Mülheim. Wie steht der Wirtschaftsstandort da, mit welchen Problemen sehen sich Mülheimer Unternehmer konfrontiert? Ein Austausch gab viele Antworten.
Wie es aktuell um den Wirtschaftsstandort Mülheim bestellt ist, beleuchteten rund 100 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung beim traditionellen Katerfrühstück des hiesigen Unternehmerverbandes. Mancher schilderte Regularien als Hemmschuh.
Sich nicht auf den Erfolgen der vergangenen Zeit auszuruhen – Stichwort Flächenentwicklung, allen voran die Vermarktung des Vallourec-Geländes – sondern vorauszudenken und die nächsten, notwendigen Schritte einzuleiten zur Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Mülheim, darauf drängte der Vorsitzende des Unternehmerverbandes, Hanns-Peter Windfeder, denn: „Wir stehen vor längerfristigen Prozessen, deshalb ist es wichtig, schon jetzt ein Problembewusstsein zu schaffen.“
Mülheimer Unternehmerverband: „Bei der Politik fallen die kleinen Unternehmen hinten über“
Nicht zuletzt zielte der Vorsitzende des Unternehmerverbandes Mülheimer Wirtschaft, eine Interessensvertretung von rund 180 Firmen aus unterschiedlichen Branchen, damit in Richtung Gesetzgeber. Der Mittelstand finde vielfach zu wenig Beachtung, so der Eindruck, der ihm häufig gespiegelt würde. „Bei der Politik sind vielleicht noch die Konzerne im Fokus, die kleineren Unternehmen aber fallen hinten über.“ Dabei habe gerade der Mittelstand mit ganz eigenen Problemen zu kämpfen.
Umfrageergebnisse untermauerten dies. So gaben rund 60 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen inzwischen als Gefahr für den Standort einschätzen. „Damit steht dieser Aspekt auf einer Ebene mit den gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen sowie dem Fachkräftemangel“, skizzierte Windfeder die Tragweite.
Erklärtes Ziel: Die Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Mülheim stärken
Erneut unterstrich Windfeder die aus seiner Sicht richtige Entscheidung, die Wirtschaftsförderung in Mülheim „zurück zur Politik zu holen. So werden unsere Belange in den Fraktionen und im Verwaltungsvorstand anders diskutiert.“ Als Beispiel führt Windfeder die Diskussion über Gewerbeflächen an, die in Mülheim über Jahre stagniert hatte. Inzwischen seien Entscheidungsträger dahingehend sensibilisiert. Für seine Aussage, dass dadurch inzwischen im Sinne dieser Stadt entschieden würde, erntete Windfeder spontanen Applaus aus dem Publikum.
Um die Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes zu stärken, forderte Windfeder künftig genauso konsequentes Vorgehen bei Entscheidung über die anderen zu entwickelnden Gewerbeflächen, wie Mülheim-West und dem Flughafen.
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Mahnende Worte allerdings fand der Vorsitzende des Unternehmerverbandes in Sachen Gewerbesteuer. „Hier sind wir Tabellenführer und das geht nicht. Da darf vorne keine fünf stehen.“ Und auch bei der Infrastruktur sei mit Blick auf den Fachkräftemangel Luft nach oben: „Mitarbeitende wollen Lebensqualität und verlässliche Kinderbetreuung.“
Mülheimer Unternehmer fordert weniger Bürokratie und Regularien
Für den Mülheimer Unternehmer Gerd Kleemeyer ist der Aspekt der Rahmenbedingungen, unter denen er seine beiden Firmen Gera Chemie und Klemafol GmbH in Mülheim führt, ein entscheidender. „Man müsste das Zuviel an Verordnungen und Gesetzen angehen.“ Seine Forderung untermauert der Firmenchef mit Beispielen: „Wir sind im B2B-Bereich verpflichtet, elektronische Rechnungen in einem bestimmten strukturierten elektronischen Format zu erstellen.“ Diese E-Rechnungen müssen einer EU-Richtlinie entsprechen, nach der etwa PDF-Dateien nicht als E-Rechnung gelten. Für mittelständische Unternehmen wie die von Kleemeyer bedeute die Umstellung einen immensen Aufwand.
Ebenso bremse die Verpflichtung zur elektronischen Arbeitszeiterfassung seine unternehmerische Flexibilität aus. „Vorher hatten wir Vertrauensarbeitszeit - wenn‘s Arbeit gab, waren meine Mitarbeitenden da, wenn nicht, dann nicht“, schildert der Firmenchef. „Jetzt muss ich sie acht Stunden im Betrieb halten, auch wenn gerade nicht viel zu tun ist.“
Mülheimer Firmenchef bekommt Stagnation im Bausektor zu spüren
Und diese Zeiten gebe es derzeit durchaus. Denn ihn als Zulieferer der Bauindustrie treffe die undurchsichtige Entwicklung der Zinsen, die Nachfrage an Bauprojekten sei spürbar zurückgegangen. Noch fühlt sich Kleemeyer mit seinen Firmen gut aufgestellt: „Die vergangenen drei Jahre waren gut, so konnten wir vorsorgen - auch weil sich abgezeichnet hat, dass höhere Zinsen und Inflation drohen.“
Entlassungen musste der Unternehmer daher nach eigener Aussage noch nicht aussprechen, bemerkbar aber mache sich die Lage im Betrieb schon: „Einen Rentner, der gerne noch etwas gearbeitet hätte, kann ich deshalb nicht weiter beschäftigen.“
Wie wohl manchem Unternehmer fehlt Gerd Kleemeyer eine eindeutige Perspektive, die aufzeigt, in welche Richtung Zinsentwicklung und Gesetzesplanung gehen, um längerfristig planen zu können – eben genau so, wie Unternehmerverbandschef Windfeder es in seinem Vortrag eingefordert hatte.
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