Essen. Bis zu 50 Drogenkranke sollen durch die „Suchthilfe“ Essen mit Diamorphin versorgt werden. Der Streit um eine private Ambulanz liegt vor Gericht.
Die Aufregung war groß, als im Herbst 2022 öffentlich wurde, dass ein Düsseldorfer Mediziner in der Nähe des Essener Hauptbahnhofs eine „Heroin-Ambulanz“ eröffnen wollte. Bis zu 150 Drogensüchtige sollten dort behandelt werden. Die Stadt Essen will dies zu verhindern. Der Fall liegt mittlerweile vor Gericht. Derweil rückt die Eröffnung einer eigenen städtischen Suchtambulanz unter dem Dach der „Suchthilfe direkt Essen“ näher.
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Noch in diesem Jahr soll es so weit sein. Dann will die Suchthilfe in ihren Räumen an der Hoffnungsstraße täglich bis zu 50 Schwerstkranke mit Diamorphin versorgen. Bei Diamorphin handelt es sich um reines Heroin. Verabreicht wird es in besonders schweren Fällen, erläutert Gesundheitsdezernent Peter Renzel im Gespräch mit unserer Redaktion.
In Essen erhalten rund 800 Drogenkranke unter ärztlicher Aufsicht Ersatzdrogen wie Methadon. Für eine Behandlung mit Diamorphin kommen zwischen fünf und acht Prozent der Suchtkranken aufgrund ihres Gesundheitszustandes infrage.
In Essen werden rund 800 Drogenkranke mit Ersatzdrogen medizinisch versorgt
Bei der Suchthilfe Essen soll ihnen ein- bis dreimal täglich Diamorphin verabreicht werden. Räume wurden für diesen Zweck bereits umgebaut. 800.000 Euro hatte die Stadt dafür veranschlagt. Ein „Sicherheitskonzept“ sei mit der Polizei abgestimmt, aktuell werde Personal gesucht, berichtet Renzel. Irgendwann zwischen Oktober und Dezember soll die Ambulanz den Betrieb aufnehmen.
Eine private Diamorphin-Ambulanz wäre aus Sicht der Stadt Essen damit vollends überflüssig. Eine solche wollte der Düsseldorfer Mediziner Dr. Christian Plattner bereits im vergangenen Jahr im alten Hauptpostgebäude am Willy-Brandt-Platz eröffnen, auf einer Fläche von 1800 Quadratmetern im ersten Obergeschoss.
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Die Stadt fürchtet, dass eine solche Ambulanz zu einem Anziehungspunkt für Drogenkranke aus dem gesamten Ruhrgebiet werden könnte, aufgrund ihrer Größe und aufgrund der Anzahl an Personen, die dort behandelt werden sollen.
In der Diamorphin-Ambulanz der Suchthilfe sollen ausschließlich Essener Patienten behandelt werden
In der Diamorphin-Ambulanz der Suchthilfe sollen hingegen ausschließlich Drogenkranke aus Essen behandelt werden. „Wir sind der Meinung, dass jede Stadt ihre Patienten selbst versorgen sollte“, sagt Peter Renzel.
Zuletzt hatte die Suchthilfe gemeldet, dass es im vergangenen Jahr mit 55 Drogentoten so viele wie noch nie in Essen gegeben hat. Angesprochen auf die geplante Diamorphin-Ambulanz in der Hoffnungsstraße sagt Diplom-Sozialpädagogin Christiane Breimhorst von Bella Donna, einer Anlaufstelle für drogenabhängige Mädchen und Frauen: „Alles, was uns dabei hilft, uns breiter aufzustellen, ist gut.“
Der privaten Ambulanz versucht die Stadt mithilfe des Planungsrechts einen Riegel vorzuschieben. Die Bearbeitung eines Bauantrags, der im Februar vergangenen Jahres im Bauordnungsamt eingegangen war, hat die Stadt zurückgestellt. Beantragt worden war eine Nutzungsänderung für das erste Obergeschoss im ehemaligen Hauptgebäude zu einem „medizinischen Versorgungszentrum“. Gemeint ist die private „Heroin-Bilanz“. Die beantragte Nutzung stehe den stadtplanerischen Zielen der Stadt Essen entgegen, laut die Begründung der Stadt.
Der Antragsteller hat gegen den Zurückstellungsbescheid beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Klage eingereicht. Das Verfahren ist dort anhängig.
Die Stadt Essen will eine private „Heroin-Ambulanz“ durch einen neuen Bebauungsplan verhindern
Um die Dinge im Sinne der Stadt Essen zu beschleunigen, soll der Rat der Stadt nach der politischen Sommerpause eine sogenannte Veränderungssperre erlassen. Die Ansiedlung einer Diamorphin-Ambulanz im ehemaligen Hauptpostgebäude wäre damit planungsrechtlich nicht mehr möglich. Gänzlich untersagt wäre sie, sobald der neue Bebauungsplan in Kraft tritt, den die Politik bereits im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht hat.
Abzuwarten bleibt, wann das Verwaltungsgericht über die Klage entscheidet. Einen Termin gibt es bislang nicht. Sollte die Veränderungssperre bis dahin in Kraft treten, wäre dies nach Aussage eines Gerichtssprechers bei der Urteilsfindung zu berücksichtigen. Die Erfolgsaussichten des Klägers dürfte das erheblich schmälern.
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