Lehrermangel in Duisburg immer dramatischer: Hilft mehr Geld?
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Duisburg. Neue Zahlen zeigen, wie viele Lehrer an Duisburgs Schulen fehlen. Gesucht wird händeringend. Für diese Stellen wird sogar eine Zulage gezahlt.
Die Situation an den Schulen in Duisburg wird immer dramatischer. Die Statistik der Bezirksregierung weist fast 350 fehlende Lehrerinnen und Lehrer in den Kollegien aus, damit ist die Lehrerversorgungsquote erneut zurückgegangen. Im Februar, zum Start des letzten Schulhalbjahres, fehlten in Duisburg rund 300 Lehrkräfte. Die Versorgungslücke ist also um fast 17 Prozent gewachsen.
Um den Betrieb an allen 200 Duisburger Schulen aufrechtzuerhalten, werden rund 5000 Lehrerinnen und Lehrer benötigt, genauer gesagt 4976,45. Zum Stichtag Mitte September waren 4628,95 Lehrkräfte offiziell tätig und unterrichten Bio und Latein, Schreiben und Lesen oder kümmern sich um die Entwicklung von Kindern mit Behinderung. Jedenfalls theoretisch. Elternzeiten, Schwangerschaften, Langzeit-Erkrankungen reißen weitere Löcher in die Stundenpläne, ohne statistisch erfasst zu werden.
Lehrerversorgung an Schulen in Duisburg: Mangel ist größer als die Statistik
Das Dilemma ist nicht neu, schon lange können offene Stellen oft nicht zeitnah besetzt werden. Probleme gibt es vor allem an Grund- und Förderschulen sowie an Schulen für die Sekundarstufe 1. Die „personelle Situation an den Schulen ist nicht auf eine zu geringe Zuweisung von Stellen zurückzuführen, sondern ist vielmehr bedingt durch die zu geringe Anzahl von geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern“, schreibt eine Sprecherin der Bezirksregierung.
Umgekehrt seien aber auch nicht alle Neueinstellungen, Versetzungen oder Elternzeit-Rückkehrer stichtagsnah erfasst, betont sie.
Grundschulen und Förderschulen sind besonders geplagt
Die Förderschulen sind weiterhin die am stärksten betroffenen Schulen. Hier fehlen Mitte September 131 Lehrkräfte, die Quote liegt im Schnitt bei 75,7 Prozent. Wie schon in den Jahren zuvor sind manche Schulen aber stärker betroffen und müssen mit einer Quote von knapp über 50 Prozent klar kommen.
An den Gesamtschulen fehlen 107 Lehrer, gebraucht werden insgesamt 1410. Mangel herrscht auch an den vier Realschulen: 12 Stellen sind offen, die Quote: 92,6 Prozent. Ähnlich sieht es an den zwei Sekundarschulen aus: Hier fehlen fünf Kollegen, macht eine Quote von 96,7 Prozent.
Lehrerversorgung an Gymnasien und Berufskollegs besser
Positiver sieht es an den Gymnasien aus, hier liegt die Quote bei 103 Prozent, rund 17 Lehrkräfte mehr als statistisch „nötig“. An den Berufskollegs sind sogar 19 Lehrkräfte on top, die Quote liegt damit ebenfalls bei 103 Prozent.
Am besten sieht es, gemessen an den Zahlen aus Düsseldorf, an zwei Schulen aus: Das Weiterbildungskolleg kann sich über eine Ausstattungsquote von 113,3% freuen, unterm Strich geht es allerdings nur um zwei Lehrkräfte mehr als statistisch benötigt. An Duisburgs einziger Hauptschule in Walsum werden 24,7 Stellen benötigt, tatsächlich sind sogar knapp 28 da. Die positive Quote auch hier: 113,2%.
Online-Portale suchen fast 4000 Lehrer in NRW
Die offizielle Statistik spiegelt nur einen Teil des schulischen Lebens wider. Nicht gezählt werden Sozialarbeiter, Schulpsychologen, Alltagshelfer oder Lehrkräfte für den herkunftssprachlichen Unterricht, die die Teams vor Ort bereichern.
Die Bezirksregierung betont, dass eine Besetzung von mehr als 100 Prozent nicht bedeutet, dass eine Schule überversorgt ist. Mitunter fehle es hier trotzdem an Mathe-Lehrern oder Sonderpädagogen. Umgekehrt bedeute eine zu geringe Quote nicht, dass „der Unterrichtsbedarf dieser Schule nicht gedeckt werden kann. Vielmehr kann die Schulaufsicht vor Ort bestehende Besonderheiten im Rahmen der Personalzuweisungen berücksichtigen“, schreibt die Sprecherin.
Die Webseite Leo listet 267 Stellenausschreibungen auf. Gesucht werden Elektrotechniker für Berufskollegs, ohne Ende Sonderpädagogen, Lehrer für Mathe, Englisch, Deutsch, eigentlich alles.
Für Grundschullehrer sind mit rot markierte Stellen dabei, etwa an der Grundschule Beethovenstraße in Rheinhausen oder an der GGS Schulstraße in Walsum. Dahinter verbergen sich Zulagen in Höhe von 350 Euro monatlich für die Dauer von zweieinhalb Jahren. Ähnliche Angebote findet man bei den Ausschreibungen für Förderschulen.
Drängend ist es auch an den Gesamtschulen. Hier wird überwiegend nur das dringendste Fach genannt, das zweite Fach ist „beliebig“. Hauptsache, es kommt überhaupt jemand. Die Green-Gesamtschule wünscht sich drei Lehrer, die neue Anne-Frank-Gesamtschule fünf, ebenso die Gesamtschule Süd, die Leibniz-Kollegen schreiben sieben Stellen aus, ebenso die Kollegen an der Heinrich-Heine, die Grillo-Schule sucht sogar elf – und so geht es seitenlang weiter.
Pensionierungswelle an Gesamtschulen reißt weitere Löcher
Schulformsprecher Bernd Beckmann sagt, dass die Lage an vielen Schulen weiterhin katastrophal sei. Der Mangel sei keineswegs gleichmäßig verteilt. Er könne noch zufrieden sein mit einer 99,9-prozentigen Besetzungsquote an der Gesamtschule Meiderich. Die letzten Referendare seien trotz guter Examen und anderer Angebote geblieben. Aber zum einen sei das nur die theoretische Versorgung, zum anderen reiße die Pensionierungswelle absehbar weiter große Löcher und der Lehramtsanwärtermarkt „ist für uns praktisch nicht sichtbar, obwohl wir flexibel ausschreiben“.
Insbesondere fehle es an Lehrkräften für die Sekundarstufe 1. Beckmann rätselt, ob wegen des höheren Gehalts mehr junge Menschen einen Abschluss für die Sekundarstufe 2 anstreben und was das für künftige Besetzungsverfahren bedeutet. Von Zwangsverschiebungen hält er jedenfalls nicht so viel, es erhöhe nur die Unzufriedenheit bei den Berufsanfängern. Womöglich helfe für eine gleichmäßige Kräfteverteilung auch hier nur eine Zulage.
Stellenausschreibungen in weiteren Portalen
Das Schulministerium sucht zusätzlich über das Portal Verena Personal für 27 befristete Stellen. Darunter sind auch jene, die den Schulen aus dem Startchancen-Programm zusätzlich zur Verfügung gestellt werden sollen. Seit Schuljahresbeginn werden 21 Duisburger Schulen damit gefördert.
Im Portal Andreas, das jenseits von Lehrern andere Berufsgruppen für den Schuldienst sucht, sind 15 Stellen für Duisburg ausgeschrieben. Vor allem Sozialpädagogen sind gefragt, für die Multiprofessionellen Teams sind aber auch Handwerksmeister, Heilerziehungspfleger, Erzieher und andere pädagogische Kräfte gesucht.
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