Mülheim. Kantor Werner Schepp geht in den Ruhestand. Er steht für eine hervorragende Singschule und erstklassige Konzerte in St. Mariä Himmelfahrt.
Einen stilvolleren Raum für Konzerte als die Klosterkirche in Saarn kann sich Kantor und Kirchenmusikdirektor Prof. Werner Schepp nicht vorstellen: „Das ist ein unglaublich schöner Raum, der mit der Musik im Einklang schwingen kann“, schwärmt er. Die Akustik sei ausgezeichnet und flexibel nutzbar, der Klang immer sehr angenehm. Oft hat er diesen Pluspunkt genutzt und herausragende Konzerte im Kloster geboten. Jetzt geht der Kirchenmusiker und Folkwang-Professor mit 66 Jahren in den Ruhestand, zum 1. September gibt er sein Amt ab – allerdings noch nicht vollständig.
Denn einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin gibt es noch nicht, die Suche wird auch nicht einfach werden. „Es herrscht Fachkräftemangel in der Kirchenmusik“, erläutert Werner Schepp. Nur noch wenige junge Leute studierten Kirchenmusik, und diejenigen, die einen Abschluss erlangten, wollten oft nicht Kantor oder Kantorin in einer Gemeinde werden. Die Anforderungen an den Job sind nämlich hoch: Ein Kirchenmusiker muss nicht nur an sechs Tagen in der Woche parat stehen, sondern auch zu den unmöglichsten Tages- und Nachtzeiten (etwa sonntagsmorgens im Gottesdienst). Außerdem müsse er musikalisch auf den unterschiedlichsten Ebenen wirken. „Er muss kleine Chorkinder begeistern, aber auch mit Spitzenmusikern beispielsweise ein Oratorium aufführen können“, erklärt der 65-Jährige.
Übergangslösung für Kirchenmusik in Mülheimer Pfarrei geplant
Ihm selbst ist das gelungen, er hat mit unterschiedlichsten Menschen musiziert und sie von der Musik begeistert. Im August wird seine Stelle ausgeschrieben. Für das kommende Jahr gibt es aber erst einmal „eine Überganglösung“. Claudia Janssen-Schepp, die Frau des angehenden Ruheständlers, die als Kantorin und koordinierende Kirchenmusikerin in St. Mariä Himmelfahrt tätig ist, wird zusammen mit einer jungen Chorleiterin die meisten Chöre der Singschule übernehmen. Werner Schepp selbst führt die Jugendkantorei noch ein Jahr weiter. Auch für die hochgeschätzte Reihe „Musik im Kloster Saarn“ wird er noch bis Sommer 2025 „helfend aktiv sein“, vielleicht auch „ab und zu als Organist in der Klosterkirche auftauchen“.
Das nimmt dem Abschied die Wucht. „Ich gehe mit gemischten Gefühlen. Viele schöne Erinnerungen sind mit meiner Arbeit verbunden, es ist aber auch eine Erleichterung, Verantwortung abgeben zu können“, sagt der Vollblutmusiker, der einst in Düsseldorf Kirchenmusik studiert hat. 33 Jahre hat er in der Saarner Gemeinde gewirkt, am 1. April 1991 stieg er hier ein, wechselte aus Duisburg-Wanheimerort nach Mülheim. „Kurz zuvor war die neue Schwalbennestorgel in der Klosterkirche eingeweiht worden – ein unglaublich klangschönes und sensibles Instrument“, findet der Organist, der im katholischen Internat das Orgelspiel lieben lernte und mit 16 Jahren schon erste bezahlte Orgeldienste in Kirchen übernahm.
Mülheimer Kantor war auch Orgelsachverständiger für das Bistum
Die „Mülheimer Kirchenmusiktage“ hat Werner Schepp aus der Taufe gehoben und die „Saarner Orgeltage“, für die er stets „die Crème de la crème der Orgelszene herholen konnte“. Er selbst war nicht nur Regionalkantor des Bistums, das heißt, er bildete haupt- und nebenberufliche Kirchenmusiker weiter, sondern fungierte auch als Orgelsachverständiger des Bistums. „Ich war für alle Fragen rund um das Instrument zuständig. Für Anschaffung und Neubau, Überholung und Reparatur“, berichtet er.
Viel Zeit und Kraft hat Schepp im Laufe der Jahre investiert, um die Chorsingschule in St. Mariä Himmelfahrt aufzubauen. Mit über 100 Kindern und Jugendlichen sei sie heute eine der wichtigsten Gruppen in der Gemeinde. Der Kantor mit Wurzeln im Westerwald war dabei genau der Richtige für die Aufgabe. „Schon als ganz junger Mann habe ich eine Kinderchorgruppe geleitet, mir selbst viel Wissen in diesem Bereich angeeignet und sogar eigene Unterrichtskonzepte und -materialien erstellt“, erzählt er. 1999 erhielt er einen Lehrauftrag für „Singen mit Kindern“ an der Folkwang Hochschule in Essen, als 2007 eine Professur für das Fach ausgeschrieben wurde, bewarb er sich und bekam die Stelle. Er baute dort auch einen Masterstudiengang „Singen mit Kindern und Jugendlichen“ auf. „Kinder haben ganz andere Bedürfnisse und Formen, sich musikalisch auszudrücken. Das hat man lange nicht gesehen“, weiß er. Das Singen fördere übrigens ganz nebenbei IQ, EQ und Sozialverhalten der Kinder.
Mülheimer ist neugierig auf ein weniger durchgetaktetes Leben
Werner Schepps Lieblingskomponist ist Bach – das gibt er nach einigem Zögern preis. Bachs große Werke bis hin zu den Oratorien hat er mit Chören und Musikern erarbeitet und erfolgreich aufgeführt. Aber auch für moderne Kirchenmusik ist der Katholik aufgeschlossen, nennt unter anderem Honneger, Poulenc oder Eben. Durch Werkeinführungen in den Konzerten in Saarn hat er versucht, die herausfordernden zeitgenössischen Werke der Zuhörerschaft nahe zu bringen.
Abschiedsgottesdienst
Ein Abschiedsgottestdienst für Kantor Werner Schepp wird am 1. September um 11.30 Uhr in der Klosterkirche stattfinden.
Mit dabei sind dann alle Chöre der Singschule und der Chor im Kloster Saarn, ein Belchbläserensemble der Folkwang-Uni sowie Ehemalige der Chorsingschule.
Werner Schepp selbst übernimmt die Chorleitung, Claudia Janssen-Schepp spielt die Orgel.
Mit seiner Frau, die er im Kirchenmusikstudium kennenlernte, hat sich Werner Schepp oft konstruktiv ausgetauscht, mit seinen vier Kindern hat er früher gemeinsam musiziert. Sohn Johannes, Musikproduzent und Toningenieur, ist in Sachen Hip-Hop und Rap unterwegs – für den Vater durchaus interessante Musikstile. Was wird der Chorleiter, der mit seinem Spaß an der Musik viele angesteckt und auch echte Talente aufgespürt hat, im Ruhestand tun? „Mein Plan ist es, keine Pläne zu haben. Ich möchte spontan Fahrrad fahren, mit dem Wohnmobil losziehen, historische Gebäude besichtigen“, sagt er. Außerdem gibt es auch zwei Enkelkinder in der Familie. „Ich warte ansonsten ab, was da an Wünschen kommt, wenn mein Leben nicht mehr so durchgetaktet ist“, sagt er. Das Musikhören und Musik machen könne durchaus dazugehören.
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