Essen-Kray. Drogen, Vandalismus, Polizeieinsätze, Verfall: Das Bad am Südpark in Kray ist längst Schandfleck und Gefahr geworden. Nun tut sich endlich etwas.

Schandfleck und Ort voller Erinnerungen: Das ist das ehemalige Schwimmbad am Südpark für Frederic Bonk. Der 20-Jährige blickt aus seinen Fenstern auf das verfallene Gebäude, in dem er einst schwimmen gelernt hat. Bereits 2014 wurde das Schwimmbad in Kray geschlossen, das längst als Lost Place gilt und für zahlreiche Polizei- und zuletzt auch Feuerwehreinsätze gesorgt hat. Jetzt haben die Vorbereitungen für den Abriss der Ruine begonnen, die Pläne für das Grundstück stehen fest.

Die Stahlplatten von den Fenstern sind verschwunden, hinter denen sich beschmierte und zerschlagene Scheiben verborgen haben. Einige Fenster sind geöffnet, aus denen die Bauarbeiter in blauen Anzügen und mit Mundschutz ausgestattet lange Holzbretter und Stahlelement werfen. Schon an diesem Morgen türmen sich vor der Fassade große Berge Bauschutt, schleppen die Männer auch große weiße Säcke aus dem Bau am Steeler Pfad.

Kleinere Bagger sind bereits im Einsatz, die Vorbereitungen für den Abriss des Schwimmbads in Essen-Kray laufen.
Kleinere Bagger sind bereits im Einsatz, die Vorbereitungen für den Abriss des Schwimmbads in Essen-Kray laufen. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Bis das Schwimmbad allerdings dem Erdboden gleich gemacht sein wird, wird noch einige Zeit vergehen. Immerhin ist der Kauf besiegelt: Die Stadt hat ihr Grundstück an das städtische Wohnungsunternehmen Allbau veräußert. „Der Kaufvertrag zwischen der Stadt Essen und der Allbau Managementgesellschaft mbH wurde im Dezember 2024 notariell beurkundet“, sagt Stadtsprecherin Jacqueline Riedel. Vertraglich festgehalten wurde auch der Besitzübergang: 6. Januar 2025.

Vorbereitungen für den Abriss des früheren Schwimmbads und heutigen Lost Place in Essen-Kray laufen

Allbau-Sprecher Dieter Remy bestätigt: „Es ist tatsächlich so, dass wir auf dem 5.350 qm großen Grundstück demnächst das ehemalige Südbad niederlegen.“ Begonnen habe die Maßnahme zunächst mit der Einrichtung der Baustelle für den Abriss der Alt-Immobilien. So wurden unter anderem bereits die öffentlichen Parkflächen der Straßen Feggelerweg und Köllmannstraße dahingehend abgesperrt, dass dort für die Zeit des Abrisses Halteverbotszonen eingerichtet worden seien. So sollen die Abfuhr von Material und die Anlieferung größerer Baumaschinen ermöglicht werden.

Längst sind viele der Scheiben an dem Schwimmbad in Essen-Kray eingeschlagen.
Längst sind viele der Scheiben an dem Schwimmbad in Essen-Kray eingeschlagen. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Auf der Baustelle werden gerade ein kleiner Bagger und verschiedene Lkw für die Entkernung der Alt-Immobilien genutzt. „Die eigentliche Niederlegung der Gebäude wird dann voraussichtlich Mitte/Ende Februar 2025 beginnen“, sagt Remy zum Zeitplan. Dann würden auch größere Baumaschinen benötigt. „Wir hoffen, dass dieser erste Schritt in Richtung der Neubaumaßnahme im Mai 2025 abgeschlossen werden kann.“ Dann sollen Kita und Wohnraum entstehen – und Nachbarn wie Frederic Bonk können aufatmen.

Anwohner halten bereits ein Anschreiben des Allbaus in Händen, das sie erreicht hat. Von der Baustelle samt Lärm, Erschütterungen, Staub und erhöhtem Lkw-Aufkommen ist die Rede und auch davon, dass die Zuständigen die Belastung bestmöglich minimieren werden. Es soll eine gute Kommunikation und einen Ansprechpartner der verantwortlichen Firma vor Ort geben, zu dem der Allbau den Kontakt schon vermittelt hat.

„Schwimmbad mit Seele“: So beschrieben viele Besucher und Besucherinnen ihr Bad am Südpark in den guten Zeiten (das Bild entstand kurz vor der Schließung 2014).
„Schwimmbad mit Seele“: So beschrieben viele Besucher und Besucherinnen ihr Bad am Südpark in den guten Zeiten (das Bild entstand kurz vor der Schließung 2014). © WAZ | STEFAN AREND

Die Nachbarn erschüttern die anstehenden Bauarbeiten womöglich ohnehin nicht so sehr, wie all das, was sie in den Jahren haben miterleben müssen. Immer wieder wurde der Bauzaun umgeworfen, gab es Randale, drangen vor allem Jugendliche in das leerstehende Gebäude ein, sorgten für Polizeieinsätze und Unmut bei den Anwohnern. Zuletzt musste die Feuerwehr vier Jugendliche aus der brennenden Bauruine retten. Auch Frederic Bonk hat die Polizei immer wieder gerufen, wenn etwa Licht aus dem alten Schwimmbad nach außen drang. Er selbst hat Schüler vor den Gefahren gewarnt, als die Fünft- und Sechstklässler haben in die Ruine einsteigen wollen.

Lost-Place-Entdecker lockten mit Videos weitere Neugierige in das Bad in Essen-Kray

Immer wieder wurde diese aufgebrochen, wurden Fensterscheiben eingeworfen. „Den Drogenhandel vor dem Gebäude konnten wir regelmäßig beobachten“, berichtet Frederic Bonk. Er kennt die Probleme nicht nur aus seiner Funktion als CDU-Bezirksvertreter, sondern eben auch als deshalb, weil er in dem direkt benachbarten Haus lebt, das seinen Eltern gehört. Er weiß von Lost-Place-Entdeckern, die herkamen und Videos aus dem Inneren drehten. Die landeten im Internet, lockten weitere Neugierige an. Einige Nachbarn hätten sich nicht nur gefürchtet, wenn plötzlich Fremde im Dunkeln über ihr Grundstück streiften, sie sorgten mitunter ebenso um den Wert ihrer Häuser.

Arbeiter mit Schutzanzügen und Mundschutz räumen derzeit das ehemalige Bad in Essen-Kray aus.
Arbeiter mit Schutzanzügen und Mundschutz räumen derzeit das ehemalige Bad in Essen-Kray aus. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Dabei war es viele Jahre harmonisch im und rund ums Bad, trafen sich doch Besucher und Bekannte hier, die zu Kursen und auch zum Plausch kamen oder einfach ihre Bahnen zogen. Ältere, jüngere und Familien mit Kindern waren darunter. Als Schwimmbad mit Seele galt es manchem, Stammgäste im Wasser wie Badpersonal am Beckenrand kannten sich oftmals seit langem. Dann kam das Aus. Trotz aller Hoffnung: Ein Masterplan Sport brachte keine Hilfe für das Bad. Eine Rettung gab es nicht. Spätestens 2008 wussten sie alle, dass ihr Schwimmbad geschlossen wird. Bis dahin zählte das 1967 eröffnete Bad jährlich bis zu 75.000 Badegäste. Zuletzt jedoch machte es Verluste, hinzu kamen Sanierungsstau und der marode Zustand sowie das völlig verwilderte Umfeld.

Zunächst sollen das Schwimmbad abgerissen und das Grundstück in Essen-Kray verfüllt werden

  • Die Lokalredaktion Essen ist auch bei WhatsApp! Abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Kanal: direkt zum Channel!

Daher mischte sich die Politik parteiübergreifend immer wieder ein. Die SPD-Ratsfrauen Michaela Heuser und Agnes Tepperis waren zwei von denen, die regelmäßig auf die angespannte Situation und auf das Grundstück hingewiesen haben, das man doch nutzen müsse. „Jetzt muss die Bauruine endlich weg“, sagt Michaela Heuser mit Blick auf die Entwicklung, die sie begrüßen und unterstützen möchten.

Auch CDU-Bezirksvertreterin Stefanie Kuhs steht erneut am Steeler Pfad und freut sich, dass sich endlich etwas tut. Sie blieb ebenfalls hartnäckig, bis sie kürzlich mit dem Allbau telefonierte und die gute Nachricht erfuhr, bis schließlich der Ärger der vergangenen Jahre endlich der Erleichterung wich. Das Wichtigste seien zunächst Abriss und Verfüllung, damit von der Bauruine keine Gefahr mehr ausgehe, sagt sie.

Einst war das Bad am Südpark in Essen-Kray eine beliebte Badeanstalt - hier ein Bild aus dem Jahr 2006.
Einst war das Bad am Südpark in Essen-Kray eine beliebte Badeanstalt - hier ein Bild aus dem Jahr 2006. © Oliver Müller NRZ | Oliver Müller

Im zweiten Schritt sollen eine sechs-zügige Kita plus vier Miet-Einfamilienhäuser dem früheren Schwimmbad folgen, sagt Dieter Remy und erklärt zum Vorgehen: „Zurzeit sind wir noch in der Vertragsabstimmung mit einem potenziellen Kita-Betreiber; die Gespräche verlaufen sehr positiv.“ Der dann verhandelte Vertrag werde wahrscheinlich noch durch den Rat abgesegnet werden müssen, da sie als Allbau wahrscheinlich eine Mehrmiete werden verlangen müssen. Denn die Baukosten werden aller Voraussicht nach nicht über die Kibiz-Miete abgedeckt werden können.

Sie freuen sich über die Arbeiten am ehemaligen Bad im Südpark in Essen-Kray: Bezirksvertreterin Stefanie Kuhs und Anwohner wie Bezirksvertreter Frederic Bonk (beide CDU) am Steeler Pfad.
Sie freuen sich über die Arbeiten am ehemaligen Bad im Südpark in Essen-Kray: Bezirksvertreterin Stefanie Kuhs und Anwohner wie Bezirksvertreter Frederic Bonk (beide CDU) am Steeler Pfad. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel
Auch die SPD-Ratsfrauen Michaela Heuser (li.) und Agnes Tepperis haben sich dafür eingesetzt, dass das ehemalige Bad abgerissen und das Grundstück neu bebaut wird.  
Auch die SPD-Ratsfrauen Michaela Heuser (li.) und Agnes Tepperis haben sich dafür eingesetzt, dass das ehemalige Bad abgerissen und das Grundstück neu bebaut wird.  

„Wir freuen uns aber, dass das Projekt nun trotz der derzeit schwierigen Rahmenbedingungen für Bauinvestitionen startet, denn neben der allgemein hohen Nachfrage nach Kita-Plätzen ist der Bedarf an sozial gefördertem Wohnraum in unserer Stadt und auch im Stadtteil hoch“, weiß der Sprecher. Jetzt heißt es allerdings für alle Betroffenen zunächst noch, sich weiter zu gedulden. Denn der aktuelle Zeitplan sieht auch vor, dass erst 2026 mit dem Bau von Kita und Wohnhäusern begonnen werden soll. Ziel sei es, beides in 2028 fertiggestellt zu haben.

Selbst diese Wartezeit nimmt Frederic Bonk inzwischen gelassen zur Kenntnis. Er werde natürlich traurig sein, wenn die großen Bagger anrollen, gesteht der 20-Jährige. Immerhin war das Bad im Südpark in seiner Kindheit auch sein Schwimmbad. Neun Jahre alt war er, als das geschlossen wurde. Er wird nun also wohl 23 Jahre alt sein, wenn die ersten Kinder auf dem Grundstück vor seinem Haus ihre Kita ansteuern werden. Und er sagt: Bei allen schönen Erinnerungen ans ehemalige Bad, jetzt überwiege doch die Freude, dass der Schandfleck endlich verschwindet.

[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]