Emmerich. Neue Informationen, Bürger und Politik nicht beteiligt: Die Politik ist mit dem Variantenvergleich zum Bahnhaltepunkt Elten nicht einverstanden.
Mit der Stellungnahme dazu, welche der fünf von der Deutschen Bahn vorgestellten Varianten für den dauerhaften Bahnhaltepunkt Elten die Stadt Emmerich bevorzugt, wird sich die Politik noch Zeit lassen. Im Ausschuss für Stadtentwicklung regten sich die Politiker sehr darüber auf, dass viele Details erst in der Sitzung bekannt wurden. Man verständigte sich, dass in der nächsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses erstmal nur das weitere Vorgehen besprochen werden soll. Noch nicht die Varianten.
Mitglieder der Bürgerinitiative Rettet den Eltenberg taten ihren Unmut kund, dass ihre Lösung für den Bahnhaltepunkt, den sie in der vom Rat favorisierten Gleisbettvariante am Eltenberg auch schon mit eingeplant hatten, gar nicht mit verglichen wurde. Gabriele Matz als Vertreterin des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR), der als Geldgeber bei der Variantenwahl ein gehöriges Wörtchen mitsprechen darf, räumte ein, dass dem VRR diese Variante im Detail nie vorgelegt wurde, sie sich diese aber ansehen würde.
Bahnhaltepunkt war zum Start des Verfahrens noch kein Thema
Das Prozedere ist kompliziert. Aktuell findet ein Deckblattverfahren (DBV) zum Planfeststellungsverfahren (PFV) 3.5 zur Bahnübergangsbeseitigung in Elten statt. Das DBV ist ein Instrument, das zum tragen kommt, wenn an der bestehenden Planung im laufenden Prozess etwas geändert wird. Der Bahnhaltepunkt war zum Start des Verfahrens 2013 noch gar kein Thema: „Wir sind im Verfahren eine Antwort schuldig“, sagte Michael Teitzel, DB-Projektabschnittsleiter.
Gleichzeitig wird das DBV genutzt um Änderungen am Viadukt, ein neuer Schallschutzwall oder die inzwischen vom EU-Gerichtshof eingeforderte gutachterliche Bewertung des Einflusses der Maßnahmen aufs Grundwasser einzubringen.
Fünf Varianten geprüft – ohne Lösung der Bürgerinitiative
Die dauerhaften Bahnsteige werden etwa doppelt so lang, wie die provisorischen heute. Das sind die fünf Vorschläge:
- Variante 1: Sonderwykstraße, Kosten ca. 5,0 Mio. Euro. Hier wäre eine neue Unterführung nötig, um zum anderen Gleis zu kommen. Ein Problem ist auch der leichte Bogen des Bahnsteiges – wegen des Berges.
- Variante 2: südliche Lobither Straße, Kosten ca. 5,6 Mio. Euro. Da befindet sich der Bahnübergang heute, also links vom Ortskern kommend. Auch hier wäre eine Unterführung nötig, ebenso Rampen und Treppen.
- Variante 3: nördliche Lobither Straße, Kosten ca. 6,4 Mio. Euro. Das wäre die Lösung vom Ortskern kommend rechts. Das ist da, wo heute der Bahnsteig liegt. Hier würden die Bahnsteige gegenüber liegen. Es wäre eine gewendelte Rampenführung nötig – aufwendig und teuer.
- Variante 4: nördliche Lobither Straße mit Anbindung Eisenbahnunterführung, Kosten ca. 7,9 Mio. Euro. Hier würde es eine Rampe aus der Unterführung der neuen Lobither Straße zum Bahnsteig geben. Es gäbe also zwei Zugänge zum Bahnhaltepunkt.
- Variante 5: neue Lobither Straße, Kosten ca. 3,8 Mio. Euro. Direkt an der Unterführung liegend müsste keine zusätzliche Unterführung gebaut werden, was die Kosten drückt. Rampen und ein Treppenaufgang müssten aber her.
- Und was schlugen die Bergretter vor? Baulich wäre es etwa mit Variante 5 vergleichbar, aber verortet nahe der Sonderwykstraße – inklusive einer Park+Ride-Lösung.
DB für Variante 5, VRR für 2, Stadt Emmerich für 3
Teitzel hat in der Sitzung angekündigt, dass die DB die Bewertung einzelner Faktoren in der Gewichtung leicht verändert habe. So wurde zum Beispiel stärker gewichtet, dass Variante 5 fußläufig schlecht zu erreichen sei vom Ortskern aus. Dennoch blieb es dabei: „Variante 5 ist für uns die beste Variante.“ Denn „sie ist die wirtschaftlichste“.
Der VRR als Bewilligungsbehörde und jene Instanz, die die Betriebsleistung bestellt (der RE 19), spricht sich für Variante 2 aus, weil hier der Fußweg kürzer ist: „Wir wollen ja auch neue Fahrgäste gewinnen“, so Matz. Auch hier wunderten sich einige Politiker, weil in der Vorlage wohl auch stand, dass der VRR Variante 3 bevorzuge, wie die Stadt Emmerich. „Variante 2 ist 800.000 Euro günstiger. Und wir sehen in Variante 3 keinen Vorteil gegenüber 2“, schildert Matz.
Bürger und Politik bisher nicht beteiligt: „Es ist respektlos“, sagt Sabine Siebers (Grüne)
Die Politiker sorgten sich, dass bei einer Zustimmung zu einer Variante im DBV durch die Hintertür vom Ratsbeschluss abgewichen wird, sich für die optimierte Gleisbettvariante auszusprechen – also eine bergferne Bahnvariante. „Da brauchen sie sich keine Sorgen zu machen. Die Stellungnahme der Stadt bleibt im Verfahren“, so Teitzel. Aber die DB müsse erstmal davon ausgehen, dass die eigene Planung (bergnah) zum Tragen komme.
Teitzel sagte: „Wir sind an einer einvernehmlichen Lösung interessiert, aber es muss machbar sein, finanziell und technisch.“ Das wollten viele Politiker so nicht glauben: „Wir vermissen eine frühzeitige Bürgerbeteiligung“, sagte Harald Peschel (SPD). „Schade, dass die Politik und die Bürgerinitiative nicht eingebunden wurden“, bemerkte Jörn Bartels (BGE). „Es ist respektlos. Leute vor Ort werden nicht gehört. So kommt es bei mir an“, erzürnte sich Sabine Siebers, Grünen-Fraktionschefin.
Johannes Ten Brink moniert: Radfahrer wurden in der Planung nicht bedacht
Matthias Reintjes, CDU-Fraktionschef, monierte neben neuer Infos und neuer Präferenz des VRR, dass die ganze Diskussion sehr theoretisch sei – getrennte Planfeststellungsverfahren durch DB und Straßen NRW und dann das DBV: „Ohne das große Ganze ist es schwer kommunalpolitisch zu entscheiden. Wer hat denn die Hosen an? Wer entscheidet?“ Welche Haltepunktvariante am Ende gebaut wird, entscheidet das Eisenbahnbundesamt, das alle Argumente abwägen muss. Auch die vom Rat zu beschließende Stellungnahme der Stadt Emmerich.
Mächtig regte sich Johannes Ten Brink (CDU) auf, seines Zeichens pensionierter Bahningenieur, der die Materie gut versteht: „Haben Sie mal an die Radfahrer gedacht? Vom Viadukt bis zum Sportplatz gibt es keine Radanbindung.“ Eine gradlinige Querung fehle. Die DB lasse Planungsgrundsätze vermissen. Teitzel hält jedoch die Querung in Variante 5 für gradlinig.
Auf Nachfrage von Maik Leypoldt (BGE) kam heraus, dass die Stellungnahme bis 14 Tage nach der Offenlage noch eingebracht werden kann. Selbst eine Fristverlängerung könnte beantragt werden. Die Offenlage wird vermutlich im ersten Halbjahr 2022 erfolgen.
>> Pläne von Straßen NRW schon weiter als gedacht? Jansen fordert Veröffentlichung
Aufhorchen ließ eine Aussage von Michael Teitzel zu der Frage, was denn sei, wenn im Planfeststellungsverfahren Straßen NRW etwas anderes heraus kommt, als im Verfahren der DB. Wenn der Beschluss von Straßen NRW zuerst komme, dann müsste die DB umplanen. Aber: „Allen Beteiligten ist die Abhängigkeit bewusst. Ich bin überzeugt, das wird passen. Bis auf die Gleisbettvariante passen alle Varianten mit der DB-Planung zusammen.“ Daraufhin fragte Ausschussvorsitzender Albert Jansen: „Wenn Straßen NRW schon so weit ist, warum kommen die nicht in die Öffentlichkeit damit? Also hat die Bezirksregierung doch den Hut auf.“