Mülheim. Vor Jahren hatte die IHK der Mülheimer Wirtschaftspolitik ein „Ungenügend“ verpasst. Wie das Urteil heute ausfällt, was Firmen aktuell umtreibt.

Rund 50 Mülheimer Unternehmerinnen und Unternehmer waren jetzt der Einladung der Industrie- und Handelskammer (IHK) ins Haus der Wirtschaft gefolgt, um sich über den aktuellen Stand der örtlichen Wirtschaft zu informieren und Fragen direkt an den Oberbürgermeister zu richten.

Dr. Christian Jacobi, Geschäftsführer der Saarner Beratungsagentur Agiplan public und Vize-Präsident der IHK zu Essen, begrüßte die Anwesenden und beschrieb das Ruhrgebiet als Region, die ihre Wandlung von der Montan-Industrie zu einem breit aufgestellten Standort vollzogen habe. „Von Kohle und Stahl zu Bits und Bytes“ fasste Jacobi diese Entwicklung zusammen. Damit würden aber auch die Anforderungen und Erwartungen an den Standort steigen.

In aktuellen Wirtschaftsrankings hat Essen Mülheim den Rang abgelaufen

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In einem vom Institut der deutschen Wirtschaft (IDW) erstellten Ranking rangiere Mülheim hinsichtlich der wirtschaftlichen Dynamik auf Platz 229 von 400. Das hiesige Wirtschaftsniveau stufe das IDW auf Position 373 ein. Das sei weder Grund zur Resignation noch zum Zurücklehnen, so Jacobi. „Das muss angepackt werden!“ Er betonte den großen Mangel an Wirtschaftsflächen in Mülheim. „Die sind momentan ausverkauft, aber Mülheim ist in Sachen Gewerbeflächen in Bewegung. Es braucht aber Zeit, die Standorte herauszuputzen.“ In einem Punkt sieht er konkreten Handlungsbedarf und appellierte damit direkt an den anwesenden OB Marc Buchholz. Der Gewerbesteuer-Hebesatz sei zu hoch. „Da muss die Stadt tätig werden“, so Jacobi.

Buchholz leitete mit der Bemerkung ein, dass Umfragen trügerisch sein könnten. Er betonte, dass der 373. Platz in einer Rangliste nicht glücklich stimmen könne, Mülheim damit aber noch vor anderen Ruhrgebietsstädten wie Bochum, Dortmund, Duisburg und Gelsenkirchen liege. „Nur Essen liegt im Ruhrgebiet vor uns.“ Das Stadtoberhaupt merkte an, dass Stadtverwaltungen in der Vergangenheit Aufgaben nicht erledigt hätten, betonte aber auch die aktuellen Bemühungen um weitere Wirtschaftsflächen am Flughafen oder auf dem ehemaligen Vallourec-Gelände.

Mülheimer Unternehmen beklagen Mangel an Gewerbeflächen

Im Anschluss an das Grußwort des OB stellte Jan Borkenstein, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK zu Essen, die Ergebnisse der Umfrage seines Verbands unter Mülheimer Unternehmerinnen und Unternehmern vor. „Das Ergebnis ist durchmischt. Die Betriebe zeigen sich zwar insgesamt zufrieden. Sie sehen aber eine Reihe von Stellschrauben, an denen die Stadt dringend nachjustieren muss.“

Erstgenannt ist dabei ein ums andere Mal die Schaffung weiterer Wirtschaftsflächen. Dringenden Nachholbedarf sehen die Unternehmen bei der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur, die als wichtigster Standortfaktor benannt wird. Auch an der Höhe des Gewerbesteuer-Hebesatzes übten Unternehmer Kritik. Oberbürgermeister Buchholz gab an dieser Stelle zu bedenken, dass eine Senkung der Steuer angesichts der Schulden der Stadt gar nicht möglich sei. „Wenn ich den höchsten Preis habe, dann muss ich auch die beste Leistung anbieten“, kommentierte Jan Borkenstein die hohe Gewerbesteuer. Insgesamt bewerten die Mülheimer Unternehmen die wirtschaftliche Gesamtlage in ihrer Stadt mit der Schulnote 2,99.

Im Anschluss stellte sich Buchholz den Fragen anwesender Unternehmer. Der Inhaber einer Logistik-Firma merkte an, dass das ehemalige Vallourec-Areal massiven Nachholbedarf hinsichtlich seiner Verkehrsanbindung habe. Buchholz informierte, dass der Entwickler der Fläche bereit sei, sich an diesbezüglichen Entwicklungskosten zu beteiligen.

Der Mülheimer Unternehmer (und einstige OB-Gegenkandidat) Horst Bilo zeigte sich über die Tatsache verwundert, dass es einerseits sehr viele brachliegende Wirtschaftsflächen gibt, andererseits aber die bereits erwähnte große Nachfrage danach bestehe. Der Oberbürgermeister erläuterte, dass es wohl nicht wenige Eigentümer gebe, die es aus verschiedenen Gründen vorzögen, alte Gewerbe-Objekte nicht zu modernisieren, oft, weil die Investitionskosten zu hoch seien.

Ansiedlungswillige Firma: „Wir finden einfach keine geeignete Fläche in Mülheim“

Ein sehr konkretes Anliegen trug ein Vertreter des Gartenbau-Unternehmens Trautmann vor. „Wir würden unseren Standort in Essen gerne auflösen und alles hier nach Mülheim holen, aber wir finden einfach keine geeignete Fläche“, beklagte er. Der Oberbürgermeister bot ein Gespräch an, um gemeinsam Lösungsmöglichkeiten zu finden.

Am Ende blieb der Eindruck, dass die Mülheimer Unternehmen fest in ihrer Stadt verwurzelt sind, es aber massiver positiver Entwicklungen bedarf, um die Zukunft der hiesigen Wirtschaft zu sichern und nicht nur die hier beheimateten Unternehmen zu halten, sondern auch neue anzulocken.

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