Kreis Wesel. Für den sozialen Wohnungsbau stehen keine zusätzlichen Fördergelder zur Verfügung. Das hat auch Folgen für einige Projekte im Kreis Wesel.
Der öffentlich geförderte Wohnungsbau im Kreis Wesel steuert schwierigen, sogar ungewissen Zeiten entgegen. Wie Bau- und Planungsdezernent Helmut Czichy im Kreistag mitteilte, stehen vorerst keine Fördermittel zur Verfügung, Fördermittel, die dringend benötigt werden, um den sozialen Wohnungsbau kostendeckend zu gestalten. „Einige Projekte kommen nicht zum Tragen“, sagte Czichy. Auf Nachfrage der Redaktion gibt die Kreisverwaltung nun einen Ausblick darauf, was im Kreis Wesel drohen könnte.
Förderstopp bei Sozialwohnungen: „Für die gesamte Branche eine Katastrophe“
Die gesamte Baubranche steht unter Druck. Der Neubaumarkt brach ein, die Mieten im Bestand sind für viele viel zu teuer. Sowohl Bund als auch Land wollen den öffentlich geförderten Wohnungsbau vorantreiben, doch es scheitert offenbar am Geld. „Mit der öffentlichen Wohnraumförderung unterstützt das Land Nordrhein-Westfalen unter anderem die (Neu-)Schaffung von bezahlbarem Mietwohnraum“ erklärt Helmut Czichy. „Die Verteilung der Fördermittel auf die einzelnen Bewilligungsbehörden erfolgt per Erlass durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.“ Im Grunde, sagte der Baudezernent im Kreistag, handele es sich um Bundesgelder, die auf Landesebene verwaltet würden.
Das Problem im Kreis Wesel: Die bisher in diesem Jahr gezahlten Fördersummen reichen bei weitem nicht für alle beantragten Mietwohnungsbauprojekte aus.
22 Anträge auf öffentlich geförderten Wohnungsbau mit insgesamt 276 Wohnungen sind mit Stand 20. Juni bei der Kreisverwaltung eingegangen. Die voraussichtliche Fördersumme liegt bei 63,6 Millionen Euro. Das Land NRW hat in diesem Jahr allerdings nur 14,7 Millionen Euro für den Kreis Wesel bereitgestellt. „Für die geplanten Projekte, die über das gesamte Kreisgebiet verteilt liegen, fehlen demnach knapp 49 Millionen Euro“, so Czichy weiter.
Ein Grund liegt in der generell hohen Nachfrage für Wohnbauprojekte. Bislang war es laut Verwaltung so, dass das NRW-Bauministerium auch dann noch Gelder freimachen konnte, wenn das Regelbudget für Bauanträge auf Kreisebene aufgebraucht war. Das Ministerium konnte dann noch Geld für Förderungen nachschießen. Das ist augenscheinlich in diesem Jahr nicht möglich.
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„Durch die allerorts außergewöhnlich hohe Nachfrage nach den Angeboten der Wohnraumförderung ist davon auszugehen, dass das Gesamtfördervolumen in 2024 voraussichtlich nicht ausreichen wird, sodass unterjährig keine Budgetaufstockungen an die Bewilligungsbehörden mehr erfolgen können“, vermutet der Kreis Weseler Baudezernent.
Das Loch in der Förderkasse hat Folgen. Nicht alle Baumaßnahmen können umgesetzt werden. Welche Projekte letztlich gefördert werden, entscheidet sich laut Kreis im Laufe der kommenden Monate.
Für den Aufsichtsratsvorsitzenden der Grafschaft Moers Siedlungs- und Wohnungsbau GmbH, Frank Berger, ist der Förderstopp „für die gesamte Branche eine Katastrophe“. Der dringend benötigte soziale Wohnungsbau sei nur mit Förderungen möglich, weil das Verhältnis zwischen Baukosten und Maximalmieten in dem Bereich ansonsten nicht mehr darstellbar sei. „Also bauen die Unternehmen gar nicht.“ Die Folge, so Berger: „In der Mittelfristperspektive bauen wir weniger als möglich.“ Und das, obwohl die Firmen bereit und die Lieferstrukturen wieder hergestellt seien.
Bundesregierung bleibt unter ihrem Plan
Bundesweit lag die Zahl der Sozialwohnungen Ende 2023 bei insgesamt 1,07 Millionen, rund 14.000 weniger als noch 2022. Im Jahr 2023 seien von den Ländern insgesamt 49.430 Wohneinheiten im Bereich des sozialen Wohnungsbaus gefördert worden, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen Anfang Juni. Die Gesamtzahl der geförderten Wohneinheiten sei damit im Vergleich zum Jahr 2022 um gut 20 Prozent gestiegen. Der ursprüngliche Plan der Bundesregierung, 100.000 Soziawohnungen pro Jahr zu schaffen, ging damit nicht auf.
Aufgeben kommt dennoch nicht in Frage: Trotz der aktuell angespannten finanziellen Lage prüft der Kreis Wesel laut eigener Aussage weiterhin jeden eingehenden Antrag und teilt die festgestellte Förderfähigkeit der NRW Bank mit, um den zusätzlichen Bedarf an Fördermitteln aufzuzeigen. „Wer tatsächlich gefördert wird, entscheidet sich nach der Bonitätsprüfung durch die NRW Bank.“
Auf höherer Ebene bemüht man sich indes um eine Vergrößerung der Fördertöpfe. Auch auf Initiative der Kreisverwaltung Wesel habe sich die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW (Städte- und Gemeindebund, Landkreistag und der Städtetag NRW) mit der Bitte um deutliche Aufstockung des Fördervolumens an das für die Verteilung der Bundesmittel in NRW zuständige Bauministerium gewandt, heißt es auf Anfrage. Ob das funktioniert, ist zumindest fraglich. Bekanntlich klafft in der Landeskasse ebenfalls ein Loch in Höhe von 1,3 Milliarden Euro. Allerdings fordert die Landesregierung beim Thema Wohnungsbau auch deutlich mehr Rückenwind vom Bund.
In dem Zusammenhang lassen auch die Bauunternehmen im Kreis Wesel laut Helmut Czichy nichts unversucht, um doch noch an die notwendigen Fördergelder für den sozialen Wohnungsbau zu kommen. „Manche Unternehmen möchten ihre Bundestagsabgeordneten vor Ort ansprechen“, sagte Czichy im Kreistag.