Moers. Mehr als 600 Menschen fieberten beim Public Viewing im Solimare in Moers mit der Nagelsmann-Elf. Ein Wechselbad der Gefühle. Das sagen die Fans.

Vorfreude und Anspannung liegen in der Luft. Die Wiese vor der großen Leinwand im Moerser Solimare füllt sich mit Menschen in rosafarbenen Auswärts- sowie weißen Heimtrikots der deutschen Nationalmannschaft. Viele haben sich mit Regencapes und -schirmen gegen potenzielle Regengüsse gewappnet. Nach dem Abbruch des Public Viewings im Freibad beim Achtelfinalspiel Deutschlands gegen Dänemark aufgrund der Wetterverhältnisse will man sich dieses Mal die Stimmung nicht trüben lassen.

„Gibt ja aktuell wenig, worüber man sich freuen kann“, meint Anja H., „da muss man sowas doch mitnehmen.“ Die Moerserin trotzt dem anfänglichen Nieselregen in ihrem großen Regenponcho, den sie über ihrem Fan-Shirt trägt. „Es wäre noch schöner bei 25 Grad und Sonne“, gesteht sie lachend. Den Reiz des gemeinsamen Fußballguckens könne der graue Himmel ihrer Meinung nach nicht schmälern. „Wenn dann ein Tor fällt, ist die Freude gemeinsam nochmal größer“, sagt sie vor Spielbeginn.

Spieltipps des Moerser Publikums: Zwischen Optimismus und Realismus

Das sieht Kathrin Retz ähnlich. Die gebürtige Moerserin ist aus ihrer Wahl-Heimat Köln angereist, um das Viertelfinale mit Freunden zu schauen. „Man spürt die Stimmung und die Emotionen viel intensiver mit den ganzen anderen Leuten um sich herum.“ Ihr Tipp für den Spielausgang: „3:2 für Deutschland.“ Fußballfan Timo Schmidt ist dahingehend weniger optimistisch. „Realistisch sage ich, Spanien gewinnt, aber man hofft natürlich, dass es anders ausgeht.“ Er soll leider recht behalten.

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Anpfiff. Alle Blicke sind auf die Leinwand gerichtet. Während in Stuttgart die Sonne scheint, nieselt es in Moers weiter. Hier und da fällt ein fachmännischer Kommentar. „Spiel ab!“, „Andrich hätte das nicht gemacht.“ Als Kommentator Wolff Fuss von Magenta TV äußert, Toni Kroos wirke heute etwas krawallig im Zweikampf, tönt es prompt aus dem Publikum: „Ja, weil es ja auch sein letztes Spiel ist.“

Beim Public Viewing im Moerser Freibad fiebern über 600 Besucher mit

Knapp über 600 Fußballfans sind zum Public Viewing ins Solimare gekommen. Unabhängig vom Wetter seien zu den Spielen mit deutscher Beteiligung immer in etwa so viele Personen da gewesen, wie Bettina Böttcher vom Sicherheitsdienst Basic Security aus Voerde, der beim Moerser Public Viewing darauf achtet, dass alles friedvoll abläuft, berichtet. Bislang seien die Public Viewings ohne Zwischenfälle vonstattengegangen. „Hier ist alles ruhig – keiner, der Krawall macht“, bilanziert die Security-Mitarbeiterin.

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Halbzeitstand: 0:0. Am Bierwagen und der Imbissbude stehen die Leute Schlange, um sich für die zweite Halbzeit mit Bratwurst, Pommes Rot-Weiß und Bier auszustatten. Bei Baris Kaya und Elias Merten ist die Stimmung noch gut: „Wir sind noch optimistisch, die Chancen stehen 50 zu 50, würde ich sagen“, meint Merten. Sein Kumpel nickt ihm beipflichtend zu. „Wenn Wirtz und Füllkrug jetzt reinkommen, dann wird das was“, so Kaya. Julian Nagelsmann, Nationaltrainer, scheint zu einem ähnlichen Schluss gekommen zu sein. Die zweite Spielhälfte beginnt mit Florian Wirtz auf dem Platz.

Stadionatmosphäre durch gute Akustik in Moers

Dann, in der 52. Spielminute, fällt das erste Tor für Spanien. In Moers reagiert man mit Entsetzen und Kopfschütteln. Die Uhr läuft weiter. Mit jeder Minute wird auch das Moerser Publikum unruhig. Als Kai Havertz allein vor dem gegnerischen Tor steht, jedoch über die Latte hinwegschießt, werden Hände über den Köpfen zusammengeschlagen. Frisuren leiden unter dem Haareraufen verzweifelter Fußballfans.

Umso überschwänglicher fällt die Reaktion aus, als Deutschland kurz vor Ende der offiziellen Spielzeit den Ausgleich erzielt. In Stuttgart toben die Fans auf den Rängen – in Moers fliegen Bierbecher in die Höhe, begleitet von Freudentänzen und Jubelrufen. Dass die Emotionen aus dem Stadion im Süden Deutschlands sich auf die Menge im Moerser Schlosspark zu übertragen scheinen, ist nicht zuletzt den Tontechnikern des ES Event-Service Niederrhein zu verdanken, der das Rudelgucken organisiert. Die gute Akustik sorgt für Stadionatmosphäre auf der Freibadwiese.

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Den Spielverlauf können die Mitfiebernden nicht nach Wunsch beeinflussen. Die Nachspielzeit aufgrund des Gleichstands neigt sich dem Ende zu. Die meisten haben sich gedanklich wohl schon auf ein Elfmeterschießen eingestellt, als Spanien überraschend erneut in Führung geht. Betretenes Schweigen macht sich im Moerser Publikum breit. Dass das Spiel in drei Minuten inklusive Nachspielzeit kaum noch zu wenden ist, darüber scheint Konsens zu herrschen. Dann der Abpfiff. Deutschland scheidet im Viertelfinale nach einem 120-minütigen Kampf auf dem Platz aus. „Trotzdem haben sie gut gespielt“, hört man einen enttäuschten Fan auf dem Weg vom Gelände zum Parkplatz sagen. Schnell leert sich die Wiese vor der Leinwand. Für das zweite Viertelfinale, das ebenfalls übertragen wird, bleiben die wenigsten vor Ort.