Essen. Die Verwertungsgesellschaft Gema räumt Weihnachtsmärkten nicht wie erhofft einen günstigeren Tarif ein. In Essen-Steele hat das nun Folgen.
Der Steeler Weihnachtsmarkt ist nicht nur wegen seines frühen Beginns und der langen Dauer etwas Besonderes. Aushängeschild ist auch das umfangreiche Bühnenprogramm. Das aber fällt in diesem Jahr schmaler aus. 2024 wird auf der Bühne auf dem Kaiser-Otto-Platz nicht mehr an allen Tagen Livemusik zu hören sein. „Wir haben das Programm von sieben auf vier Tage gekürzt“, bestätigte Leon Finger, Vorsitzender des Initiativkreises City Steele (ICS).
Freiwillig ist das nicht passiert, sondern wohl eher mit einer Menge Frust im Bauch. Schuld nämlich sind die hohen Gema-Gebühren, die für die Live-Musik auf dem Weihnachtsmarkt fällig werden. Finger weiß zwar noch gar nicht, wie viel die ICS dieses Jahr an die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, kurz Gema, überweisen muss. Er sagt aber auch: „Wir wollen nicht überrascht werden“. Man hat also vorsorglich die Reißleine gezogen.
Konkret heißt das: Montag, Dienstag und Donnerstag wird es auf dem Steeler Weihnachtsmarkt dieses Jahr stiller als in den Jahren davor werden. Der Seniorentag auf der Bühne, der immer donnerstags stattfand, wird nun hinter das Kinderprogramm mittwochs gelegt. So müssen auch die Älteren nicht auf ihr Programm verzichten, sagt Finger.
Livemusik auf der Bühne kostet mehr als Musik aus der Dose
Die Gema verwaltet die Nutzungs- und Urheberrechte von Musikern und erhebt für das Abspielen von Musik entsprechende Kosten. Im Schnitt kostete jeder Tag auf dem Weihnachtsmarkt in Steele in der Vergangenheit etwa 100 Euro, so Finger. Er befürchtet jedoch, dass es deutlich mehr geworden wäre, auch weil die Gema nun deutlich strenger hinterher ist, wie groß die tatsächliche Veranstaltungsfläche ist.
Die ist einer der Faktoren, nach denen sich die Abgaben berechnen. Ein weiterer Faktor ist: Bei Livemusik wird es teurer als wenn die Musik aus der Konserve kommt, denn es zählt dann der gesamte Markt als Fläche. Die Gebühren werden pro Tag fällig. Es ist der Gema also egal, ob ein Laien-Kinderchor eine Stunde lang auf der Bühne singt oder ob mehrere Profis dort für mehrere Stunden auftreten. Finger ärgert das. „Die Tarifgrundlagen sind einfach nicht durchdacht.“ In Steele fallen die Gema-Gebühren auch deshalb so ins Gewicht, weil der Weihnachtsmarkt dort sage und schreibe über neun Wochen läuft, also über mehr als 60 Tage. In diesem Jahr startet der Markt am 2. November und dauert bis zum 5. Januar.
OB Kufen kritisiert „Haltung“ der Gema
Viele Weihnachtsmarktorganisatoren in der ganzen Republik hatten nach dem großen Kosten-Ärger im vergangenen Jahr gehofft, dass sich die Gema auf Verhandlungen über einen Weihnachtsmarkt-Tarif einlässt. Dieser Kompromiss ist aber nicht zustande gekommen und so gelten in diesem Jahr weiterhin die viel kritisierten Abrechnungsmethoden.
Auch Oberbürgermeister Thomas Kufen hatte seinen Unmut darüber dieser Tage deutlich kundgetan. „Die aktuelle Haltung der Gema schadet nicht nur den Veranstaltern, den Bürgerinnen und Bürgern, die unsere traditionellen Weihnachtsmärkte schätzen, sondern auch den vielen lokalen und regionalen Chören und ehrenamtlichen Musikerinnen und Musikern, die üblicherweise auf den Weihnachtsmärkten auftreten“, erklärte Kufen. Er schließe sich daher dem Deutschen Städtetag an, der einen Weihnachtsmarkttarif fordert.
Auch Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerverbandes, befürwortet einen solchen. „Die Gema aber sitzt auf einem hohen Ross und verkennt dabei, dass wir eigentlich Partner sein müssten.“ Denn klar ist: Ohne Veranstaltungen keine Musik und ohne Musik keine oder zumindest weniger ansprechende Veranstaltungen.
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Weihnachtsmarkt in der Essener Innenstadt hat längst auf Gema-Kosten reagiert
Ritter ist selbst seit vielen Jahren auf dem Essener Weihnachtsmarkt in der Innenstadt mit seinem Glühweinstand präsent und bespielt dort auch eine Bühne, für die er an die Gema zahlt. „Diese Aufenthaltsqualität möchte sich den Besuchern auch weiterhin bieten“, sagt er und will daher beim Angebot nicht kürzen. Ein Tarif für Weihnachtsmärkte, so hofft er, würde nicht nur weniger Kosten bedeuten, sondern auch Verlässlichkeit, denn die Rechnungen der Gema trudeln immer erst im Nachhinein ein. Wegen der immens hohen Gema-Kosten gibt es auf dem Weihnachtsmarkt in der Innenstadt im Übrigen schon länger keine Vollbeschallung mehr. Händler wie Ritter rechnen ihre „Musikinseln“ seither mit der Gema direkt ab.
Um in der aufgeheizten Debatte für mehr Transparenz zu sorgen, hatte die Gema Ende vergangenen Jahres unter anderem einen Online-Rechner ins Internet gestellt. Finger hat die Gema dieses Jahr trotzdem vorab angeschrieben, mit der Bitte, den Steelern doch schon mal zu sagen, was nun nach dem gestutzten Bühnenprogramm noch fällig wird. Eine Antwort habe er bisher nicht, sagt Finger und ärgert sich erneut. „Eine möglichst exakte Kostenplanung ist für einen Markt wie Steele das Wichtigste.“
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