Essen. OB Nieswandt sagte bei der Eröffnung am 17. Juni 1964: „Das Grugabad ist für Euch, und Ihr habt es Euch verdient.“ Jubiläumsfeier zum Sechzigsten.

Beifall brandet auf, als die Schauspielerin Katja Heinrich die auch heute noch gültigen Worte des Oberbürgermeisters Wilhelm Nieswandt zur Eröffnung des Grugabades zitiert. „Das Grugabad ist für Euch, und Ihr habt es Euch verdient.“ Man schreibt damals den 17. Juni 1964: Sechzig Jahre später feiert das größte und schönste Freibad des Ruhrgebiets einen runden Geburtstag. Einen, den die Stadt am Sonntag zum Anlass nimmt, zusätzlich zum regulären Badebetrieb ein kleines Kultur- und Sportprogramm zu veranstalten.

Das unbeständige Wetter sorgt an diesem Jubiläums-Sonntag für eine überschaubare Besucherzahl. So bleiben die Stamm-Badegäste und die Grugabad-Freunde zusammen mit Vertretern aus Sport und Politik bei dem kurzweiligen Jubiläums-Event weitgehend unter sich.

„Das Grugabad ist für Euch, und Ihr habt es Euch verdient““

Essens OB Wilhelm Nieswandt
bei der Eröffnung des Grugabades am 17. Juni 1964

Christel Dräger (75), die Grande Dame des Essener Schwimmsports, kennt das Bad seit den Tagen der Eröffnung. Sie gehört damals der Damenmannschaft des Düsseldorfer Schwimmvereins 98 an und nimmt häufig an Wettkämpfen im neuen Essener Mega-Bad teil. „Wenn wir hier antreten mussten, war die große Tribüne rappelvoll“, berichtet die leidenschaftliche Schwimmsportlerin und -trainerin.

Grugabad-Freunde, Stammgäste und Teilnehmer der kleinen Feier zum runden sechzigsten Geburtstag präsentieren sich im Grugabad mit OB Thomas Kufen am Beckenrand des Sportbeckens.
Grugabad-Freunde, Stammgäste und Teilnehmer der kleinen Feier zum runden sechzigsten Geburtstag präsentieren sich im Grugabad mit OB Thomas Kufen am Beckenrand des Sportbeckens. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Erinnerung an die erste Zeit des Grugabades: „Alles war voll – Restaurant, Becken, Liegewiese“

Das Grugabad im Jahr 1967: Das Essener XXL-Freibad, das schönste und größte im Ruhrgebiet, war in den ersten Jahren „immer voll“. Das berichten Badegäste von damals.
Das Grugabad im Jahr 1967: Das Essener XXL-Freibad, das schönste und größte im Ruhrgebiet, war in den ersten Jahren „immer voll“. Das berichten Badegäste von damals. © Fotoarchiv Ruhr Museum

Das Bad sei überhaupt immer extrem gut besucht gewesen: egal ob Restaurant, Schwimmbecken oder Liegewiese. „Alles war voll.“ Gerne erinnert sich Christel Dräger auch an die Jungs der legendären „Essener Kraulschmiede“, zu denen auch Horst Melzer gehörte. „Wir sind damals als junge Menschen alle aufgefangen worden in der großen Schwimmsport-Familie.“ Es ist die Zeit des Wirtschaftswunders und der Vollbeschäftigung, man ist unbekümmert und optimistisch.

Seit 2020 steht die imposante, 58.000 Quadratermeter große Anlage unter Denkmalschutz. Schon 2018 erhebt die Architekten-Kammer NRW den Komplex zum „Big Beautiful Building“, eine Auszeichnung für beispielhafte öffentliche Gebäude der Sechziger Jahre. Das XXL-Freibad neben dem Grugapark ist seit jeher ein Superlativ, denn nirgendwo in Deutschland gibt es so viel Freibad konzentriert an einer Stelle: 50 Meter Sportbecken plus 10-Meter-Sprungturm plus Wellenbecken plus 2000 Quadratmeter Nichtschwimmerbecken.

Angela Weber bietet regelmäßig Architekturführungen durch das Grugabad an, so auch an diesem Jubiläumssonntag. Gemeinsam mit dem Team um Badleiter Thomas Schulte erläutert der Verein „Grugabad-Freunde“ die Architektur, Geschichte und Technik des Essener Groß-Bades. Von Beginn an fasziniert die terrassenartig angelegte Grugabad-Landschaft, sie geht zurück auf den Entwurf des gebürtigen Essener Architekten Gerd Lichtenhahn. „Die Daseinsfürsorge steht von Anbeginn im Mittelpunkt des Grugabades, es ist ein Erholungsort und von demokratischen Prinzipien beseelt“, sagt Angela Weber.

Die Vize-Weltmeisterinnen im Synchronschwimmen Birte und Silke Hohlstein zeigen im Sportbecken ihre Künste.
Die Vize-Weltmeisterinnen im Synchronschwimmen Birte und Silke Hohlstein zeigen im Sportbecken ihre Künste. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Schwimm-Ass Christian Keller lädt ein zum exklusiven Schwimmtraining

Die Jubiläumsfeier ist klein, aber fein. Das Essener Schwimm-Ass Christian Keller (51), Medaillengewinner bei Welt-, Europameisterschaften und Olympia, veranstaltet auf der 50-Meter-Bahn ein exklusives Schwimmtraining. Und gibt Freizeitschwimmern wertvolle Tipps: „Annette, dein Armzug ist zu groß.“ „Axel, du musst unter 20 Züge kommen.“ Beim Brustschwimmen komme es überhaupt auf die richtige Technik an. „80 Prozent der Kraft sitzt in den Beinen.“ Wenig später zeichnen die aktuellen Synchron-Vizeweltmeisterinnen Birte und Silke Hohlstein kunstvolle Bilder ins Wasser. Außerdem gibt‘s offene Aquakurse.

„Essen ist ohne das Grugabad nicht denkbar“, sagt OB Thomas Kufen, „es ist ein Bad, das fasziniert, eine Institution.“

„So groß, geflieste Wände in den Duschen – und warmes Wasser. Gemähter Rasen als Liegefläche. Die super Rutsche. . . Wir gaben vor Auswärtigen mächtig damit an.““

Hedwig aus Essen
Erinnerung an den ersten Besuch des Grugabades

Grugabad-Freunde haben sich längst festgelegt: Überwiegende Mehrheit lehnt Hallenbad-Pläne rigoros ab

Der Mythos Grugabad ist die eine Seite der Medaille, der gewaltige Sanierungsstau von mindestens 48 Millionen Euro die andere.
Der Mythos Grugabad ist die eine Seite der Medaille, der gewaltige Sanierungsstau von mindestens 48 Millionen Euro die andere. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Eine große Grugabad-Liebhaberin ist die Schauspielerin Katja Heinrich, deren Tochter hier jedes Jahr Geburtstag feiert, vor wenigen Tagen den vierzehnten. Sie präsentiert Wünsche und Visionen von Badegästen sowie eine kleine Auswahl der schönsten Kindheitserinnerungen. Das Mädchen Hedwig, das bis dahin nur die spartanische Badeanstalt an der Ruhr bei Haus Scheppen kannte, staunte nicht schlecht, als sie mit Bus und Tram in die Stadt fuhr und zum ersten Mal das Grugabad sah. „So groß, geflieste Wände in den Duschen – und warmes Wasser. Gemähter Rasen als Liegefläche. Die super Rutsche. . . Wir gaben vor Auswärtigen mächtig damit an.“

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Der Mythos Grugabad ist die eine Seite der Medaille, der gewaltige Sanierungsstau die andere. Vor zwei Jahren lag er noch bei 48 Millionen Euro, inzwischen dürfte er weiter gestiegen sein. Noch ist unklar, wohin die Reise geht. Bleibt es bei der reinen Generalsanierung und dem Erhalt als Freibad oder verwandeln sie das Nichtschwimmerbecken durch eine zusätzliche Teilüberdachung in ein Hallenbad? Der 200 Mitglieder zählende Verein „Grugabad-Freunde“ hat sich in einem klaren Mitgliedervotum längst festgelegt. „90 Prozent wollen, dass das Grugabad ein Freibad bleibt“, sagt die Vorsitzende Heide Koch. Die Dezernentin Simone Raskob hingegen erwartet mit Spannung das Ergebnis der Ausschreibung und verweist auf die „vielen hochkarätigen Bewerbungen aus ganz Europa“.

Ulrich Wiedemeier (61) hat die Sommer seiner Kindheit und Jugend im Grugabad verbracht: zuerst mit seinen Eltern, später mit Freunden. Hier habe er das Schwimmen gelernt, jetzt komme er immer noch drei, vier Mal in der Woche zum Schwimmen. „Das Grugabad“, schwärmt er, „ist mein Wohnzimmer.“

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