Essen. In NRW läuft jetzt das neue Kita-Jahr. Manche Kinder gehen schon mit vier Monaten in die Kita. „Viel zu früh“, finden manche Eltern. Zu Recht?

  • In NRW ist das neue Kita-Jahr gestartet
  • Manche Eltern bringen auch ihre sehr jungen Kinder schon in die Kita. Ist das verantwortungslos?
  • Das haben unsere User in den sozialen Medien diskutiert. Wir fassen die Debatte zusammen.

Das Kind schon mit vier Monaten in die Betreuung geben? Diese Möglichkeit bieten unter anderem zwei Kitas in Essen an. In die Kindertagesstätte Essener Straße und in die Kita Sonnenschein können Eltern ihre Kinder schon bringen, wenn sie noch unter einem Jahr alt sind. In der Regel beginnen Kitaplätze für Kinder unter drei Jahren erst ab dem vollendeten ersten Lebensjahr.

In den sozialen Medien wird das von Eltern aus NRW kontrovers diskutiert. Viele finden vier Monate „zu früh“, einige sogar „verantwortungslos“. Eine Userin schreibt: „Mein Kind ist nur einmal klein. Und das will ich genießen.“ Bis ihr Kind drei Jahre alt ist, werde sie es auf jeden Fall zu Hause betreuen, so die Mutter.

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Auch Userin Bina ist froh, dass sie die ersten Jahre mit ihren Kindern zu Hause verbracht hat. „So konnte ich ihre Entwicklung mitbekommen“, schreibt sie. Und: „Ich würde es immer wieder tun.“ Diese Zeit bringe schließlich niemand wieder zurück. Es sei traurig, dass viele Eltern ihre Kinder so früh abgeben müssten, weil sie sonst etwa finanziell nicht „über die Runden“ kämen.

Mutter wünschte sich Betreuung ab vier Monaten: „Ich bin auf dem Zahnfleisch gekrochen“

Anders sieht das Mutter Karline. Sie hat ihre Kinder bereits mit sechs Monaten in der Krippe abgegeben. „Trotzdem hatten wir eine tolle Zeit miteinander“, betont sie. Das Muttersein sei ziemlich anstrengend gewesen, als ihre Kinder noch unter drei Jahre waren. Die Unterstützung durch die Einrichtung habe ihr damals sehr geholfen.

„Ich finde die Möglichkeit gut“, kommentiert eine weitere Userin. Rückblickend hätte sie das Angebot gerne für sich genutzt. Für die Selbstständige war es damals „ein Spagat“, Kind und Beruf unter einen Hut zu bringen. Manchmal musste sie ihr Kind sogar mit ins Büro nehmen. „Ich bin auf dem Zahnfleisch gekrochen.“

Kitas für Kinder ab vier Monaten „gibt es schon seit Jahrzehnten“

Das Thema beschäftigt viele Eltern an Rhein und Ruhr. Insgesamt erreichten rund 6000 Kommentare die Redaktion. Dabei sind die beiden Essener Kitas bei weitem kein Einzelfall. Im Gegenteil: So können etwa auch in den Einrichtungen des Essener Kita-Zweckverbands, einem der größten Träger der Region, Kinder ab vier Monaten betreut werden.

Und auch Kitas der Arbeiterwohlfahrt (AWO) bieten diese Möglichkeit an – und zwar „seit Jahrzehnten“, sagt Andreas Wiemers, Sprecher der AWO Niederrhein. „Die Betreuung von Kindern ab vier Monaten ist in NRW fest in den Konzepten der Kitas verankert und ein normaler Bestandteil des Kita-Alltags.“ 

Lina Strafer
„Die Aufnahme von Kindern im Alter von vier Monaten bildet eher die Ausnahme“, sagt Lina Strafer vom Essener Kita-Zweckverband.  © ZWECKVERBAND KATHOLISCHE TAGESEINRICHTUNGEN FÜR KINDER IM BISTUM ESSEN | unknown
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Das liege ganz einfach am Rechtsanspruch, der besagt, dass Kinder vor vollendetem ersten Lebensjahr unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz haben, sagt Daniela Heimann vom Landeselternbeirat NRW. Und das sei auch gut so.

„Es ist sinnvoll, wenn Plätze ausgebaut und damit jene berücksichtigt werden, die aus besonderen Gründen schon vor dem ersten Geburtstag ihres Kindes einen Anspruch haben.“ Gerade für Eltern, die noch in der Schulausbildung sind, Weiterbildungen machen oder ihre Kinder alleine erziehen, sei das Angebot oft eine große Hilfe.

Kita-Verband: „Die Betreuung von jüngeren Kindern ist für Erzieher herausfordernd“

Auch Awo-Sprecher Andreas Wiemers findet es wichtig, Eltern eine frühe Betreuung ihrer Kinder zu ermöglichen. Vor allem, damit sie Beruf und Familie besser vereinbaren können. Tatsächlich nutzen Eltern das Angebot allerdings nur „sehr vereinzelt“. „Die Aufnahme von Kindern in diesem Alter bildet eher die Ausnahme“, sagt auch Lina Strafer vom Kita-Zweckverband.

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Das liege zum einen daran, dass viele Mütter ihre Kinder noch stillen. Zum anderen sei die Mehrheit noch in Elternzeit. Für die Kitas ist das eine Entlastung. Denn obwohl die Betreuung jüngerer Kinder generell „eine große Bereicherung“ sei, stelle sie die Erzieherinnen und Erzieher im Alltag vor viele Herausforderungen. „Jüngere Kinder haben in der Regel einen größeren Betreuungsbedarf und benötigen mehr pflegerische Begleitung“, so Strafer.

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Diese Herausforderung sieht auch Hanna Busch, Leiterin des Jugendpsychologischen Instituts in Essen. „Wenn es um den frühen Start in der Kita geht, dann stehen sich häufig zwei Aussagen gegenüber: Frühe Fremdbetreuung schadet der Eltern-Kind-Beziehung gegen: Kitas sind das beste Lernumfeld“, fasst sie die Debatte um den frühen Kita-Start zusammen. Laut Busch ist eine frühe Fremdbetreuung in der Kita jedoch nicht per se schädlich. Worauf Eltern achten sollten, erklärt sie im Interview: Ist mein Kind zu jung für die Kita? Das rät eine Expertin.

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