Mülheim. Mülheims Rhein-Ruhr-Zentrum wartet seit Jahren auf die Modernisierung, viele Läden stehen leer. Eine Händlerin erzählt, was das für sie bedeutet.

Immer weiter hatte sich die versprochene Sanierung des Rhein-Ruhr-Zentrums in den vergangenen Jahren nach hinten verschoben, der dafür geplante Leerstand aber bleibt. Eine Händlerin erzählt, was das für sie bedeutet und was sie sich von den neuen Investoren erhofft.

Mit der Boutique „Lion de Luxe“ hat sich Annett Muß-Mitzscherling sich einen Traum erfüllt. 31 Jahre lang war sie als Bürokauffrau in einer großen Druckerei tätig, bevor sie sich im September 2019 entschied, den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen - bereits im November des selben Jahres eröffnete ihr kleines Textilgeschäft.

Die Corona-Lockdowns bewältigte die Mülheimer Händlerin gut

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Das Rhein-Ruhr-Zentrum war dabei der erste Standort, den sie sich anguckte, denn sie hängt an dem Center, das sie bereits aus Kindertagen kennt. In dem kleinen Ladenlokal am Osteingang verkaufte Muß-Mitzscherling zunächst Bekleidung, Modeschmuck und Geschenkartikel verschiedener deutscher und niederländischer Marken. Dabei achtet sie auch heute auf Nachhaltigkeit ihrer Produkte und versucht, auf Textilien zu setzen, die in Europa produziert werden.

Kurz nach der Eröffnung: die Corona-Pandemie. Aber was für viele Händler eine schwierige Zeit war, bewältigte die frischgebackene Ladenbesitzerin nach eigener Schilderung gut: „In diesen beiden Jahren habe ich Gewinne gemacht“, erzählt Annett Muß-Mitzscherling. Ihre Kunden bestellten während der Pandemie online und zwei bis drei Mal die Woche fuhr die Händlerin in der Boutique, um Bestellungen zu übergeben. Anfang 2021 wollte sie sich sogar vergrößern, aber mehr Verkaufsfläche gab es für sie im RRZ nicht.

Hoher Leerstand im Rhein-Ruhr-Zentrum und wenig neue Kundschaft belastend

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Die Schwierigkeiten begannen kurz danach: Mit den Energiepreisen und dem Mindestlohn stiegen die Betriebskosten des Ladens, die Kaufkraft sank. So entschied Muß-Mitzscherling, auch günstigere Produkte in ihr Sortiment aufzunehmen. Kunden kämen aber wenige ins Center und viele fragten: „Was sollen wir hier?“

Eigentlich sollte die Renovierung des Rhein-Ruhr-Zentrums bereits 2020 beginnen, dafür ließ das vorherige Center-Management auf Geheiß der vormaligen Eigentümer viele Mietverträge auslaufen. Etwa 20 bis 25 Prozent kalkulierter Leerstand sollte Platz für die Bauarbeiten schaffen. Aber die verzögerten sich immer weiter. Während der Leerstand blieb. . .

Händlerin im Rhein-Ruhr-Zentrum: „Wir brauchen hier junge Leute drin“

Darin sieht Annett Muß das größte Problem. Denn mit ihrem Geschäft möchte sie eine breite Kundschaft ansprechen, von jungen Erwachsenen bis hin zu Rentnerinnen. Das Publikum des Centers bestehe aber vor allem aus Stammkunden, von denen nicht wenige auch nur zum Kaffeetrinken kämen.

Im Juli dieses Jahres übernahmen mit der Eurofund Group (Madrid) und dem Investmentfonds Signal Capital Partners (London) neue Investoren das Einkaufszentrum. Auch sie schmieden große Umbau-Pläne. Annett Muß erhofft sich von den neuen Eigentümern aber vor allem, dass neue Mieter an Bord geholt werden - am liebsten große Ketten, die auch Jugendliche und jüngere Erwachsene ansprechen, denn „wir brauchen hier junge Leute drin“, so die Händlerin.

Viele Kunden fragen nach der Zukunft des Rhein-Ruhr-Zentrums

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Ähnlich sieht das die Filialleiterin der Schmuck-Kette „Konplott“, die 2021 aus den Karstadt-Arkaden heraus in ein eigenes Ladenlokal unweit von „Lion de Luxe“ zog. Sie hofft auf eine gemischtere Kundschaft und Läden, die Kinder und Familien ansprechen. Ihre Kunden würden oft fragen, wie es mit dem Center weitergeht, und äußerten häufig den Wunsch nach mehr Fachgeschäften: „Bestimmt zweimal am Tag beantworte ich so eine Frage“, berichtet die Händlerin. „Die Zoohandlung wird oft erwähnt.“

In der Boutique bestätigt das auch eine Kundin. Eigentlich komme sie gerne zum Shoppen hierher, aber Schuhläden fehlen ihr und vor allem bei den kleineren Geschäften habe „man Angst, dass die morgen zu sind“.

Ladenbesitzerin hat Hoffnung für Mülheims Einkaufszentrum an der A 40

Diese Sorge hält Annett Muß-Mitzscherling für realistisch. Wie auch andere Händler musste sie in den vergangenen Monaten ihre Öffnungszeiten einschränken, denn außer ihr steht nur ihre 76-jährige Mutter gelegentlich hinter der Ladentheke. Personal sei kaum zu kriegen und abends komme ohnehin wenig Kundschaft. Um darauf zu reagieren, wünscht sie sich, dass die Öffnungszeiten womöglich im ganzen Center ein wenig verkürzt werden, aus anderen Städten kenne sie das.

Sie selbst ist wohl noch mindestens bis Ende 2024 in ihrem Laden, denn bis dahin läuft ihr Mietvertrag. Danach wird sie ein Rückenleiden behandeln lassen müssen, bevor sie überlegt, wie es mit „Lion de Luxe“ weitergeht. Gerne hätte sie den Mietvertrag deshalb vorzeitig beendet, das sei aber trotz potenziellem Nachmieter nicht möglich gewesen, sagt sie.

Eventuell verkaufe sie ihre Textilien zukünftig von zu Hause an Stammkunden, aber „vielleicht starte ich auch hier wieder durch“, sagt Annett Muß-Mitzscherling. Grundsätzlich glaubt sie, wie auch die Filialleiterin von „Konplott“, dass viele Leute Interesse an dem Center haben, und sie begeistert sich für ihr Geschäft. Als unser Fotograf fragt, ob sie auf dem Bild lächeln möchte, ist ihre Antwort klar: „Eigentlich schon. So kennen mich meine Kunden auch.“

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