Rees.. Der Kauz ist standorttreu. Doch als der alte Apfelbaum, in dem er nistete, zusammenbrach, zimmerte Andreas Linssen kurzerhand einen Steinkauzkasten.
Seit Generationen nisten Steinkäuze in den alten Obstbäumen Im Lohr. Andreas Linssen (42) kann sich noch daran erinnern, als Junge auf dem Hof seiner Großmutter Hedwig Bleckmann die markanten Warnrufe des Eulenvogels „guhat, kwiau“ gehört und die Steinkäuze in den Abendstunden beo-bachtet zu haben. Dass es die Eulenvögel dort auch heute noch gibt, ist seiner Initiative zu verdanken.
Früher war die Wiese seiner Großmutter voller Hochstammbäume. Nach und nach brachen die Obstbäume altersmüde zusammen. „Vier große Apfelbäume waren es zuletzt noch, ich glaube, es war 2009, als der letzte alte Baum in einem Sommersturm zu Boden ging“, erzählt Andreas Linssen. Vermutlich eine Sternrenette. Ein besonderer Baum, denn in einer Asthöhle brüteten seit Jahren die Steinkäuze.
Kasten auf einen Balken montiert
Andreas Linssen wurde noch am gleichen Tag aktiv, um dem typischen Bewohner der niederrheinischen Kulturlandschaft zu helfen. Im Internet machte er sich schlau, wie man eine Nisthöhle zimmert. „Nur wohin damit?“, fragte er sich als sie fertig war. „In die Kopfbäume konnte ich sie nicht legen, weil sie in regelmäßigen Abständen geschnitten werden.“ Sein Blick fiel auf den von seinem Onkel Herbert Timp gebauten Schaf-Unterstand. Andreas Linssen montierte den Kasten im Innern des Stalls auf einen Balken. „Weil die Vögel dort vor Regen und Unwettern geschützt sind“, so seine Überlegung.
Die Rechnung ging auf. Schon im folgenden Jahr war das Steinkauzpaar wieder da, um eine Familie Im Lohr zu gründen. „Steinkäuze bleiben dem Revier und übrigens auch einander treu“, weiß der Naturfreund. Inzwischen haben schon viele Steinkauzkinder dort das Licht der Welt erblickt.
Die Linssens freut das. „Es ist irgendwie beruhigend, die Tiere zu beobachten“, sagt der Reeser. Abends sehen er und seine Frau Sandra die Vögel häufig auf den Weidepfählen sitzen oder auf dem Misthaufen. Aktuell hat Familie Steinkauz nur ein Junges, in früheren Jahren waren es auch schon mal drei.
Wenig erfreut über soviel Nachwuchs sind die Amseln. „Die sind nervös, weil sie um ihre Jungen bangen“, erzählt Linssen. Vor Jahren hat er beobachtet, wie ein Amselvater einen Kauz, der offenbar den Amselkindern zu nahe gekommen war, mit lauten Gezeter verjagte.
Überhaupt ist das Anwesen der Linssens ein Paradies für Vögel. Im Buchsbaum hat schon mal eine Heckenbraunelle genistet, im wilden Wein ein Zilpzalp, hier am Hof waren es Mauersegler und Amseln leben hier sowieso.
Auch Familie Kauz wird sicher weiter hier brüten. Vor wenigen Tagen hat Andreas Linssen ihnen eine neue Brutröhre gebaut, weil die alte nicht mehr besenrein war. „Obwohl Dreck vermutlich gar nicht hinderlich ist“, so Linssen. Schließlich wird auch eine Asthöhle nicht gereinigt. Die neue Nisthöhle hat verglichen mit ihrer Vorgängerin einen Schutz: eine Mardersperre. „Drinnen befindet sich eine Wand, so dass der Kauz um die Ecke muss“, erklärt der Reeser. Für einen Marder offenbar ein unüberwindliches Hindernis. Die Bauanleitung hat sich Linssen wieder aus dem Internet heruntergeladen.
Aufhängen wird er die neue Brutröhre wieder im Schafunterstand. Nur dieses Mal so, dass er die Tiere besser beobachten kann.
Übrigens: Käuze gelten als verschroben, unbeholfen und eigenbrötlerisch. In Anlehnung daran werden eigenbrötlerische Menschen gelegentlich auch als „Kauz“ oder „kauzig“ bezeichnet. Zudem werden Käuze im Volksaberglauben für Unglücksbringer und Todesboten gehalten. Daher „übersetzte“ man den Ruf des Kauzes oft mit „Komm mit, komm mit, bring Schüpp und Spaten mit!“ – was auf das baldige Kommen des Totengräbers hindeuten sollte. Das hat An-dreas Linssen von seiner Großmutter erfahren. Aus Sparsamkeitsgründen waren früher nur wenige Fenster beleuchtet. Lag jemand im Sterben, brannte dort die Kerze oder das Licht. Dort halten sich die Insekten gern auf. Und somit auch die Käuze, weil sie ihnen die Insekten als Nahrung dienen.