Kleve. Thomas Ruffmann, Vereinsvorsitzender von „Beth HaMifgash“ erläutert, welche Absichten der Verein auf dem Synagogenplatz verfolgt.
Wir sind dankbar, dass die öffentliche Diskussion über die von unserem Verein vor zwei Jahren öffentlich vorgestellten und vor eineinhalb Jahren bei den Ratsfraktionen und der Stadtverwaltung vorgelegten Pläne zum Bau eines städtisches Zentrums für Respekt und Toleranz nun begonnen hat. Kritik, ja auch Streit sind wichtig, damit am Ende die beste Lösung für alle gefunden wird. Wir wollen ein dreiteiliges Haus der Begegnung bauen, das die Inspiration aufnimmt, die von einem 200 Jahre alten Versammlungsort der Jüdischen Gemeinde ausgeht.
Die Kunst des Streitens
Die Erinnerung an die jüdischen Bürgerinnen und Bürger Kleves und das Gedenken an die Opfer des NS-Terrors wollen wir in die Zukunft wenden, indem wir hier ein „Allermenschenhaus“ errichten: ein Haus, in dem alle Menschen, ja: ALLE, immer willkommen sind und in Begegnung und Austausch miteinander kommen. Wohl keine Religion hat die Kunst des Streitens um einen guten Weg für alle Menschen so weit entwickelt wie das Judentum. Lasst uns bitte diesem Beispiel folgen!
Fakten zur Kenntnis nehmen
Zum Streiten gehört, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen, einander zuzuhören und miteinander zu reden. Mit den Ratsfraktionen und der Verwaltungsspitze haben wir das in vielen Gesprächen getan. Wenn danach der Bürgermeister nicht allen Details zustimmen kann und die Grünen-Fraktionschefin an unserer Überzeugungskraft gegenüber Investorinnen und Investoren und Stifterinnen und Stiftern zweifelt, dann ist das schade, aber absolut legitim. Und wir werden im Gespräch bleiben.
Wenn aber Herr Freuling eine Meinung äußert, die auf Unkenntnis und Missverständnissen basiert, dann wünschen wir uns, dass er sich vorher informiert und gerne auch mit uns gesprochen hätte. Dann wüssten er und auch der NRZ-Kommentator Andreas Gebbink, dass wir kein Vereinshaus bauen wollen und auch kein „vereinseigenes“ Haus. Seit Gründung unseres Vereins sagen wir immer deutlich, dass für die Errichtung und den Betrieb des Hauses der Begegnung, das wir anstreben, eine Stiftung gegründet werden muss. In dieser Stiftung haben die Stadt als Eigentümerin der Grundstücke sowie die großen Stifterinnen und Stifter und die vielen kleinen „Bürgerstifterinnen und Bürgerstifter“ Sitz und Stimme. Der Verein hat dann, geht es nach uns, eine dieser Stimmen.
Ein Haus des Erinnerns
Die Stiftung betreibt das Gasthaus, wohl durch Verpachtung, das Haus des Lernens und Diskutierens und das Haus des Erinnerns und Erlebens. Der Verein „Haus Mifgash“ kann den Auftrag erhalten, das Programm in Haus 2 und 3 zu gestalten. Aber das wird nur gelingen in Zusammenarbeit mit vielen in der Stadt. Die Satzung der zu gründenden Bürgerstiftung bereiten wir gerade vor, nachdem wir von Verwaltung und Fraktionen viel grundsätzliche (!) Zustimmung erfahren haben, so dass wir nicht auf blauen Dunst hin arbeiten.
Dann gibt es Kritik an der Bebauung des Synagogenplatzes. Natürlich muss über eine würdige Gestaltung dieses Erinnerungsortes gut nachgedacht und gestritten werden. Das haben wir im Verein schon seit der Vorphase der Gründung, also seit über zehn Jahren getan. Und das Ergebnis ist in einem ausführlichen „Memorandum“ nachzulesen. Die Kurzfassung: Kann es zukunftsorientiert und Zusammenhalt stiftend sein, eine Wunde nach 80 Jahren immer noch offen zu halten? Wir wollen den Synagogenplatz als Haus des Erinnerns und des Erlebens erhalten. Wir wollen ihn nicht bebauen, sondern überdachen und mit beweglichen Seitenwänden versehen, so dass der Ort beschützt, aber immer zugänglich ist. Und wir wollen, dass hier häufiger, intensiver und würdevoller gedacht und erinnert werden kann. Die verfolgten und ermordeten Jüdinnen und Juden waren nicht nur Opfer. Es ist uns wichtig, dass sie nicht nur mit ihrem Namen, sondern mit Gesichtern, Stimmen und Geschichten präsent sind. Uns schwebt eine dauerhafte digitale Projektion vor.
Zuletzt gibt es Kritik an der Kunstaktion „#grundsteinhausmifgash“. Hierzu hat die Künstlerin Nicole Peters schon das Nötige gesagt. Warum wir uns gemeinsam diese Aktion ausgedacht haben, ist das genaue Gegenteil von dem, was Herr Freuling unterstellt. Wir wollten und wollen, dass ganz Kleve intensiv nachdenkt und diskutiert. Und zwar über die grundlegenden Werte, auf denen ein Zentrum für das Zusammenleben aller Menschen gegründet werden kann. [...]
Gesellschaftlicher Prozess
Es ist unerlässlich, dass die Stadtgesellschaft sich aktiv an der Diskussion beteiligt, ob Kleve ein solches Zentrum braucht und wie dieses dann aussehen soll. Wir wünschen uns, dass die Bürgerinnen und Bürger sich in diesem Prozess aktiv einbringen können, zum Beispiel in der Form einer Planungszelle oder eines Bürgerforums. Die komplexen Vorschriften des Baurechts geben uns allen genügend Zeit, gründlich zu diskutieren und dann klug zu entscheiden. Lediglich eine richtungsweisende Grundsatzentscheidung wünschen wir uns momentan nach dem coronabedingten Stillstand vom Rat der Stadt Kleve.
Thomas Ruffmann ist Vorsitzender des Vereins „Beth HaMifgash“.