Emmerich. Der Biokunststoff-Hersteller Biotec in Emmerich übt Kritik an einer geplanten EU-Verordnung zu Verpackungen. Das sind die Gründe für die Kritik.
Man stelle sich vor, viele Dinge, die heute aus Plastik bestehen, könnten in Zukunft aus kompostierbarem Material bestehen. Gerade für Lebensmittelverpackungen könnte das ein Segen sein. Statt etwa eine Ketchup-Flasche oder andere Tuben mit Saucen umständlich von Nahrungsresten zu befreien, um sie zu recyceln, könnte man sie direkt in Gänze wiederverwerten.
An genau solchen Materialien arbeitet die Emmericher Firma Biotec. Hier spricht man in diesem Zusammenhang von Biopolymeren – nicht „Plastik“. Auch wenn die hier hergestellten Materialien eigentlich genau dazu bestens geeignet sind, jene Produkte zu ersetzen, die man sonst aus klassischen Kunststoffen – umgangssprachlich Plastik – herstellt.
Mögliches Teilverbot für kompostierbare Kunststoffe
Nun hat die Emmericher Firma ein Problem mit einer neuen Verordnung der EU, die so umgesetzt werden soll. Nämlich mit der Verordnung zu Verpackungen- und Verpackungsabfällen. Im ersten Entwurf dazu gab es, so schildert es Biotec-Geschäftsführer Stefan Barot, quasi eine weiße Liste für die Anwendungsfelder, für die Produkte der Firma noch in Frage kämen. Das wären Kaffeepads, Teebeutel und die dünnen Tüten, mit denen Kunden im Supermarkt für gewöhnlich Obst und Gemüse verpacken. „Alles andere wäre verboten“, erklärt Barot.
In der veröffentlichten Fassung sei dies nicht mehr explizit erwähnt, scheine aber nach Rücksprache mit Vertretern der Kommission immer deren Absicht zu sein, so Barot. Und da es sich um eine Verordnung handele, statt um eine Direktive, hätten die Mitgliedsstaaten am Ende wenig Spielraum bei der Umsetzung der EU-Gesetzgebung.
Produkte werden vor allem ins Ausland verkauft
Das hat, so meint man bei Biotec, dann entsprechende Konsequenzen: „Wir würden damit die Innovation kaputtmachen. Neue Kunststoffe in der Verpackungsindustrie wären damit nicht mehr möglich“, erklärt Stefan Barot. Dabei könnte man, wie eingangs erwähnt, mit den kompostierbaren Materialien viel bewirken, gerade da, wo die Polymere mit Lebensmitteln in Kontakt kommen und nur schwer von deren Überresten zu befreien sind. „Wenn wir heute noch mal investieren würden und wir könnten uns einen Standort aussuchen – es wäre nicht Deutschland“, sagt Barot.
Schon jetzt verkaufe man die eigenen Produkte vor allem nach Italien, Frankreich, Spanien, England und Österreich. Auch weil dort der Umgang mit Abfällen ein anderer ist. „Italien hat den Schnitt gemacht, die Biomasse aus der Verbrennung herauszuziehen“, erklärt Barot, der seit Juli 2022 der Vorstandschef der European Bioplastics, der Vereinigung der europäischen Hersteller von Bio-Kunststoffen ist. In einigen Ländern, wie zum Beispiel Italien, dürfen Obst und Gemüse nur noch in kompostierbaren Tüten verkauft werden. Hier boomt das Geschäft mit den kompostierbaren Kunststoffen – die dort industriell kompostiert und wieder zurück in den Wertstoffkreislauf gebracht werden.
Ideologisches Problem bei kompostierbarem Kunststoff?
Damit die EU-Regelung ihnen nicht das Geschäft verhagelt, suchen die Verantwortlichen bei Biotec den Austausch mit der Politik. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Rouenhoff und der CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Günter Bergmann waren bei Biotec zu Besuch und erörterten mit Stefan Barot und Peter Brunk die Situation. Rouenhoff erklärte, man wolle die fragliche Richtlinie in der EU vor den nächsten Wahlen noch durch die Instanzen bringen und drücke daher aufs Gaspedal. Beide Unions-Politiker wollten schauen, wie sie eventuell vermitteln können.
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Die beiden Geschäftsführer von Biotec sehen derzeit vor allem in Deutschland ein ideologisches Problem. Man habe den Eindruck, die von der EU geplante Regelung ginge der derzeitigen Regierung noch nicht weit genug. Probleme sieht man, so macht es beim Gespräch zumindest den Eindruck, vor allem bei den Grünen.
Wegwerfmentalität ist wohl ein Dorn im Auge
Das mag verwundern, wenn es um kompostierbare Materialien geht – wird aber vielleicht klarer, wenn man sieht, dass auch viele Umweltschützer eher daran interessiert sind, etwas an der Wegwerfmentalität der Menschen zu ändern und daher am besten ganz auf entsprechenden Verpackungsmüll zu verzichten. Zudem sehen auch einige Umweltverbände, wie der Nabu die Biokunststoffe kritisch, da diese auf konventionellem Weg nur schwer zu recyceln sind.
Am Ende bleibt die Frage, ob es sinnvoll ist, die Schaffung neuer Produkte zu verhindern, die etwa Plastikverpackungen in anderen Bereichen ersetzen könnten – wie eben die am Anfang genannten Ketchup-Flaschen. Produkte also, die für ein gewöhnliches Recycling sonst aufwendig gereinigt werden müssten, statt sie in Gänze zu kompostieren, was – aufgrund von Wasserverbrauch und Energieaufwand – wohl auch nicht unbedingt gut für die Umwelt ist.