Rees-Haldern. Fabian Simon & The Moon Machine überzeugten beim Auftakt auf Reinders Wiese am Freitag beim Haldern Pop Festival. Was Donnerstag noch geschah.
Haldern Pop hat nach dem launigen Auftakt am Donnerstag auch am Freitag seinen Groove gefunden. Fabian Simon & The Moon Machine brachten das Publikum gleich zu Beginn auf Reinders Wiese in Stimmung. Der Utopian-Kraut-Folk, wie der Frontmann die Musik bezeichnet, passte perfekt ins Ambiente mit Sonnenschein und Waldrandatmosphäre.
Die reife Stimme wird ummantelt von leichtfüßigen Kompositionen, die es verstehen, die Stärken des Trios (Gitarre, Schlagzeug, Keyboard inklusive Bass-Töne) hervorzuheben. Einflüsse von Rock’n’Roll, Blues und 60er Psychedelic-Rock sind herauszuhören. Die bockstarken Harmonien sorgen meist für eine fröhlich-verspielte Grundstimmung, aber auch melancholisch-verträumte Gitarrenexzesse finden ihren Platz.
Jetzt gibt’s auch Veggie-Wurst auf Reinders Wiese
Manch eine Wolke und Schirme bescherten den rund 200 aufgeteilten Rad- und Wandergruppen auch mal Schatten, Fabian Simon hingegen brutzelte wie ein Spiegelei in der Sonne: „Hör ma, dat drückt!“
Und Haldern Pop hat auch letzte Stellschrauben gedreht: Guckten Vegetarier am Donnerstag noch etwas sparsam, so bot der Grillstand am Freitag auch eine Veggie-Wurst. Daumen hoch.
The Holy brachten den Marktplatz zum Tanzen
Zwei herrenlose Mikrofone auf der Bühne. Kein Schlagzeug, keine großen Verstärkertürme, der Blick vor dem Konzert verschwindet im schwarzen Molton. Was soll da kommen und die Marktplatzkonzerte beim Haldern Pop Festival am Donnerstagnachmittag mitten im Dorfkern eröffnen? Instrumental vom Band, zwei Männer in weißen Anzügen kommen rückwärts gebückt aus dem Hintergrund auf die Bühne gelaufen, sie drehen sich um, greifen ihre Mikrofone und singen los.
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Die Tanz- und Gesangsperformance von Faux Real überzeugte vom ersten Song an. Die französisch-amerikanischen Brüder Virgile und Elliot Arndt aus Paris versetzen das Publikum vom Sound und Aussehen in die 80er-Jahre. „Es war ein einzigartiges Gefühl, das Haldern Pop Festival dieses Jahr eröffnen zu dürfen“, erklärten die beiden nach ihrer Show. Jede Zeile war untermalt durch eine einstudierte Tanzbewegung, insgesamt ein sehr körperlicher und dynamischer Auftritt mit artistischen Einlagen. Zeitweise sprangen die beiden Künstler in den Zuschauerbereich und tanzten impulsiv durch die Bierbank-Reihen. Ein Auftritt, bei dem man kaum still sitzen bleiben konnte.
Schneller Punk mit Johnny Mafia
Stillsitzen war auch beim nächsten Auftritt von Johnny Mafia eine Schwierigkeit. Die vier Jungs aus dem französischen Sens spielten schnellen, lauten Punkrock. Unter normalen Festivalumständen wären die Zuschauer zu dem kräftigen Sound wahrscheinlich wild durcheinander gerannt. Nur bei der Kommunikation mit dem Publikum haperte es allerdings aufgrund von sehr mäßigen Englischkenntnissen. Durch ihre witzige Art machten sie dies aber wieder wett.
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Den dritten Auftritt bestritten Kikagaku Moyo aus Japan und bauten ein sehr aufwendiges Instrumenten-Set auf. Sie spielten einen sich langsam aufbauenden sphärischen Indie-Sound, der in Trance versetzen könnte, wären da nicht viele zum Teil unerwartete Tempowechsel. Man konnte spüren und sehen, wie viel Spaß die fünf Musiker auf der Bühne hatten. „Wir sind sehr froh und dankbar hier spielen zu können“, erklärte der Schlagzeuger zum Ende des gelungenen Auftritts.
Beim Rockspektakel von The Holy wollten alle tanzen
Dann beim letzten Act des Abends hielt es das Publikum nicht mehr auf den Bierbänken. The Holy aus Finnland boten ein poppig-punkiges Rockspektakel, zu dem die etwa 100 Zuschauer einfach nur noch tanzen wollten. Die Energie der Band mit gleich zwei Schlagzeugern übertrug sich auf den dunkel gewordenen Marktplatz. Um Mitternacht war der Konzerttag vorbei, viele hätten gerne noch eine Zugabe gesehen.
In der Halderner St. Georgs-Kirche waren für Donnerstag sechs Konzerte geplant. Die Veranstaltung mit der belgischen Folk-Soul-Sängerin Meskerem Mees musste leider aus gesundheitlichen Gründen ausfallen. Christoph Dallach und Andreas Dorau unterhielten als Einstieg um 11 Uhr mit Beiträgen aus ihrem Buch „Future Sounds“. Danach folgte der Auftritt von Sam Berridge aus Großbritannien und die schwedische Band Tim The Lion Tamer.
Dreistimmig starke Dynamik bei All The Luck In the World
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Die irische Indie-Folk-Band All The Luck In The World sind gute alte Bekannte des Festival-Teams, mehrere Auftritte in Haldern und Kaltern, außerdem wird die Musik über das Halderner Label vertrieben. In ihrem Konzert in der Halderner Kirche spielte All The Luck In The World natürlich ihren größten Erfolg, den Titel „Never“, bekannt aus der Trivago-Werbung. Der Song erreichte im Frühjahr 2012 auf der Videoplattform YouTube über 1,7 Millionen Klicks und wurde dann 2013 als Single veröffentlicht.
Aber auch Stücke aus dem kommenden Album wie „Equinox“, gaben Neil Foot, Kelvin Barr und Ben Conolly zum Besten. Dreistimmig entwickelte das Trio viel Dynamik, die Instrumentierung – Gitarren sowie manchmal Klavier – dagegen, wurde meist sehr sparsam eingesetzt.
Kesswa mit Cantus Domus – das war sehr ansprechend
Gegen 21 Uhr wurde es voll auf der Bühne in der Kirche. Die Sängerin Kesswa trat mit Unterstützung des 20-köpfigen Chors Cantus Domus auf. Die Sängerin aus Detroit, Kind von nigerianischen Einwanderern, bot mit ihrer ausdrucksvollen Stimme eine perfekte Mischung aus Neo-Soul und spiritueller Gospelmusik. Bei ihren bekannten Titeln, wie „Open“, „Contemplate“ oder „To Find“, konnte der Chor Cantus Domus mit nur wenigen Tonfolgen wie „Oh“, oder „Ah“ einen besonderen und ansprechenden Hintergrund setzen.
Der Pianist Kai Schumacher beendete den Abend in der Halderner Kirche. Er spielte Eigenkompositionen und entlockte dem präparierten Flügel teilweise einen synthetischen, experimentellen Klang. In seiner Musik bewegte er sich zwischen Grunge, Folk-Pop, New Age, Indie-Rock bis zu Heavy Metal oder Techno. In seinen Stücken wechselten oft fast monotone Phasen mit abwechslungsreichen, melodischen sowie lauten Elementen. Bei „ACAB“ trieb er das auf die Spitze und kam bei seinem Klavierspiel allein mit drei Tönen A, C und B aus. Neben einigen Titeln aus seinem Album „Rausch“ standen noch zwei Titel der Berliner Musikgruppe Moderat auf der Setliste.
Passende Musik für das Ambiente in der Kirche
Die Plätze waren zum Großteil ausgebucht. Der Altar und Säulen waren in Rot illuminiert. Den Machern ist es auch diesmal wieder gelungen, die richtigen Musiker auszuwählen, deren Musik perfekt zum besonderen Ambiente und Akustik des Gotteshauses passte.