Neukirchen-Vluyn. Der Rat hat am Mittwoch beschlossen, wie es mit der Nachnutzung am Klingerhuf in Neukirchen-Vluyn weitergeht. Es gab eine wesentliche Kritik.

Die Planungen für den Klingerhuf in Neukirchen-Vluyn können in die nächste Phase gehen. Der Rat der Stadt hat in seiner jüngsten Sitzung am Mittwoch grünes Licht für das Projekt gegeben. Somit kann das Konzept „Permakultur-Reallabor Klingerhuf“ durch den Verein Permakultur-Niederrhein e.V. weiterverfolgt werden. Es sieht unter anderem einen Dauerwald, einen Nahrungswald, einen Hofladen, Platz für Tinyhouses und Bildungsangebote vor. In einem ersten Schritt ist ab 2025 die Nutzung des Vereinsheimes vorgesehen. Allerdings gab es in der Stadtratssitzung doch noch Diskussionsbedarf.

Insbesondere ging es den politischen Vertreterinnen und Vertretern darum, die Steuerung des Projektes nicht komplett aus den Händen zu geben. So warf der CDU-Fraktionschef Markus Nacke ein: „Die Bedenken sind noch nicht hundertprozentig ausgeräumt, insbesondere, was die finanziellen Risiken angeht.“ Wo liegen die Risiken? Und wie könne man eine Risikominimierung betreiben, wollte er wissen. Der Fraktionsvorsitzende nannte dabei die Kosten in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro für die Sanierung des Vereinsheimes. Was geschehe, wenn die Stadt die vorgesehenen Fördergelder nicht erhalte? Nacke: „Es suchen doch alle verzweifelt nach Geld.“ Im Konzept ist von einer bis zu 90-prozentigen Förderung die Rede.

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Christian Pelikan (Bündnis 90 / Die Grünen) forderte den Mut, etwas zu beschließen, ein, der Verein Permakultur habe bereits eine gute Vorarbeit geleistet. Und Bürgermeister Ralf Köpke sagte, es seien genug Reißleinen da. Abgesehen davon sei man noch gar nicht an dem Punkt, dass das Vereinsheim für die besagte Summe saniert werden müsse.

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Gleichwohl nahmen die Ratsvertreter mit in ihren Beschluss auf, dass der Rat das Konzept wohlwollend zur Kenntnis nehme, die Stadt aber die wirtschaftlichen Auswirkungen permanent prüfen möge, ebenso soll die Umsetzung fortlaufend geprüft werden. Die notwendigen Haushaltsmittel werden für 2025 eingestellt. Damit sei „ein guter Kompromiss“ gefunden, urteilte Bürgermeister Köpke.

Darum geht es im Konzept für den Klingerhuf in Neukirchen-Vluyn

Konkret gemeint ist mit dem Reallabor nicht nur ein Dauerwald, sondern auch ein Nahrungswald, in dem Nüsse, Früchte, Beere, Gemüse und Pilze nachhaltig angebaut werden können. Im sogenannten Permakultur-Garten könnte ein Hofladen entstehen, in dem Gäste die regional produzierten Lebensmittel kaufen können. Naturnahe Bildungsangebote sollen Kinder und Jugendliche an den Klingerhuf locken, hier sind zum Beispiel ein Natur-Spielplatz, Barfuß-Lehrpfade und ähnliches angedacht. Das bisherige Vereinsheim könnte dann als außerschulischer Bildungsort für Vorträge und Workshops genutzt werden.

Community soll wachsen

Der Verein Permakultur-Niederrhein, der in Rees gegründet wurde, möchte aber auf dem Gelände nicht alleine tätig werden. Angedacht, so erklärt Wirtschaftsförderin Ulrike Reichelt, ist eine Community aus Bürgerinnen und Bürgern, anderen Vereinen und Interessensgemeinschaften sowie Schulen und Kindergärten. Auch Tiny Houses und Tiny Farms sind wie bereits berichtet im Gespräch. Die Vermietung der beliebten Miniaturhäuser und kleinen Bauernhöfe könnte dazu beitragen, dass sich das Reallabor nach einigen Jahren auch wirtschaftlich rentiert. Gleiches gilt für die Erlöse aus Veranstaltungen und Bildungsangeboten, den Verkauf regionaler Lebensmittel im Hofladen sowie Mitgliedsbeiträge und Spenden. Ein Waldkindergarten war im vergangenen Jahr ebenfalls im Gespräch, hierzu gibt es aber keine neuen Entwicklungen.

Wäldchen am Klingerhuf.
Wäldchen am Klingerhuf. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Laut Beschlussvorlage sollen das Vereinsheim sowie die dazugehörigen Flächen pachtfrei überlassen werden. Der notwendige Umfang der Sanierung des Vereinsheims und des Sanitärgebäudes seien noch einmal zu verifizieren, die Sanierung soll in Abhängigkeit von Fördermittelzugängen erfolgen. Die Verwaltung soll dem Verein Permakultur-Niederrhein nach dem positiven Ratsbeschluss nun helfen, die entsprechenden Fördermittel für nachhaltige Entwicklung in Umweltbildungseinrichtungen zu beantragen. Die Ergebnisse dieser Fördergespräche sollen dann Ende des Jahres vorgestellt werden. Eine unmittelbare Sanierung des Vereinsheims sei aber nicht zwingend notwendig und könne auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, so Reichelt. „Das Gebäude kann derzeit trotzdem genutzt werden.“ Im Moment ist dort noch eine Tanzschule ansässig, die auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten ist.

Bürgermeister bezeichnet Projekt als „Highlight“

Als „Highlight“ für Neukirchen-Vluyn bezeichnet Bürgermeister Ralf Köpke das Projekt, das auch in Sachen Nachhaltigkeit Vorbildcharakter haben und Touristen anziehen könnte. Das Projekt soll laut Beschlussvorlage zur Sensibilisierung verschiedener Altersgruppen für die Auswirkungen des Klimawandels beitragen und Ansätze für nachhaltige und klimafreundliche Methoden der Lebensmittelerzeugung und Grünflächengestaltung vermitteln. Gleichzeitig trage die Entwicklung des Klingerhufs zur dauerhaften und ökologisch wertvollen Begrünung des Areals bei und sei damit ein Beitrag zu den kommunalen Bemühungen hinsichtlich der Klimafolgenanpassung. Ein Reallabor wie es am Klingerhuf geplant ist gibt es bislang deutschlandweit noch nicht.