Duisburg. In Duisburg begeistert der älteste Plattenladen Deutschlands Vinyl-Liebhaber noch heute – nun wird er 70. Wie geht das, im Spotify-Zeitalter?
Wolf und Rolf haben keine Nachnamen. Zumindest nicht hier. Nicht hier, wo den ganzen Tag Musik läuft. Nicht hier, wo es Musikgeschichte zum Anfassen gibt. Nicht hier, wo sich die Schallplatten bis unter die Decke stapeln. Nicht in „Die Schallplatte“, Duisburgs erster Tonträgeradresse, die am 11. September ihren 70. Geburtstag feiert. Und damit deutschlandweit der älteste noch existierende Plattenladen ist.
Wer sich im engen Pulverweg erfolgreich einen Parkplatz erkämpft hat und den kleinen Laden betritt, mag erstmal erschlagen sein von so viel Klang, gepresst auf Vinyl. „Schätzungsweise 8000 bis 10.000 Platten müssten das sein“, grübelt Wolf. Er hat das Geschäft 2020 übernommen, und ist nach 65 Jahren auf dem Sonnenwall in den Pulverweg umgezogen.
„Der Plattenpapst“ berät im Duisburger Kult-Plattenladen
Mitgenommen hat er nicht nur die Platten, sondern auch Rolf. Im Geschäft hat der ja, wie gesagt, keinen Nachnamen, aber dafür eine Art Titel: „der Plattenpapst“. Sein großes Fachwissen, sagt Wolf, das sei ein Ass im Pulverweg-Ärmel. „Ich bin mit Heavy Metal groß geworden“, erinnert sich der Papst und sortiert nebenbei fleißig weiter Platten ins Regal. „Später kamen dann die großen Rockklassiker dazu, und Jazz.“ Und die Kunden schätzen das wandelnde Plattenlexikon. Rolf grinst. „Letztens kam jemand und hat nach Aufnahmen von Norma Winstone gefragt. Der war vollkommen baff, dass ich die überhaupt kannte.“
Vor lauter wehmütiger Plattenromantik vergisst man beinahe, dass die Aufnahmeindustrie ja beinahe synonym mit „Spotify“ ist, heutzutage. Wie hält sich denn da ein Laden wie die Schallplatte? „Wir haben natürlich viel weniger Laufkundschaft als früher“, antwortet Wolf, „die Leute kommen gezielt. Dann aber auch gerne mal aus Köln oder Berlin.“ Sogar die jungen Leute schauen am Pulverweg vorbei, „so zwischen 16 und 18. Die kaufen dann meistens bloß eine Platte, in dem Alter reicht das Geld noch nicht für mehr.“
Wie eine Internetseite die Schallplattenszene steuert
Erfreuliche Nachrichten, aber ob nun Köln, Berlin oder blutjung: Wieso wissen die Menschen überhaupt vom Plattenparadies auf dem Pulverweg? „Wir sind moderner geworden“, sagt Wolf, und meint damit die Internetplattform „Discogs“. Die ist mittlerweile so eine Art Bibel der physischen Tonträger, und unter dem Namen „schallplatte33“ sind die Duisburger dort äußerst aktiv. Und erfolgreich, 99,9 Prozent positive Bewertungen bei über 700 Bewertungen, etliche begeisterte Kommentare – aus aller Welt. „Wir verschicken mittlerweile nach Japan, nach Australien, in die USA“, freut sich Wolf.
Aber Discogs ist eben nicht bloß eine Versandplattform. „Viele nutzen Discogs, um Up-to-Date zu bleiben“, erklärt Rolf, „man kann schon sagen, dass die Szene Discogs-gesteuert ist.“ Und da schlägt dann die große Stunde der „Schallplatte“, das Erfolgsgeheimnis der Duisburger, wenn man so möchte. „Wenn sich in der Szene was tut, eben auf Discogs, dann kommen die Leute zu uns. Weil wir hier ein Plattenladen von Liebhabern für Liebhaber sind.“
Schallplattenladen in Duisburg: „Die Leute wollen wieder wühlen“
Und weil Wolf und Rolf auf Qualität achten, auch bei Second-Hand-Ware. Rolf grinst wieder. „Bei Discogs gibt es, wie überall, auch kleine Arschlöcher. Die verschicken dann minderwertige Waren, und die Leute sind enttäuscht.“ Außerdem, da sind sich die beiden sicher: „Die Leute wollen wieder wühlen.“
Das geht in der „Schallplatte“, in den vielen Regalen und Kisten, aber die beiden bieten eben noch mehr. „Wir sind ein Laden für alle“, sagt Wolf, der übrigens gelernter Fernsehtechniker ist. „Wir warten Plattenspieler, haben Ersatzteile hier. Und für junge Leute verkaufen wir gute Gebrauchtgeräte, damit sie günstig in die Plattenszene einsteigen können.“
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Und wie geht’s weiter mit der Schallplatte? Auf die nächsten 70 Jahre? Rolf ist da vorsichtig, aber vorsichtig positiv. „Wir wollen noch zehn Jahre die Hütte hier rocken“, grinst er und sortiert wieder Platten in Kisten. „Hält ja auch unsere Gehirne fit.“
>> RABATTE UND SONDERANGEBOTE ZUM 70. GEBURTSTAG
- Statt einer Party zum Geburtstag am 11. September feiert die „Schallplatte“ den ganzen Monat – zur Freude der Kunden.
- Auf Second-Hand-Ware gibt es einen Rabatt von 20 Prozent, auf Neuware einen Rabatt von zehn Prozent.
- Außerdem gibt es Gutscheine für den nächsten Einkauf: von einem Fünf-Euro-Gutschein ab einem Einkaufswert von 50 Euro bis zu einem 20-Euro-Gutschein ab einem Einkaufswert von 200 Euro.