Moers. Die Pflegefachschule Bethanien in Moers und die Einrichtung FachWerk Kreis Wesel bieten eine Teilzeitausbildung Pflege an. Wie das funktioniert.

Der Personalmangel in der Pflege macht erfinderisch. Da besinnen sich Kliniken und Fachschulen auf Ressourcen, die früher nicht im Blickfeld waren. „Wir bieten ab Mai eine Teilzeitausbildung zur Pflegefachkraft an“, berichtet Birsel Kasilmis, Chefin der Pflegefachschule Bethanien. Zielgruppe: „Das sind Mütter, die wegen der Kinder unsere übliche dreijährige Ausbildung nicht wahrnehmen können. Aber auch Frauen, die nach Corona beispielsweise nicht mehr in Berufe wie Verkäuferin zurück möchten.“ Zudem seien pflegende Angehörige sowie junge Leute, die weniger arbeiten wollten, angesprochen. Und: Dabei gibt es so etwas wie ein Rundum-Paket an Hilfe und Unterstützung.

Statt drei Jahre dauert die Teilzeitausbildung vier Jahre. „Wir beginnen um 8.30 Uhr, um 14.30 Uhr ist Schluss. Damit Mütter ihre Kinder oder Pflegende ihre Angehörigen versorgen können“, berichtet die Schulleiterin. Man gehe mit den Zeiten individuell auf die Möglichkeiten der Schüler ein, wobei sie in der Praxis trotzdem die gesamte Palette der Pflege kennenlernten. „Üblicherweise läuft die Ausbildung wochenweise im Wechsel zwischen Früh- und Spätschicht. Das kann nicht jeder leisten, der Familie hat.“ Weiterer Vorteil, so Markus Schroller als Leiter der Bethanien Akademie: „Die Teilzeitausbildung reicht auch nur über 30 statt sonst 38,5 Wochenstunden.“

Die Pflegefachschule Bethanien starte jährlich mit fünf Kursen, in denen jeweils 28 Schüler seien, berichtet Angelika Linkner als Pflegedirektorin. Dabei kooperiere man mit Partnerkliniken wie in Neuss. „Die Bewerberzahlen sinken überall“, weiß die Fachfrau. „Obwohl wir doch einen tollen Beruf haben.“ Man wolle sich verstärkt auch an ältere Frauen wenden, die sonst kaum eine Ausbildung bekämen. Auch, wenn sie später nur in Teilzeit arbeiten wollten, sei hochwillkommen. „Jeder und jede einzelne helfen uns, da liegt ein großes Potenzial.“

Die Neuen werden zudem auch bei allen organisatorischen Dingen rund um die Ausbildung nicht alleingelassen. Die Fachkräfte der gemeinnützigen Einrichtung FachWerk Kreis Wesel, Hauptsitz im Moerser Feld 7, Bildungsträger für Erwachsenenbildung, helfen mit Rat und Tat. Wie Jessica Andrischack-Schützmann und Annika Splitek: „Wir beraten von der beruflichen Orientierung bis zum Finden eines Ausbildungsplatzes.“ Das beinhalte auch das Finden eines Kita-Platzes, die sozialpädagogischen Betreuung und die Randzeitenbetreuung für das Kind. Auch Förderung, wenn das Geld nicht reiche, sei möglich.

Zudem: Schulung, was Sprachkenntnisse und Rechtschreibung angeht, bieten FachWerk aber auch die Bethanien-Akademie außerdem an. Coaching und Lernberatung sowie Laptops für junge Leute für den Zugriff auf die Lernbank gebe es ebenfalls, wie die Pflegedirektorin unterstreicht. Ganz wichtig: Im Juli soll die Pflegeschule in die schönen Räume des zurzeit entstehenden Neubaus einziehen.

In Neuss habe man vor Jahren mit der Teilzeitausbildung begonnen. „Das wurde anfangs belächelt, war dann aber ein Riesenerfolg“, weiß Angelika Linkner. Also, bevor nun Interessierte umständlich nach Zeugnissen kramten: „Erst mal hierher kommen und mit uns reden. Wir können vieles möglich machen!“ Es sei ein toller Beruf, auch noch nach 44 Jahren, meint Linkner als gelernte Kinderkrankenschwester.

Per Gesetz umfasst die Ausbildung zur Pflegefachkraft 2100 Stunden Theorie und 2500 Stunden Praxis. Beides wechselt sich blockweise ab. Der Urlaub für die Teilzeitschüler wird möglichst in die Schulferien gelegt. Spätere Qualifizierungen wie zur Anästhesiefachkraft, gleichgesetzt mit einem Bachelor, sind möglich.