Moers. 40 Jahre war Achim Krenn mit den Tummelferien in Moers verbunden. Die Veranstaltung war ihm stets Herzensprojekt. Er erinnert sich.
Am 12. Juli ist es genau 49 Jahre her, dass in Moers die Tummelferien geboren wurden. Auf dem Bolzplatz vor der Grafschafter Kampfbahn konnten gut hundert Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren drei Wochen lang ihrem Spieltrieb mit Wasser, Werkzeug, Bällen, Trampolins und vielem mehr freien Lauf lassen.
Ein abgewrackter VW wurde angemalt, ein Puppentheater zeigte „Camillo, das Kamel“. Die Veranstaltung, verantwortet von der Moerser Jugendpflege unter Leitung von Christel Ruback, war der Beginn einer Erfolgsgeschichte, die tausende Moerser Kinder immer zu Beginn der Sommerferien miterlebt haben. Nur einmal musste die Moerser Variante der Stadtranderholung ausfallen – in diesem Jahr wegen Corona. Ausgerechnet die 50. Tummelferien. Wenn es einen Erwachsenen in der Grafenstadt gibt, den die Absage schmerzt, ist es Achim Krenn (64). Es wären seine 40. Tummelferien gewesen – und seine letzten. Der Mitarbeiter des Kinder- und Jugendbüros der Stadt ist in den Ruhestand gegangen.
Achim Krenn erinnert sich gut an den 1. August 1981. Es war der erste Arbeitstag des Erziehers in Moers. Angekommen am Jugendzentrum Südring, wunderte er sich, dass neben den Betreuern nur Kinder und keine Jugendlichen in dem Haus wuselten, „wie ein Ameisennest“, erzählt Krenn. Verunsichert steuerte er auf das Büro des Südring-Chefs Reinhard Rosemann zu. Dessen erste Reaktion: „Dem haben wir vergessen, Bescheid zu geben.“ Krenn war, ohne es zu wissen, in die Tummelferien geraten. Ob er bleiben wolle, habe Rosemann gefragt. Klar, blieb Krenn.
Und er blieb fast 40 Jahre dabei. Für seine Familie war klar, sagt er, dass er immer in den ersten drei Wochen der Sommerferien im Dauereinsatz war. Die Tummelferien seien ihm stets ein Herzensprojekt gewesen. So erlebte Krenn mit, wie die Veranstaltung wuchs und wuchs. 100 Kinder kamen anfangs, in der Hochzeit waren es 1200, in den letzten Jahren um die 850 Mädchen und Jungen. Lag das Budget der ersten Tummelferien bei 5000 Mark, so sind es heute 85.000 Euro. Statt einem Standort gibt es heute fünf verteilt über die Stadt.
Krenn übernahm 1992 den zentralen Spielpunkt am Streichelzoo im Freizeitpark. Damals konnte er durchsetzen, dass im Freien getummelt wurde: „Ich wollte nicht mit den Kindern in eine Halle. Und so schlecht ist unser Wetter im Sommer nun auch nicht.“ Dort sorgte der Erzieher auch dafür, dass eine Erfindung des damaligen Jugendpflegers Reinhard Rosemann endgültig zum Hit der Ferienmaßnahme wurde: die Wasserrutsche am Rodelhügel.
Die Rutsche auf dem Rodelhügel stammt schon aus den 80er Jahren, erinnert sich der Mitarbeiter des Kinder- und Jugendbüros Achim Krenn, der soeben den Ruhestand angetreten hat. „Die bestand damals aus zwei Planen.“ Krenn sah, welchen Spaß die Kinder mit der kurzen Bahn hatten und baute sie aus. Heute ist die Rutsche 80 Meter lang, gut gepolstert mit der ausrangierten Auslegware von Messen und unverändert eines der Highlights bei den Tummelferien.
Überhaupt: „Die Kinder ändern sich nicht“, sagt Achim Krenn. Die Eltern schon. Früher hätten sie ihre Kinder losgelassen. Später hätten sich mehr und mehr Mütter und Väter eingemischt und sogar versucht, ihre Kinder in bestimmte Spielgruppen zu drängen. „Irgendwann ist mir der Kragen geplatzt. Da haben wir die Tummelferien zur ‘elternfreien Zone’ erklärt“, so der Erzieher.
Er habe stets Wert darauf gelegt, dass die Tummel-Gäste selbstständig sind: „Es gibt hier keinen Zwang und kein Drängeln, womit sich ein Kind zu beschäftigen hat“, versichert der Erzieher. „Natürlich greifen wir ein, wenn eines weint. Aber ob es auf Stelzen laufen, Federball spielen, im Baupavillon bauen oder Brettspiele machen will, bleibt seine Entscheidung.“
Achim Krenn sprudelt nur so, wenn er über die Tummelferien spricht, von den langen Filmabenden, den Tobeburgen aus Matratzen, der Überflutung des Platzes nach drei Tagen Dauerregen und den Übernachtungen aller Kinder und Betreuer im Zeltdorf, die aus Arbeitsschutzgründen nicht mehr möglich sind. Und Anekdoten hat er en masse: Als sich ein Kind darüber wunderte, dass der vermeintlich „alte Mann“ Tischtennis spielen konnte und Krenn erklärte, dass er das schon in seiner Kindheit getan habe, fragte sein Gegenüber: „Gab es damals schon Tischtennis?“
Die Corona-Absage macht Krenns Abschied zu einem traurigen Abschied. Am letzten Tag hatte er eigentlich „Tschüss“ sagen wollen: „Aber der Traum ist leider geplatzt.“ Vielleicht wird man ihn irgendwann wieder bei den Tummelferien sehen. Achim Krenns Tochter wird bald 3.
>>> Achim Krenn: mehr als „Mr. Tummelferien“<<<
Achim Krenn auf die Tummelferien zu reduzieren, würde dem engagierten Jugendarbeiter nicht gerecht. Er hat bei vielen Veranstaltungen entscheidend mitgewirkt – beim Jazz Festival, bei Folk’n Fool (heute: ComedyArts), MAMF oder „Freefall“. Er hat jeden Spielplatz mitgeplant und alle mit dem Spielmobil bereist.
Ein Promi ist Achim Krenn sicher nicht, aber bekannt wie der berühmte „bunte Hund“, schreibt die Stadt in einer Würdigung. Oft wird er von kleinen und großen Moersern erkannt: „Bist du nicht der Achim?“