Mülheim. Die Insolvenz eines der größten Biogas-Zulieferer in Deutschland schlägt Wellen bis Mülheim. Auch der Energieversorger Medl spürt Auswirkungen.
Wärme und Strom aus klimaneutralem Ökogas – damit wirbt der Mülheimer Energieversorger Medl um ökologisch bewusste Kunden. Mehrere Blockheizkraftwerke des Unternehmens werden mit Biomethan angefeuert. Auch mit dem Produkt des Zulieferers BMP Greengas. Doch der ist pleite. Müssen deshalb auch Medl-Kraftwerke stillstehen? Und sind Medl-Kunden von steigenden Kosten betroffen, weil das fehlende Gas nun teurer bestellt werden muss?
Der Schock traf nicht nur die Medl bereits Anfang August, als einer der größten Biogashändler völlig überraschend die Insolvenz beim Amtsgericht in Karlsruhe anmeldete. Das Ende von BMP Greengas stellte Dutzenden Stadtwerken in Deutschland die Versorgung mit Biogas zunächst ab, ihren Blockheizkraftwerken drohte der Stillstand.
Und nicht nur der Verband der kommunalen Unternehmen schätzte den möglichen Schaden auf rund 150 Millionen Euro, manche Stadtwerke sprachen sogar von einer „Pleite für die Energiewende“. Denn Biomethan spielt in den Kommunen bereits eine Teilrolle auf dem Weg zur klimaneutralen Versorgung mit Nahwärme. Zumindest bis es – wohl erst im nächsten Jahrzehnt – durch „grünen“ Wasserstoff abgelöst werden könnte.
Stadtwerke traf die Greengas-Insolvenz unerwartet
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Unerwartet kam offenbar für einige Stadtwerke die Insolvenz, denn als Tochter des EnBW-Konzerns galt BMP Greengas als sicher, die Verträge mit ihr waren auf lange Zeit geschlossen. Allerdings soll der Zulieferer selbst das Gas nur kurzfristig eingekauft haben: Als im Zuge des Ukraine-Kriegs das russische Gas ausfiel und so die Biogas-Nachfrage stieg, musste Greengas die langfristigen Verträge mit Biomethan zu nun explodierenden Preisen bedienen. Das ging nur noch knapp ein Jahr gut – bis August 2023.
Hat sich Greengas also auf Kosten vieler Stadtwerke und Landwirte „verzockt“ mit Gasmengen, die es gar nicht gegeben habe, wie etwa das Fachblatt „Agrarheute“ berichtet? Und wie gehen die Betroffenen mit den gestiegenen Kosten um, denn sie müssen das fehlende Gas bei anderen Lieferanten und somit teurer einkaufen? Laut „Agrarheute“ sollen die Mehrkosten bis zu 68 Prozent betragen.
Aufsichtsrat der Medl behandelt das „unternehmenssensible Thema“
Auch die Mülheimer Medl ist durch die Pleite von BMP Greengas getroffen worden, wie Geschäftsführer Hendrik Dönnebrink bestätigt. Das unternehmenssensible Thema hat bereits den Aufsichtsrat beschäftigt, Details gelten als vertraulich.
Doch der Energieversorger hat die Ausfälle durch die Greengas-Insolvenz mit anderen Anbietern kompensieren müssen und neue Verträge für die Biomethanversorgung abgeschlossen, kann Dönnebrink mitteilen, und gleichzeitig Kundensorgen um steigende Kosten beruhigen: „Die hierdurch bedingt erhöhten Biomethanbezugskosten gehen zulasten der Medl.“
Auch Medl macht Verlust, weil es Biomethan teuer einkaufen muss
Wenn auch Kunden nicht kurzfristig um höhere Preise fürchten müssen, wirken sich damit die notwendigen teureren Einkäufe von Biomethan auf das Einnahmenergebnis der Medl aus. Wie hoch? Das kann Dönnebrink zwar nicht sagen, weist aber darauf hin, dass die Medl die Verluste durch Einnahmen in anderen Geschäftsfeldern zumindest teilweise wird kompensieren können. „Ergebnisverschiebungen und
-kompensationen hat es bereits in der Vergangenheit gegeben. Letztendlich sind sie Bestandteil einer Marktwirtschaft“, sagt der Geschäftsführer.
Zudem will sich das Mülheimer Unternehmen einen Teil des Verlustes im Insolvenzverfahren zurückholen. Damit ist es jedoch längst nicht allein: Wie das Handelsblatt im September berichtete, sollen sich 235 Gläubiger mit einer Forderung von 720 Millionen Euro beim Insolvenzverwalter angemeldet haben.
„Investitionsmaßnahmen werden durch die BMP-Problematik nicht tangiert“, verspricht der Medl-Chef. Und auch im Hinblick auf die gute CO2-Bilanz durch Biomethan ergäben sich für das Wärmenetz keine Änderung.