Duisburg. Laut repräsentativer Umfrage sehen Duisburger „Zuwanderung“ als größtes Problem. Diese Lösungsvorschläge machen die Bundestagskandidaten im Nord-Wahlkreis.
Bei der Bundestagswahl sind 312.420 Duisburgerinnen und Duisburger dazu aufgerufen, zwei Kreuze zu machen. Unsere Lokalredaktion hat die Direktkandidatinnen und -kandidaten in den beiden Duisburger Wahlkreisen zu Themen befragt, die für viele Einwohner hohe Priorität haben. So auch zur Migrationspolitik.
Unsere Frage: In der repräsentativen Bürgerbefragung der Stadt benannte 2023 über die Hälfte der befragten Duisburgerinnen und Duisburger „Zuwanderung“ als größtes Problem in Duisburg. Wo sehen Sie in Ihrem Wahlkreis Probleme und was werden Sie zu Lösungen beitragen? Das sind die Antworten der Kandidaten im Nord-Wahlkreis:
CDU-Kandidat: „Zuwanderung hat einige Stadtteile in eine soziale Schieflage gebracht“
Mahmut Özdemir (SPD): „Unsere Gesellschaft muss allen, unabhängig von ihrer Herkunft, gleiche Chancen bieten. Romantisch sehe ich das Thema Zuwanderung dennoch nicht: Wir haben hier Gesetze, wir haben hier aber auch eine soziale Ordnung. Dazu zählen Anstand und Respekt. Wer neu dazu kommt, muss den Wohlstand unserer Stadt verteidigen und mehren. Dafür sind eine Arbeit und das Erlernen der deutschen Sprache Grundbedingung. Für Kinder und Jugendliche müssen beste Bildungschancen geboten werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass einige Wenige, die mit kriminellen Strukturen den Sozialstaat ausbeuten, den Ruf der vielen, anständigen Neu-Duisburger:innen beschädigen. Es geht immer um den Menschen und das Miteinander.“
Björn Pollmer (CDU): „Die Zuwanderung in den letzten Jahren hat einige Stadtteile in eine soziale Schieflage gebracht. Die Probleme sind mangelnde Integration, Vermüllung, ein importiertes weltfremdes Frauenbild und Parallelgesellschaften. Damit ist Schluss, denn auch unsere Toleranz ist nicht endlos. Ich werde mich für sichere Grenzen und konsequente Zurückweisungen einsetzen. Wir müssen wieder selbst entscheiden, wer zu uns kommt und wer bleiben darf, Asylverfahren und Abschiebungen beschleunigen und den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten aussetzen. Ich halte es für richtig, Sozialleistungen für Ausreisepflichtige an dem von Gerichten aufgestellten Grundsatz „Bett, Brot und Seife“ auszurichten.“
Sascha Lensing (AfD): „Die unkontrollierte Massenzuwanderung und Armutsmigration belasten Duisburg massiv. Besonders in Vierteln wie dem Erlinghagenplatz in Friemersheim oder rund um die weißen Riesen in Hochheide leiden die Menschen unter zunehmender Kriminalität, Vermüllung und sozialem Verfall. Wir brauchen konsequente Abschiebungen ausreisepflichtiger Personen, eine klare Begrenzung der Zuwanderung und ein hartes Vorgehen gegen Identitätsbetrug und Sozialleistungsmissbrauch. Eine vollständige Bestandsaufnahme ist dringend nötig, um endlich Klarheit zu schaffen. Ich kämpfe dafür, dass Sicherheit, Ordnung und Lebensqualität in Duisburg wiederhergestellt werden – für alle Bürger unserer Stadt.“
Felix Banaszak: Integration nur durch Bekämpfung von Armut und Bildungsferne
Felix Banaszak (Grüne): „Die Vielfalt und der gesellschaftliche Zusammenhalt sind ein großer Gewinn für unsere Stadt und machen Duisburg zu dem, was es ist: Eine weltoffene, kumpelige, zusammenhaltende Stadt. Ob im Zuge der EU-Osterweiterung, oder auf der Flucht aus Syrien oder der Ukraine: Viele Menschen haben hier ein neues Zuhause gefunden, darauf können wir stolz sein. Integration ist aber auch eine gemeinsame Kraftanstrengung, die uns bisher nicht überall ausreichend gelungen ist. Kernprobleme wie Armut und Bildungsferne müssen benannt und entschlossen angegangen werden, um gesellschaftliche Teilhabe für alle zu ermöglichen. Nur so kann Integration in unserer Gesellschaft und hier vor Ort gelingen.“
Markus Giesler (FDP): „Die Duisburger differenzieren stark. Wenn sie „Zuwanderung“ als größtes Problem angeben, steckt da weitestgehend kein Rassismus hinter, wie gerne unterstellt wird. Daher muss Politik dies ernst nehmen, und investieren! Kurzfristig können nur Sofortmaßnahmen helfen, bspw. eine stärkere Unterstützung durch andere Kommunen oder das Land. Langfristig wichtig für Integration ist aber eins: der Zugang zu Bildung. Daher plädiere ich dafür, dass Duisburg überproportional viele Talentschulen und eine bessere monetäre Unterstützung im Bildungsbereich erhält. Der sogenannte „Königsberger Schlüssel“ benachteiligt systematisch Kommunen wie Duisburg zum Beispiel im Vergleich zu Städten wie München.“
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Hüseyin Aydin (Die Linke): „Ich nehme die Sorgen der Duisburgerinnen und Duisburger ernst. Zuwanderung an sich ist nicht das Problem, sondern fehlende soziale Infrastruktur, Wohnraum und prekäre Arbeit sind die Duisburger Probleme. Die Lösung liegt in mehr bezahlbarem Wohnraum, besseren Bildungschancen und fairen Arbeitsbedingungen für alle. Durch Integration, soziale Gerechtigkeit und Ausbau öffentlicher Leistungen können Spannungen abgebaut und ein solidarisches Miteinander gefördert werden. Weltoffenheit und soziale Sicherheit schließen sich nicht aus.“
Dietmar Gaisenkersting (Einzelbewerber): „Es sind nicht die verzweifelten Menschen, die vor Krieg, Hunger und Armut fliehen, die für die soziale Katastrophe verantwortlich sind, sondern die Reichen und ihre Parteien. Zugewanderte aus Bulgarien und Rumänien werden in illegaler Beschäftigung, Leiharbeit, Prostitution usw. extrem ausgebeutet. Flüchtlinge dürfen lange Zeit überhaupt nicht arbeiten. Sie alle sind Verbündete im Kampf gegen Kapitalismus und Krieg. Bei Thyssenkrupp arbeiten Menschen aus mehr als 140 Nationen zusammen. Was sich jetzt gegen Migranten richtet, richtet sich morgen gegen streikende Arbeiter und protestierende Anwohner. Ich stehe für die internationale Einheit der Arbeiterklasse.“
Wir ergänzen die Antworten von Peter Römmele (MLPD) und Stefanie Kreitz (Freie Wähler) in Kürze.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht stellt keine Direktkandidaten auf. Für das BSW antwortet der Duisburger Bundestagsabgeordnete Christian Leye (ehemals Linke): „Viele Kulturen gehören heute zu Duisburg dazu. Gleichzeitig kann Zuwanderung auch eine Herausforderung sein. Es fehlt an Wohnraum, Kita- und Schulplätzen sowie an kommunalem Personal. Die Kommunen werden von Bund und Land mit den Kosten der Zuwanderung und Integration allein gelassen. Kriminalitäts- und Angsträume breiten sich in benachteiligten Stadtteilen aus. Wir brauchen eine Politik, die Regeln und Gesetze umsetzt, ohne weiter zu spalten und hetzen. Menschen ohne Bleibeperspektive müssen Deutschland verlassen. Gleichzeitig brauchen wir mehr Sprachkurse und Bildungsmöglichkeiten. Die Kriminalität muss wirksam bekämpft werden durch mehr Personal bei der Polizei und eine bessere Ausstattung.“
Kandidatinnen und Kandidaten im Wahlkreis Duisburg II (Nord)
Außerdem kandidiert im Duisburger Nord-Wahlkreis Peter Römmele für die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD).
Darüber hinaus werden weitere Direktkandidatinnen und -kandidaten kleinerer Parteien und wohl auch Einzelbewerber antreten. Dafür müssen sie bis zum 20. Januar 200 Unterstützungsunterschriften pro Wahlkreis vorlegen. Am 24. Januar entscheiden Kreis- und Landeswahlausschuss, wer die Vorgaben erfüllt.