreren kleineren Flächen in Mintard für möglich: am Spazierpfad Ruhrauenweg nahe des Staader Lochs, auf den Auberg-Feldern zwischen Voßbeckstraße, Fahrkamp und Eschenbruch sowie auf den Flächen östlich des Brücher Hofs zwischen Heidendoren und Stooter Straße. Rund 21 GWh pro Jahr wären denkbar.
Die dritte Ackerfläche liegt im Saarner Süden. Am Fahrbaum hat die Stadt ebenfalls ein geeignetes Feld für eine Windkraftanlage mit knapp sieben Gigawattstunden im Jahr ausgemacht.
Mögliche Hürden für Windkraft im Mülheimer Grüngürtel
Und auch in allen drei genannten Gebieten liegen derzeit Hürden im Weg. Zum einen sind sie außerhalb der vom Land NRW ausgewiesenen Konzentrationszonen Wind und können dafür nicht genutzt werden. Diese Sperre für Windkraftanlagen fällt jedoch Ende 2027. Dann wäre eine Zulässigkeit von WEA neu - nach Baugesetzbuch - zu beurteilen.
Daneben stellt sich zum anderen die Frage, ob die Windkraftanlagen mit dem herrschenden Landschaftsschutzgebiet verträglich wäre. Auch das müsste die Untere Naturschutzbehörde noch prüfen.
Stadt Mülheim zieht ein Fazit
So ist für eine zukünftige Nutzung von mehr Windkraft in Mülheim noch reichlich zu klären und auch abzuwägen, denn selbst im Außenbereich seien „große Teile der Flächen von Gebietsausweisungen oder konkurrierenden Nutzungsansprüchen geprägt, die sich restriktiv auf die Möglichkeiten zur Windenergienutzung auswirken können“, zieht die Stadt ein Fazit.
Wohl wissend um die Hürden, räumt die Stadt der Windkraft nur einen geringen Anteil von bis zu fünf Prozent an der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien ein. Das Teilziel, das die Stadt im Konzept mit einer Nennleistung von sechs Megawatt - knapp 14 Gigawattstunden im Jahr - beziffert, wäre eigentlich schon mit dem weiteren Ausbau am Styrumer Ruhrbogen erreichbar.
Und doch gibt es in der Stadt ein beachtliches Potenzial von fast 80 Gigawattstunden - saubere Energie für rund 20.000 Haushalte, die womöglich nie gehoben wird.
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