Kamp-Lintfort. Eine Ausstellung erzählt die hundertjährige Geschichte des Schirrhofs vom Pferdestall bis zum Kulturzentrum. Ab Samstag kann sie besucht werden.
Nach langen Monaten der Corona-Pandemie öffnet sich der „Pferdestall“ im Schirrhof am Wochenende erstmals für Besucher: Eine Ausstellung, kuratiert von Stadt und Fördergemeinschaft für Bergmannstradition, erzählt die 100-jährige Geschichte des komplett sanierten und restaurierten Gebäudes. Dazu wird am Sonntag auch der Lehrstollen wieder Führungen für Interessierte anbieten.
Auf zehn großformatigen Tafeln mit historischen ebenso wie aktuellen Fotos und Dokumenten können Besucher die Entwicklung des 1920 von Zechenbaumeister Johann Onnertz errichteten Gebäudes verfolgen. Konzeptioniert hat die Ausstellung Stadtarchivar Dr. Martin Klüners.
Reise durch das letzte Jahrhundert
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Auf der Reise durch das letzte Jahrhundert lassen sich nicht nur viel Geschichte, sondern auch viele Geschichten entdecken. Der einstige Pferdestall diente von 1920 bis wohl in die 1950er Jahre hinein zur Unterbringung der Tagespferde im Bergbau. Ganz bewusst wurden bei der Restaurierung in dem demnächst als Veranstaltungsort genutzten Raum die eisernen Ringe, an denen die Pferde angeleint waren, belassen.
Ihren Weg in die Zechen an Rhein und Ruhr fanden die Tiere über eine Leihfirma. Im Falle der Zeche Friedrich-Heinrich über die Firma Bischoff aus Gelsenkirchen. Dabei liefert auch der Schriftverkehr zwischen der Firma Bischoff und der Zeche Einblicke in das Zeitgeschehen.
Warum es „Futtsack“ heißt
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So ist zu Beginn der 1930er Jahre wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage etwa die Rückgabe von Pferden ein großes Thema: „Wir würden Ihnen daher die Pferde Nelly, Schotte, Ally, Achilles und Wallone zurückgeben“, ist in dem per Einschreiben versandten Brief zu lesen.
Im zweiten Weltkrieg trifft es bei der Bombardierung der Zechenanlagen auch die Tiere: „Korro“ wird durch Splitter einer Sprengbombe verwundet. Warum Menschen am Niederrhein und im Ruhrgebiet, wenn ihnen ein Malheur passiert, sagen: „Da ist Futtsack (manche schreiben Fuzzack)“, wird ebenfalls erklärt: Die Grubenpferde unter Tage spürten drohende Probleme als erste. Um sie zu beruhigen, hängte man ihnen ihren „Futtersack“ über den Kopf. Daraus entwickelte sich das Wort „Futtsack“ als Begriff dafür, wenn eine Situation kniffelig zu lösen ist.
Haus des Bergmanns öffnet nächste Woche
Zu Beginn der 1960er Jahre bezieht die Werksfeuerwehr dann Quartier im Schirrhof, später wird der Gebäudekomplex die Ausbildungsstätte der Zeche. Auch nach dem Ende des Bergbaus wird der Schirrhof weiter genutzt – erst durch die Hochschule und später dann als Flüchtlingsunterkunft – auch darauf geht die Ausstellung ein.
Nach dem Neustart mit Ausstellung und der Wiedereröffnung des Lehrstollens geht es ab dem 6. Juni weiter im Haus des Bergmanns. Geduld ist noch für die Fahrt auf den Zechenturm gefragt: „Hier mussten wir technisch für den Brandschutz nachrüsten. Ich hoffe aber, dass das in zwei bis drei Wochen erledigt ist“, so Dezernent Christoph Müllmann.
INFO: Zur Besichtigung der Ausstellung ist der Schirrhof Samstag, 29. Mai, von 10 bis 15 Uhr und Freitag, 4. Juni, von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Terminanmeldung für einen 30-minütigen Aufenthalt ist im Infozentrum Stadt und Bergbau, 0162/2538981 möglich.
Im Lehrstollen starten die Führungen ab Sonntag, 30. Mai. Führungen (max. zehn Personen pro Gruppe) können zwischen 14 und 17 Uhr im Infozentrum Stadt und Bergbau oder bei der Fördergemeinschaft (02842/9213594) gebucht werden.