Rees-Haldern. Beim 38. Haldern Pop Festival ist alles anders. Ganz anderes Festivalerlebnis für einzelne Besuchergruppen. Es fühlte sich an, wie das erste Mal.
Über das 38. Haldern Pop Festival werden die Besucher noch lange reden. Alles ist anders. Die Besucher treffen sich in festen Gruppen für eine Radtour, eine Wanderung oder Marktplatzkonzerte und erleben zusammen eine schöne Zeit. Das wechseln der Konzertorte ist nicht möglich. Manche haben Einzeltickets zu Kirchen-Konzerten gebucht. Haldern Pop – das teilen wir uns? Diesmal nicht. Jede Gruppe erlebt ihr eigenes Festival. Und weil alles neu ist, herrscht ein gewisse Aufregung. Es fühlt sich ein bisschen an wie… das erste Mal.
Um 12 Uhr sollten die zehn Radtour-Gruppen auf dem Schulhof der Grundschule bereit stehen. Aber nur eine Handvoll Radfahrer stehen bereit. Das Bändchen abzuholen mit der Grid-App hat wohl etwas länger gedauert. Um 12.37 Uhr startet die Radgruppe 8 unter NRZ-Beteiligung. Erstes Ziel: Tourguides Petra und Werner Aleweiler – auch für sie das erste Mal als Helfer – führen die Gruppe bei strahlendem Sonnenschein zu Reinders Wiese am Rande des Halderner Waldes.
Der Erste Eindruck an Reinders Wiese überzeugt
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Hier hat Haldern Pop eine Bühne im Grünen aufgebaut. Jede Gruppe hat ihre eigenen Biergartenbänke. Der erste Eindruck ist gelungen: „Hier ist eine richtig schöne Atmosphäre“, sagt Karin Hübers aus Kleve. Ihre Begleiterin Silvia Kleuren ist auch begeistert: „Ich glaube nicht, dass hierbei ein Gewinn für Haldern Pop herum kommt. Toll, dass sie uns das hier ermöglichen.“ Ja, es ist ein Lebenszeichen, mit die Festivalmacher zurückkehren seit der Corona-Pandemie.
Die Getränke können per App bestellt werden. Da auch das hier für viele Besucher das erste Mal ist, hat der ein oder andere schon mal Probleme den richtigen Klick zu finden. Das wird schnell überwunden und die Haldern Pop Helfer bringen die Getränke wirklich im Nu zum Platz.
Oh Alien spielten ihr allererstes Konzert – beim Haldern Pop
An Reinders Wiese treten Oh Alien aus Österreich auf. Ihre verträumten Synthie-Pop-Klänge wirken zunächst schüchtern. Sie kommen immer mehr in Fahrt, so dass auch das Publikum langsam in Stimmung kommt. Online hat man von der Band nur zwei Lieder vorab finden können. Dann kommt die überraschende Aufklärung von Sängerin Anselma: „Das ist unser allererstes Konzert.“ Und dann gleich beim Haldern Pop? Wie das wohl zustande kam? Die Gruppe hatte sich halt kurz vor Corona gegründet. Sie ernteten nach diesem Geständnis auf jeden Fall tosenden Applaus. Ab da war Schluss mit schüchtern...
Einziger Makel: Es war auf der Radtour klar, Speisen würde es nur bei Reinders Wiesen geben, die auch für die letzte Station vier am Abend vorgesehen war. Allerdings gab’s für Vegetarier nur aus der Not Krautsalat im Brötchen. Die Aleweilers waren auf Zack und sorgten später für einen Zwischenstopp am Falafelstand an der Kirche.
Innehalten mit Cantus Domus am Haus Aspel
Station 2 führte in ein zauberhaftes Ambiente: in den Hof von Haus Aspel. Hier erwartete der Chor Cantus Domus die Radfahrer. Dirigent Ralf Sochaczewsky kündigte an: „Wir spielen heute Musik, die irgendwann mal für Chor unter freiem Himmel komponiert wurde.“ Ganz still hörte das Publikum zu. Lediglich das Vogelgezwitscher untermalte die beeindruckenden Chorklänge. Es war ein Moment der Besinnung: Alle haben lange auf solche Momente verzichten müssen. Innehalten und genießen war angesagt.
Derweil auf der Wanderroute, die sich nur Reinders Wiese als Station mit den Radfahrern teilte: Auch für das Kölner Duo Fovos Alif war es der allererste Live-Auftritt überhaupt – und dann auf einer Bühne, die keine Deckung bot: Ein Podest in der Mitte einer idyllischen Waldlichtung, ringsherum die rund 100 Teilnehmer der Wandergruppe, die dann entspannt und beglückt den 45 Minuten Midtempo-Gitarrenklängen plus mit Besen gespieltem Schlagzeug lauschten. Klar, da klappte nicht alles, aber wie schon der Sänger und Gitarrist mit bewundernswerter Lässigkeit einstreute: „Nicht schlimm“. Danach zog die Karawane weiter Richtung Osten, um auf einer Streuobstwiese DJ-Jane Tereza zu lauschen.
Große Halderner Gastfreundschaft erlebt nochmal eine Steigerung
Die Radfahrer trafen auch bei der Lebenshilfe in Groin im Sinnesgarten auf eine wieder ganz andere, nette Atmosphäre. Die Musik von Wolfgang Perez & Los Niños del Sol war eher speziell: Sanfte, funky Klänge, die dahinplätscherten, dann wieder durch Gejaule oder Kakophonien um Aufmerksamkeit warben. Diese war der Gruppe schon ob der knalligen, übergroßen Nerd-Pullis sicher. Aber die Radgruppen hatten sich ja viel zu erzählen.
Zum Abschluss dann Catastrophe wieder bei Reinders: Das Pariser Sextett bot ein melancholisches Potpourri, gewürzt mit Funk und Pop und viel Choreographie. Manchmal auch mehrstimmig fröhlich, fast mit einer Prise Abba, wenn es nicht voller Ironie stecken würde. Zum Ausklang konnten die Festivalbesucher in private Gärten gehen, wo man noch ein Gläschen getrunken hat. Wieder so ein erstes Mal. Kann man diese Halderner Gastfreundschaft denn noch steigern? Wahnsinn.