Mülheim. Die Straßenbahnstrecke am Mülheimer Kahlenberg-Ast ist aufgegeben. Warum nun an der maroden Kampstraße der Konflikt zur Verkehrswende weitergeht.
Die Verlockung, an der engen und dicht beparkten Hauptverkehrsader zwei Fliegen mit einer Klappe zu erwischen, war 2022 groß: Die Linie 104 am Kahlenbergast so früh wie möglich beenden, damit Autos nicht mehr auf dem Gehweg parken. Dann hätten auch Fußgänger mit Rollator und Kinderwagen wieder Platz, dort zu gehen, wo sie sollen. So die Vorstellung der CDU in der Bezirksvertretung. Zwei Jahre später ist die Schiene am Kahlenbergast zwar Geschichte und durch den ungebundenen Bus ersetzt. Die Verkehrskonflikte an der Kampstraße aber haben sich potenziert.
Denn von einer Verkehrswende ist hier weiterhin keine Rede: Fahrzeuge parken in „guter alter“ Manier - wenn auch verbotenerweise - auf dem Gehweg. Die Stadt ahndet das ohnehin selten. Selbst für erfahrene Radler ist es haarig zwischen ihnen und den verbliebenen Straßenbahnschienen entlangzufahren, wo man schnell mal mit dem Rad in die Schiene geraten kann.
Das Dilemma: Parken die Autos hingegen „ordnungsgemäß“, müssen Zweiräder erst recht auf die Schienenanlage ausweichen. Und die ist „marode, desaströs“, wie Anwohner Ekkehard Molitor eindrucksvoll mit Fotos dokumentiert hat, um sich damit an die Stadt zu wenden.
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„Erhebliches Risiko für Leib und Leben von Rad- und Motorradfahrern“
Sie zeigen die alten Schiene, daneben oft breite Risse und Schlaglöcher in der Fahrbahn. Die Kombination macht eine sichere Fahrt mit dem Zweirad zum Glücksfall. Seine Partnerin sei dort bereits in die Schiene geraten, schildert Molitor und fragt sich, wann die überflüssige Infrastruktur abgebaut und die Straße saniert wird. „Denn der Zustand insbesondere auf Höhe der Trooststraße ist ein erhebliches Risiko für Leib und Leben von Rad- und Motorradfahrern.“
In den sozialen Medien ist die Gefahrenstelle längst Thema - eine sorgenvolle Vermutung: Eine Besserung ist so bald nicht in Sicht. Denn zuständig für den Rückbau der Schienen ist die Ruhrbahn. Von der Stadt will Molitor erfahren haben, dass die Strecke zwar Anfang 2025 rückgebaut werden soll. Nur: Ob dann auch die Straße saniert würde, scheint fraglich. Die Stadt habe dafür das Geld nicht, zitiert Molitor aus einer anderen Quelle der Verwaltung. Aufgrund der Haushaltslage ist frühestens 2029 damit zu rechnen.
Das sagt die Stadt Mülheim
Auf Anfrage der Redaktion bestätigt die Stadt, dass die Erneuerung in der städtischen Investitionsplanung tatsächlich ab 2029 und in den folgenden Jahren eingeplant ist. Doch machte es Sinn, die Straße innerhalb von nur vier Jahren gleich zweimal anzugehen?
Das will zwar auch die Stadt nicht, doch darauf läuft es wohl hinaus: „Die Verwaltung untersucht aktuell verschiedene Zwischenlösungen und stimmt sich hierzu mit der Ruhrbahn ab“, heißt es. Man wolle „dringend einen Interessenausgleich der Verkehrsteilnehmer“ herstellen. Zwar benötigten die Pkw-Nutzer die Abstellflächen, doch für die Fahrradfahrer seien die aktuellen Gefahrenstellen zu beseitigen.
Es fehlt das Konzept für die Hauptverkehrsstraße an Mülheims Kahlenberg
In der Politik hegt man Zweifel an der vorgeschlagenen Zwischenlösung für weitere fünf Jahre. Doch bislang liege weder ein beschlossenes noch ein debattiertes Konzept für die Neueinteilung der Kampstraße vor. Die Neuordnung allerdings sei dringend notwendig, sagt der Vorsitzende des Mobilitätsausschusses, Timo Spors von den Grünen. Vor allem, um überhaupt Radspuren für eine sichere Fahrt auf einer Hauptverkehrsstraße möglich zu machen. Die Crux daran: Ohne dass Parkplätze weichen, scheinen Radwege kaum umsetzbar zu sein.
Doch wohin mit den vielen - zu vielen - Autos? Eine Debatte um eine Neuordnung und Gleichberechtigung der Verkehrsmittel sei dringend notwendig, glaubt auch Oskar Obarowski,. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung will zum September dazu einen Sachstand einfordern.
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