Kreis Wesel. Ein Müllmann namens Mike soll beim Kreis Wesel bald an vielen Stellen zu sehen sein. Das hat es mit der ungewöhnlichen Kampagne auf sich.

Wer ist eigentlich Mike? Er ist Müllmann, das ist kaum zu übersehen. Künftig soll der Mann im orangen Overall so ziemlich allen im Kreis Wesel ein Begriff werden: Er wird von Plakaten, auf Filmen, in Klassenzimmern und auf Social Media über Müll informieren, fünf Jahre lang quasi auf allen Kanälen zu sehen sein. Die Kampagne ist Teil des Abfallwirtschaftskonzeptes des Kreises Wesel und soll auf Augenhöhe über die Themen wie Biotonne, Sperrmüllklau, wilde Müllkippen und Littering, also Wegwerfmüll in der Stadt, informieren.

Motto des Ganzen wird voraussichtlich „Mach‘s richtig – Das Abfallbündnis im Kreis Wesel“ sein, flankiert von einer grinsenden Mülltonne. Und Mike bekommt ein Gesicht, er wird von einem professionellen Schauspieler dargestellt, der Müllmann soll wiedererkennbar sein. Vorab möchte die beauftragte Agentur es aber nicht veröffentlichen, lediglich die Mitglieder des Fachausschusses konnten sich ein Bild machen. Kein Star, sondern ein sympathischer Durchschnittstyp wie Du und Ich stellt den Müllbotschafter dar. Der Kreis lässt sich die Kampagne 750.000 Euro kosten, auf diese Weise die Ziele des Abfallwirtschaftskonzeptes den Menschen näherzubringen.

Hintergrund ist, dass in den 13 kreisangehörigen Städten und Gemeinden die verschiedensten Abfallentsorger aktiv sind, sie wollen nun erstmals geschlossen auftreten und sich in den drängenden Abfallproblemen an ihre Bürger wenden. Im Vorfeld hatten Kreis und Kommunen sich zusammengesetzt, um die Schwerpunktthemen festzulegen. So können die Kommunen große Elektrogeräte in der Regel nicht vermarkten, quasi professionelle Gruppen transportieren sie ab, kaum dass sie auf der Straße stehen, Thema Sperrmüllklau. Und Müll im Straßenbild, achtlos im Vorbeigehen fallen gelassen, beschäftigt beinahe alle Kommunen. Gemeinsam mit dem Kreis will man nun gegensteuern.

Müllkampagne im Kreis Wesel: Was Biotonnen „mögen“ und was nicht

Klaus Arens von der Agentur für Markenkommunikation Kaiserberg in Duisburg stellte jetzt dem Ausschuss Bauen und Abfallwirtschaft das Konzept vor. Es wird eine Website als „digitalen Heimathafen“ geben, auf der das Gesicht der Kampagne zu Hause ist. Mike kann aber auch ganz persönlich anzutreffen sein, auf Stadtfesten etwa, in Schulen, bei anderen Gelegenheiten. Ziel sei es dabei nicht, die Menschen zu erziehen, so Arens, sondern sie mitzunehmen und für die gute Sache zu interessieren. Werbung spreche an, sie könne aber nie dem komplexen Thema gerecht werden. Diese Aufgabe soll dann die Plattform übernehmen.

Wie das in der Umsetzung aussehen könnte, zeigte Arens dem Ausschuss auch. Ein Motiv: Bei Plastikmüll wird der Biotonne glatt übel, es hängt ihr die Zunge aus der Klappe, wenn Mike sie damit füttern will. Die Botschaft: „Allergisch gegen alle Arten“ ist ein Hinweis darauf, dass auch Bioplastik nicht in diese Tonne gehört. Essensreste dagegen mag sie, wie ein anderes Plakat suggeriert. Die braune Tonne steht an Mikes Tisch und bettelt, natürlich lässt sich der Müllmann erweichen und gibt ihr was ab. Wer mehr über den Sinn dieser Nachricht erfahren will, wird auf www.frag-mike.com verwiesen, die künftige Plattform. Die Kampagne will die Menschen auf sehr schlichtem Niveau ansprechen.

Der Müllmann will mit Teenagern zum Thema Abfall arbeiten

Ein Element wird auch die Pädagogik sein. Mike und sein Team werden in Schulen gehen, allerdings nicht in Grundschulen oder Kindergärten, denn bei den Kleinen sei der Standard schon recht hoch. Der Müllmann soll sich der schwierigen Altersgruppe der Teenager nähern: Auf Kanälen, auf denen die Jugendlichen ohnehin unterwegs sind und mit einer Sprachsymbolik, die sie verstehen. So gehören beispielsweise „Memes“ zum Repertoire: Gemeint sind etwa bekannte Bilder, in die andere Gesichter eingebaut sind. So könnte Mike als Batman dem bösen Gegner eine verpassen.

Müll, achtlos neben den Abfallbehälter geworfen: Der Kreis und seine Kommunen wollen gegen „Littering“ vorgehen. (Symbolbild)
Müll, achtlos neben den Abfallbehälter geworfen: Der Kreis und seine Kommunen wollen gegen „Littering“ vorgehen. (Symbolbild) © dpa | Jens Kalaene

Ein Problem gibt es allerdings mit der physischen Präsenz des Helden. Der Schauspieler, der in Mikes Rolle schlüpft, kann schließlich nicht überall zugleich oder jeden Tag als Müllmann unterwegs sein. Auch hierauf hat die Werbeagentur eine Antwort. Der Mike hat nämlich ein Team. Das setzt sich voraussichtlich aus den Abfallberaterinnen und -beratern der Kommunen zusammen und vertritt mitunter den wackeren Mann, so die Idee. Die allerdings stieß auf Skepsis im Ausschuss: Wenn die Jugendlichen den „echten Mike“ sehen wollen, würden sie sich kaum mit Stellvertretern zufriedengeben, lange Gesichter sind da programmiert. Weiterer Kritikpunkt ist, dass die Nachrichten sich an Menschen wenden, die lesen können, und zwar in deutscher Sprache. Auf der Internetplattform soll Mike aber mehrsprachig unterwegs sein.

Eine Fortsetzung der Kampagne im Kreis Wesel ist denkbar

Natürlich ist das Abfallwirtschaftskonzept mehr als bloß ein Appell an Teenies, ihren Müll nicht in die Gegend zu werfen: Es ist ein umfassendes Konzept, in dem der Kreis Wesel für die Jahre 2022 bis 2026 festschreibt, wie er seine Abfallentsorgung im Detail organisiert. Zudem formuliert es Ziele, die Müllvermeidung etwa. Mike in seinem Overall ist lediglich ein begleitendes Element. Allerdings eines, das mit 750.000 Euro nicht ganz billig ist. Es sei gut angelegtes Geld, zeigte sich der zuständige Dezernent Helmut Czichy überzeugt. Perspektivisch gesehen soll die Kampagne so angelegt sein, dass eine Fortsetzung möglich wäre.