Essen-Huttrop. Zu schnell, zu rücksichtslos: Anwohner in Essen-Huttrop sind sauer über das Verhalten von Radfahrern. Einen ersten Unfall gab es bereits.
Den 23. September 2023 wird Klaus Röder, Anwohner des Feldhauskamp in Essen-Huttrop, so schnell nicht vergessen: Ungebremst raste damals ein Radfahrer in ein ausparkendes Auto am nahen Rombergweg, schlug auf der Motorhaube auf und krachte in die Windschutzscheibe. Röder war als Ersthelfer vor Ort, hat die Schäden am Wagen in Fotos dokumentiert. „Der Mann trug zum Glück einen Helm, und ihm ist nicht allzu viel passiert.“
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Glück im Unglück – und vorläufig tragischer Höhepunkt eines Problems, das seit Monaten die komplette Nachbarschaft beschäftigt: Denn mitten durch die Siedlung zwischen Schwanenbuschstraße und Feldhauskamp verläuft ein Teil der Rad-Hauptroute von Huttrop nach Steele, die täglich von Pendlern genutzt wird. Gefahrenstellen gibt es auf dem Weg offenbar gleich mehrere und das nicht nur für die Radfahrer, sondern auch für Fußgänger, insbesondere Senioren und die Kinder im Viertel.
Gleich mehrere Gefahrenstellen in Essen-Huttrop für Kinder und Senioren
Armin Krusche, ebenfalls Anwohner des Feldhauskamp und erster Vorsitzender des dortigen Kleingartenvereins, zählt die Schwachstellen der Strecke auf: „Der Radweg kreuzt mit dem Rombergweg und dem Feldhauskamp gleich zwei vorfahrtberechtigte Straßen, ohne dass per Schild darauf hingewiesen wird. Und durch das Gefälle muss man zudem gar nicht groß in die Pedale treten, um richtig Fahrt aufzunehmen. Schon gar nicht, wenn man ein E-Bike hat.“
Maximal zehn Stundenkilometer sind in der Siedlung erlaubt – „die meisten Radfahrer kommen mindestens auf 30“. Und die würden dann spätestens in der scharfen Rechtskurve ganz unten an der Strecke unmittelbar am ehemaligen Allbau-Betriebshof zum Problem: Denn an dieser Stelle führt der Weg in den Wald und zu einem ersten Eingang des Parkfriedhofs. Hohe Hecken schränken die Sicht ein. Hier spielen Kinder, liegen die direkten Eingänge zu gleich drei Kleingärten, sind Spaziergänger mit Hunden unterwegs, Senioren auf dem Weg zum Friedhof.
Krusche: „Als Fußgänger kann man hier nur noch zur Seite springen, wenn da plötzlich ein Radfahrer auftaucht. Dass hier bislang noch nicht mehr passiert ist, grenzt an ein Wunder, es kommt hier immer wieder zu richtig heftigen Situationen.“ Eine Umlaufsperre an dieser Stelle habe man Mitte des vergangenen Jahres abgebaut. Ersetzt wurde die zweigeteilte Sperre durch einen einfachen Pfosten, der links und rechts umfahren werden kann – und die Radfahrer nicht länger zum Abbremsen zwingt.
Im Februar dieses Jahres hat Krusche einen gemeinsamen Termin mit der Verwaltung organisiert, um die Problematik zu besprechen. Damals habe man ihm zugesagt, die Beschilderung zu prüfen und „Vorfahrt gewähren“-Schilder zu installieren. Passiert ist bislang nichts. Der Bitte, vor der Kurve wieder eine zweiteilige Sperre aufzubauen, indes habe man schon damals mit Verweis auf einen Erlass des NRW-Verkehrsministeriums eine Absage erteilt: „Das sei eine Gefahrenquelle für Radfahrer und macht es Lastenrädern unmöglich, die Wege zu nutzen“, resümiert der Anwohner.
Und bei dieser Argumentation bleiben bei einem weiteren Ortstermin nun auch Bezirksbürgermeister Peter Valerius (CDU) und Burkhard Dedy, Fraktionsvorsitzender der Grünen und Mobilitätsbeauftragter im Bezirk 1. Für sie ist sicher: Eine Sperre wird es in diesem Bereich nicht mehr geben. Am dringenden Handlungsbedarf jedoch besteht auch für die beiden Politiker kein Zweifel. Valerius: „Die zu schnell fahrenden Radfahrer sind eine Belastung für das Viertel, da muss eine verträgliche Lösung für alle her. Denn wir werden hier nicht irgendwem das Radfahren verbieten.“
Das, versichert Anwohner Udo Misiak, sei auch gar nicht das Ziel der Anrainer: „Wir wollen keine Verkehrsteilnehmer verdrängen. Dass der Radverkehr gefördert wird, ist richtig und notwendig. Aber wir wollen ein gleichberechtigtes Miteinander aller Verkehrsteilnehmer. Das hier ist ein gemeinsamer Fuß- und Radweg. Und das erfordert Verständnis und Rücksicht auf allen Seiten. Doch schon die Bezeichnung Rad-Hauptroute stellt die Radfahrer in den Vordergrund.“ Man wolle, so sein Fazit, ein Bewusstsein schaffen für die Gefahrenstellen vor Ort.
Radfahrer in Essen-Huttrop fahren entgegen der Einbahnstraßenregelung
Und von denen tun sich im Laufe der Diskussion und mit steigender Anzahl an dazustoßenden Nachbarn noch so einige auf: Viel zu dunkel sei das letzte Teilstück des Weges, beklagt etwa Monika Müller. Gerade spielende Kinder würden so leicht übersehen. Ein anderer Kritikpunkt: Weil die weitere Wegstrecke an der Schwanenbuschstraße nicht ausgeschildert sei, nutzten viele Radfahrer den Feldhauskamp entgegen der Einbahnstraßenregelung als Abkürzung.
Von gegenseitiger Rücksichtnahme, so das Fazit von Helga Pluskat, sei bei den wenigsten Radlern etwas zu spüren. „Da kommt nicht mal ein Danke, wenn ich meinen Hund ganz eng zur Seite nehme, weil die angerast kommen.“ Dedy wirbt trotzdem für Verständnis und Kompromissbereitschaft: „Die Hecken der Kleingärten, deren Ausgänge auf den Radweg führen, sind beispielsweise sehr hoch. Wenn die zumindest im Bereich der Tore heruntergeschnitten würden, ließen sich Sichtverbindungen zwischen Fußgängern und Radfahrern schaffen.“
Erlass: Mehr Sicherheit für Radfahrer
Um mögliche Gefahrenquellen auf Radwegen zu reduzieren, hat das Umwelt- und Verkehrsministerium NRW im März dieses Jahres bestimmt, dass Sperreinrichtungen auf Radwegen von den Kommunen überprüft und Sperrpfosten, Poller, Umlaufsperren oder Absperr-Geländer falls notwendig entfernt werden sollen.
Sofern Sperrmaßnahmen „an einzelnen Stellen zwingend notwendig sein sollten“, müssen zunächst Alternativmaßnahmen geprüft werden, also Verkehrszeichen, Markierungen oder „sonstige bauliche Maßnahmen“. Fest eingebaute Sperranlagen auf Radwegen sind, laut Erlass, nur noch „im Ausnahmefall“ und dort möglich, „wo sie unverzichtbar sind“.
Man werde, das sicherten beide Ortspolitiker den Anwohnern zu, die Problematik kurzfristig in die Oktober-Sitzung der Bezirksvertretung 1 nehmen und die Themen Beschilderung und Beleuchtung von der Verwaltung prüfen lassen. Und noch einen weiteren Vorschlag will Dedy dann zur Diskussion stellen: eine spezielle Rüttelmarkierung. „Linien, die in regelmäßigen Abständen auf den Boden aufgebracht werden, zunächst eine, dann zwei, dann drei, und so auf eine Gefahrenstelle hinweisen“. Ob so etwas etwa im Bereich des letzten Teilstücks an den Kleingärten möglich sei, müsse jedoch ebenfalls erst geprüft werden. Wann man mit einer Antwort rechnen könne? „Frühestens in der Januar-Sitzung.“
Die Bezirksvertretung 1 tagt am Dienstag, 29. Oktober, um 16 Uhr im Sitzungssaal Sunderland im Rathaus, Porscheplatz.
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