Neukirchen-Vluyn. Mit harscher Kritik garniert Angelika von Speicher ihren Austritt aus der Grünen-Fraktion. Chef Thomas Wagener weist die Vorwürfe von sich.
Angelika von Speicher hat in ihrer noch recht jungen politischen Karriere nie das deutliche Wort gescheut. Das tut sie auch diesmal nicht. Mit einer deftigen Stellungnahme hat sie am Mittwoch ihren Austritt aus der Grünen-Fraktion begründet. Darin wirft sie der Partei und der Fraktion Intransparenz, mangelnde Kritikfähigkeit und fehlenden Diskussionswillen „zu Gunsten einer fragwürdigen Harmonie“ vor.
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In ihrem Schreiben deutet Angelika von Speicher auch an, dass die Spannungen, die zwischen ihr und der restlichen Fraktion vor rund einem Jahr während der Bürgermeisterstichwahl zwischen Harald Lenßen und Ralf Köpke entstanden sind, nie besprochen, geschweige denn ausgeräumt wurden. Damals hatte Angelika von Speicher der SPD und ihrem damaligen Kandidaten Köpke unter anderem einen „populistischen Wahlkampf“, „Tendenz zum Personenkult“ und „Jubelrhetorik“ vorgeworfen und sich klar und deutlich für Lenßen ausgesprochen. Die Fraktion, die keine Wahlempfehlung aussprechen wollte, ging entschieden auf Distanz zu den Worten von Speichers.
Die zweite Situation, die die Entfremdung zwischen der Grünen-Fraktion und ihrem Mitglied weiter forcierte, waren die gescheiterten Koalitionsverhandlungen mit der CDU. Nach rund sechs Monaten hatten beide Fraktionen die Gespräche abgebrochen und nur eine dünne Pressemitteilung dazu formuliert. Angelika von Speicher aber wollte klar und deutlich öffentlich sagen, was zum Abbruch der Gespräche geführt hat.
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Sie habe ihre Meinung nicht mehr öffentlich sagen dürfen, sagt von Speicher und wirft einigen in der Fraktion mangelnde Kritikfähigkeit vor. „Sachliche Kritik wird von einigen als Attacke oder Angriff gewertet“, schreibt sie in ihrer Stellungnahme. Es müsse „auch möglich sein, sich in der Sache mal hart zu streiten und anschließend wieder vernünftig miteinander umzugehen“.
Seit langem habe es keine vernünftige Kommunikation zwischen ihr und der Fraktionsspitze gegeben, so von Speicher im Gespräch mit der Redaktion. Sie habe nach den Sommerferien um ein klärendes Gespräch gebeten, sei aber nicht erhört worden. Bis zur Bundestagswahl sei nichts gekommen. Da habe bei ihr endgültig der Entschluss festgestanden, die Fraktion zu verlassen. Ihr Ratsmandat aber werde sie behalten.
Grünen-Fraktionschef in Neukirchen-Vluyn kontert Vorwürfe eines ehemaligen Mitglieds
Damit schrumpft die Grünen-Fraktion im Neukirchen-Vluner Rat auf sieben Köpfe. Fraktionschef Thomas Wagener weist die Kritik Angelika von Speichers im Gespräch mit der Redaktion von sich. „Ich wüsste jetzt nicht, welches Gesprächsangebot das gewesen sein sollte“, so Wagener, der seinerseits den auf Reibung beruhenden politischen Grundhabitus Angelika von Speichers als einen Grund für den Konflikt sieht. Frau von Speicher sehe nicht, dass ihre Kritik tatsächlich als Attacke oder Angriff verstanden werden könne.
Grundsätzlich begleite der Streit die Fraktion bereits „das gesamte Jahr“ und habe sehr „viel Freude am politischen Engagement gekostet“, schreibt Thomas Wagener in einer mit Fraktions- und Parteivorstand abgestimmten Stellungnahme. „Wir möchten diesen Konflikt nicht weiter austragen: Wir sind alle nur Menschen, die sich ehrenamtlich in ihrer Freizeit für die Belange der Stadt, des Klimas sowie der Bürgerinnen und Bürger einsetzen. Wir wollen unsere Zeit nicht mit Gezanke, Querelen oder persönlichen Attacken vergeuden, denn es gibt Größeres zu tun!“
Das sieht auch Angelika von Speicher so. Sie wolle „vernünftige Sachpolitik“ im Rat machen. Jetzt könne sie freier agieren und freier sprechen. In der Partei möchte sie indes bleiben, vor allem, um sich weiterhin in der Landesarbeitsgruppe gegen Rechts zu engagieren.
Grundsätzlich identifiziere sie sich mit den Zielen der Grünen-Politik. Eine neue Fraktion mit Karin Keesen, zu der sie einen guten Draht hat, und mit André Landskrohn, ist damit momentan kein Thema. Unumstößlich sei das aber nicht, so Angelika von Speicher weiter.