Essen. Nach anfänglicher Kritik: Projektförderung der freien Szene in Essen wird wieder aufgestockt. Auch der Etat der Theater und Philharmonie steigt.

In Berlin laufen sie derzeit Sturm gegen die Kürzungspläne des Berliner Senats im Bereich Kultur. Theater, Museen, Opernhäuser und die freie Szene müssen sich dort im kommenden Jahr auf drastische Einsparungen einstellen. Wenn der Rat am Mittwoch, 27. November, den Haushalt beschließt, dürfte in Essen ein Aufatmen durch die örtliche Kulturszene gehen. „Rasenmäher-Kürzungen“, wie sie in Berlin beklagt werden, bleiben aus. „Es wird keine Kürzungen im Kulturbereich geben“, sagt Kulturdezernent Muchtar Al Gusain. Möglicherweise seien in einigen Positionen sogar noch „geringe Aufwächse“ drin. Der guten Nachricht waren intensive Verhandlungen vorausgegangen - und die anfängliche Sorge, dass es vor allem die freien Kulturträger der Stadt hart treffen könnte.

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So hatte die Vergabe von Projektfördermitteln zuletzt für Diskussionen gesorgt. Die Jury, die die Anträge im Auftrag der Kulturverwaltung auf ihre Qualität und Förderwürdigkeit zwei Mal im Jahr überprüft, hatte dabei auf ein „krasses Missverhältnis“ hingewiesen. Den 359.549 Euro, die man gerne an 40 förderwürdige Anträge vergeben hätte, stand zum Zeitpunkt der Beratung nämlich gerade eine schmale Fördersumme von 80.000 Euro entgegen. Unangemessen für eine Stadt von der Größe Essens und ihrem kulturellen Anspruch, monierte die Jury. So sei es unmöglich, „den künstlerischen Nachwuchs dieser Stadt, ausgebildet an hochkarätigen Hochschule, hier zu halten und für Künstlerinnen und Künstler von Außerhalb ein attraktiver Standort zu werden“.

Die Jury für die Vergabe von Projektfördermitteln tagt nun ein zweites Mal

Doch nun ist klar: Es gibt einen deutlichen Nachschlag. 400.000 Euro Projektfördermittel werden im kommenden Jahr in jedem Fall zur Verfügung stehen. Über den Antrag von CDU und Grünen, der noch einmal zusätzliche 100.000 Euro für die freie Kulturszene vorsieht, entscheidet am Mittwoch der Rat. Ende der Woche wird die Jury deshalb noch einmal tagen und über die Vergabe der Gelder an weitere Antragsteller beraten. Auch die institutionelle Förderung wird nach Angaben des Dezernenten mit gut drei Millionen Euro nicht zurückgefahren.

Finanziell draufgesattelt wird aber nicht nur bei den freien Kulturträgern, auch beim Etat der Theater und Philharmonie Essen ist eine Aufstockung nötig. 2025 steigt der Jahresfehlbetrag nach Angaben von Al Ghusain auf 55,6 Millionen Euro, 2026 dann auf 63 Millionen. Die Erhöhung sei nötig, sagt der Beigeordnete, weil die Kapitalrücklagen in Bälde aufgebraucht, die Liquidität der Theater-GmbH gewährleistet sein müsste. Auch der Etat der Stadtbibliothek wird aufgrund der laufenden Umbauarbeiten der ehemaligen Mayerschen Buchhandlung zur neuen Zentralbibliothek aufgestockt. „Ich bin sehr froh, dass wir das so halten können“, sagt Al Gusain mit Blick auf die angespannte Haushaltslage, zumal auch der von ihm verantwortete Fachbereich 4 in den kommenden Jahren im Rahmen des Globalen Minderaufwands noch Sparmöglichkeiten in Millionenhöhe ausmachen muss.