Emmerich/Rees. Erst schluckte er Medikamente, dann Alkohol. Es folgte eine Straftat. Warum ein Angeklagter aus Rees nicht die Wahrheit sagen konnte.

„Schuldig“, das Urteil hängt schwer über dem Saal des Emmericher Amtsgerichts. Wer einen Einspruch gegen den Strafbefehl einlegt, der hofft mindestens auf die Einstellung seines Verfahrens. Jedenfalls ist das die Norm. Ein Mann aus Rees hingegen nahm seinen Schuldspruch dankend an, setzte die Baseballcap auf und spazierte mit friedlichem Lächeln aus dem Prozess. Letztlich bekam er nämlich doch, was er forderte.

Mitte Dezember riefen Leiter einer Gemeinschaftsunterkunft in Haldern gegen Mitternacht die Polizei. Einer der Bewohner hatte sich betrunken und setzte nun zu verbalen Streitigkeiten an. Bevor die ausarten konnten, trafen Beamte ein. Nachdem sie den 24-Jährigen Unruhestifter ins Fahrzeug setzten, nahm er eine Polizistin ins Visier. „Schlampe“ soll er ihr immer wieder an den Kopf geworfen haben.

Biss nach Polizisten

Auf der Wache angekommen gehörte der Angeklagte in Gewahrsam. Dazu griff ein Polizist nach der Goldkette des Mannes, um diese abzulegen. Laut Strafbefehl fletschte der Reeser daraufhin die Zähne, bevor er nach der Hand des Polizisten biss. Wäre der nicht schnell genug ausgewichen, so die Anklage, wäre es zu einer ernsthaften Körperverletzung gekommen.

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„Die Wahrheit kann ich heute nicht sagen, denn ich kenne sie nicht“, gab der 24-Jährige nach Verlesung aller Vorwürfe zu. Er sei am Tatabend so betrunken gewesen, dass er sich an nichts erinnere. Da er außerdem Tabletten gegen psychsiche Krankheit nehme, habe er die Kontrolle verloren. Daraus habe er die Lehre gezogen, nun die Finger vom Alkohol zu lassen. „Ich weiß, dass das alles meine eigene Schuld war, es tut mir wirklich leid und ich möchte mich bei euch beiden entschuldigen“, richtete sich der Angeklagte an die betroffenen Beamten.

Geschmacklos durch giftigen Cocktail

Durch seine unverzögerte Einlassung kam die Frage auf, wieso er überhaupt Einspruch gegen den ursprünglichen Strafbefehl erhob. Gestikulierend rang er sich die Worte ab, die anfangs fehlten. Nicht der Schuldspruch sei das Problem, sondern die zugehörige Geldstrafe von 1150 Euro: „Ich habe es versucht, aber ich schaffe es einfach nicht, das zu bezahlen.“ Wöchentlich komme er immerhin nur auf 47 Euro, die er frei zur Verfügung habe.

Angesichts dessen sprach das Gericht einen neuen Schuldspruch aus, diesmal mit halbierter Geldstrafe. „Sie müssen echt aufpassen, was Sie machen. Das hätte wirklich anders, deutlich schlimmer, ausgehen können“, appellierte die Vertretung der Staatsanwaltschaft an den Mann aus Rees. Zufrieden stimmte der zu, dem Giftcocktail aus Tabletten und Alkohol habe er entsagt. Das geschmacklose Verhalten, das damit einhergehe, sei es nicht wert.