Mülheim. Das warme Wetter lockt viele ins Freie, besonders zieht es sie an die Gewässer und hinein. Gerade Männer werden übermütig - mit schweren Folgen.
Kaum steigen die Temperaturen, häufen sich die Meldungen von Menschen, die beim Baden in Flüssen und Seen verunglücken. Erst kürzlich, am Dienstagabend, ist ein 16-Jähriger im Duisburger Bertasee ertrunken - die Mülheimer Feuerwehr wurde bei dem Rettungseinsatz zur Unterstützung angefordert. Auch an der heimischen Ruhr zwischen Mintard und Speldorf werden die Retter öfter zu Einsätzen gerufen, deren Alarmierung „Person im Wasser“ lautet. Dann beginnt ein Wettrennen gegen die Zeit.
Es sind drastische Fälle, die in Erinnerung bleiben. An den jungen Syrer, der im Frühjahr 2018 von der Schloßbrücke in die Ruhr gesprungen und ertrunken war, denkt auch Feuerwehr-Chef Sven Werner direkt zurück. Der 22-Jährige war erst fünf Tage, nachdem er von der Schloßbrücke ins Wasser gesprungen war, nördlich der Konrad-Adenauer-Brücke aus der Ruhr geborgen worden. „Später haben wir erfahren, dass der junge Mann gar nicht schwimmen konnte“, erinnert sich Werner.
Erst mit dem Schlauchboot auf der Mülheimer Ruhr unterwegs, dann beinahe ertrunken
Im Sommer vor zwei Jahren sorgte ein weiteres Unglück unweit des Hafenbeckens an der Ruhrpromenade für Aufsehen: Ein 43-Jähriger, der zunächst mit einem weiteren Mann in einem Schlauchboot auf der Ruhr unterwegs war, ist nach dem Anlegen am Ufer unterhalb der Stadthalle letztlich alleine mit dem Boot wieder auf den Fluss herausgetrieben und ins Wasser gefallen. Er wäre beinahe ertrunken. Der Mann schwebte zunächst in Lebensgefahr.
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„Dabei war eine ganze Menge Alkohol im Spiel“, blickt Feuerwehr-Chef Sven Werner auf den Einsatz zurück, den der Verunglückte nur knapp überlebt hat. Alkohol, Übermut und ein strömendes Gewässer sei eine gefährliche Kombination, warnt Werner. „Manche werden übermütig und wollen gleich den Fluss durchschwimmen. Der sieht zwar aus wie ein harmloses Gewässer, aber für jemanden, der nicht wirklich ein guter Schwimmer ist, kann das brenzlig werden.“
Mit der speziellen Notrufsäule am Mülheimer Ruhrufer schnell Rettungskräfte alarmieren
Damit im Ernstfall schnellstmöglich Hilfe gerufen werden kann, steht seit Kurzem eine spezielle Notrufsäule am Ruhrufer im Bereich des Hafenbeckens in der Innenstadt an der Ruhrpromenade. Die rot-weiße Säule ist mit den Schriftzügen „SOS“ sowie „DLRG“ versehen und soll es Passanten, die einem Ertrinkenden zur Hilfe kommen wollen, besonders einfach machen, Rettungskräfte zu alarmieren. „Bis man das eigene Smartphone aus der Tasche gekramt hat und darüber nachgedacht hat, welche Notrufnummer beim Fall einer Person im Wasser die richtige ist, kann im Zweifel schon viel wertvolle Zeit vergangen sein“, macht Frauke Jerabeck, Bezirksleiterin DLRG Mülheim, deutlich. „Und die ältere Generation hat ja auch nicht zwangsläufig ein Handy. Da ist es einfacher und schneller, auf den Knopf an der Notrufsäule zu drücken.“ So verstreiche weniger Zeit, die lebensrettend sein könne.
Sobald der Alarmknopf betätigt wird, wird eine Verbindung zur Leitstelle der Feuerwehr hergestellt. Die Leitstelle sieht dann sofort den Standort und kann gezielt Einsatzkräfte von Feuerwehr und DLRG losschicken. Und wenn doch jemand zeitgleich über sein Handy die Feuerwehr alarmiert hat? Für Frauke Jerabeck kein Grund, um auf die Säule zu verzichten: „Lieber zwei Notrufe als keiner. Wenn nur ein Leben durch die Säule gerettet wird, hat sie sich schon gelohnt.“ Initiiert hatte die DLRG die Aufstellung der speziellen Notrufsäule, die von der Björn-Steiger-Stiftung gesponsert wurde, denn, so Frauke Jerabeck: „Hier im Bereich Nordrhein haben wir Nachholbedarf mit solchen Säulen, andere Bundesländer sind schon besser ausgestattet.“
Meistens verunglücken im Wasser Männer - alkoholisiert und übermütig
Weil der Innenhafen und die Ruhrpromenade unweit der Schloßbrücke ein Areal sei, an dem immer wieder ein Alarm mit dem Einsatzstichwort „Person im Wasser“ ausgelöst würde, habe man sich für diesen Standort entschieden. „Da, wo mehr Menschen unterwegs sind, passiert auch mehr“, sagt Feuerwehr-Chef Werner dazu. Das gelte auch für die Freizeitanlage am Ruhrstrand, weiß Frauke Jerabeck. Deshalb sei angedacht, dort eine zweite spezielle Notrufsäule für die Wasserrettung aufzustellen. Der Genehmigungsprozess dafür laufe aktuell. „Dort sind an schönen Tagen, genau wie am Leinpfad und auf den Campingplätzen entlang der Ruhr, oft viele Familien mit Kindern, die dann am Wasser spielen - da kann ganz schnell etwas passieren“, sagt Jerabeck, selbst zweifache Mutter, die dringend davor warnt, Kinder unbeaufsichtigt ans Flussufer zu lassen. „Das birgt die größte Gefahr.“
Zudem kennt die DLRG-Bezirksleiterin genauso wie Feuerwehr-Chef Werner diejenige Personengruppe, die überdurchschnittlich oft angetroffen wird, wenn die Rettungskräfte an ein Gewässer gerufen werden, weil jemand zu ertrinken droht oder tatsächlich im Wasser ums Leben kommt: „Häufig sind das Männer zwischen 30 und 60 Jahren, die alkoholisiert sind, sich in einem Wettkampf messen wollen und sich selbst überschätzen.“
Rettungseinsätze, bei denen Personen im Wasser sind, haben in Mülheim steigende Tendenz
Wie oft ein Ertrunkener in Mülheim zu beklagen sei? Die Feuerwehr könne dazu keine genauen Zahlen vorlegen, sagt der Leiter, meint aber: „Gefühlt ist es im Schnitt jedes Jahr einer.“ Bislang sei der Sommer recht ruhig verlaufen, was Rettungsrufe an die Ruhr angehe, sagt Werner - doch das sei auch dem regnerischen Wetter zu verdanken. Sechs Einsätze unter der Alarmierung „Person im Wasser“ habe die Feuerwehr in diesem Jahr bislang verzeichnet, im gesamten vergangenen Jahr waren es elf, in 2022 zehn und in den Corona-Jahren 2021 und 2020 acht und sechs. „Die Tendenz ist also leicht steigend“, bilanziert der Feuerwehrchef.
Regelmäßig würde die Wasserrettung auch zu Einsätzen gerufen, die sich letztlich als Nichtigkeit erwiesen: „Da ist dann jemand kurz ins Wasser gegangen und war längst wieder raus, wenn wir kommen.“ Endet ein Einsatz so, sei das zwar vertane Zeit für die Rettungskräfte. Solch ein Ausgang sei ihm aber allemal lieber als ein tödliches Ende - wie damals am Entenfang, als ein etwa 50 Jahre alter Mann einen Hund aus dem See retten wollte und dabei ertrank. „Der Hund ist rausgekommen, der Mann konnte nur noch tot geborgen werden“, erinnert sich Werner.
Bei reißender Strömung während des Hochwassers in der Mülheimer Ruhr geschwommen
Eine Begebenheit, die Sven Werner auch nicht so schnell vergessen wird: „Beim letzten Hochwasser ist doch tatsächlich jemand in der Ruhr geschwommen - bei reißender Strömung. Er hat sich dann an eine Boje geklammert.“ Letztlich habe es der Mann ohne Hilfe zurück ans Ufer geschafft - und sei verschwunden.
„Wenn wir den erwischt hätten, hätte der den Einsatz zahlen müssen. Das war ein riesiger Kostenaufwand, weil auch ein Hubschrauber unterwegs war, denn die Person drohte Richtung Wehr zu treiben, wo wir mit den Booten nicht mehr herankommen.“ Sven Werner macht solche Verantwortungslosigkeit beinahe sprachlos: „Um es mal ganz deutlich zu sagen: Meine Leute riskieren Kopf und Kragen, um so jemanden zu retten.“
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